DIE VOLLE WAHRHEIT - Carl Heinz Schroth

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
Antworten
Percy Lister
Beiträge: 347
Registriert: Sa., 14.11.2020 16:15

DIE VOLLE WAHRHEIT - Carl Heinz Schroth

Beitrag von Percy Lister »

"Die volle Wahrheit" (Deutschland 1963)

mit: Peter Pasetti, Karin Jacobsen, Wolfgang Weiser, Heide von Strombeck, Wolfgang Büttner, Sylvia Lydi, Willy Auerswald, Heinrich Wildberg | Kriminalstück von Philip Mackie | Inszenierung: Carl Heinz Schroth | Fernsehregie: Max P. Ammann

Filmproduzent Lewis Paulton und seine Ehefrau Brenda erwarten zum Abendessen zwei Gäste. Einer davon ist die Schauspielerin Marion Gray, mit der Lewis eine Affäre hatte. Als sich ein Mann von Scotland Yard einfindet und verkündet, dass Marion ermordet worden sei, sieht sich Lewis gezwungen, seiner Frau von seinem außerehelichen Verhältnis zu berichten. Umso überraschter ist das Paar, als Marion kurze Zeit später vor der Tür steht. Hat sie den falschen Polizisten engagiert, um Lewis zu einer Offenlegung ihrer Beziehung zu zwingen oder steckt noch etwas ganz anderes dahinter?

Bild Bild Bild
Die Ankündigung eines gehobenen Zusammenseins im Haus des Ehepaars Paulton lässt den Zuseher ein "Wespennest aus Klatsch und Skandal" erwarten, einen Abend, an dem zwischen Suppe und Hauptgericht messerscharfe Spitzen ausgeteilt werden und sich die illustre Runde in falschen Herzlichkeiten und pointierten Anekdoten ergeht. Peter Pasetti als Garant für gepflegte Unterhaltung, steht als Lewis Paulton im Mittelpunkt des Interesses. Er ist der Spielball seiner beiden Partnerinnen, der Stein des Anstoßes für die Kriminalpolizei und ein würdiger Gegner für den Schmied finsterer Pläne. Sein Publikum fängt er mit einer Mischung aus "Verführung und Erpressung" ein. Geschmeidig in tadelloser Abendgarderobe, rücksichtslos und egoistisch in seinem Tun, gelingt es ihm erneut, die Blicke auf sich zu lenken. Karin Jacobsen und Sylvia Lydi halten in edlen Kleidern, ausstaffiert mit Pelzen und Schmuck, dagegen. Ihre Handlungen sind darauf ausgerichtet, den Mann in ihrer Mitte zu halten; die Ehefrau durch die Macht der Gewohnheit, die Geliebte durch den Reiz des Neuen. Wo auf der einen Seite die finanzielle Absicherung steht, warten auf der anderen der gesellschaftliche und berufliche Aufstieg. Der so Umworbene konnte sich bisher die Rosinen herauspicken und bekommt nun die Quittung präsentiert. Er muss es sich gefallen lassen, dass seine Heimlichkeiten zu Tage gefördert werden und er sich mehr und mehr im klebrigen Netz einer Intrige verfängt, deren Ausmaß er noch nicht abschätzen kann und die ihn seines Ansehens und seiner Freiheit zu berauben droht.

Wolfgang Büttner zeigt als Kriminalbeamter wenig Neigung, sich länger als nötig mit den Animositäten und Launen der verwöhnten Gesellschaft aufzuhalten. Er arbeitet lieber nach Vorschrift und geregelten Dienstzeiten. In diesem Umfeld bleiben wenig Platz für Phantasie und Gedankenspiele, denen ein Mann wie Lewis Paulton schon von Berufs wegen nachhängen muss. Inspektor Brett glaubt lieber an das Wahrscheinliche als an das Mögliche und lässt dem Täter dadurch viel Raum für die Vollendung seines Mordkomplotts. Heide von Strombeck mimt das französische Hausmädchen Denise, dessen Sprachübungen anfangs für den üblichen "comic relief"- Faktor sorgen, sich später jedoch als wichtig erweisen. Wolfgang Weiser entwickelt seine Figur von betonter Harmlosigkeit zu lauernder Anspannung, wobei er sich nicht in die Karten blicken lässt, seine Erregung aber kaum verbergen kann. Eine Szene im Zusammenspiel mit Frau von Strombeck sorgt für unbändige Erheiterung ob ihrer Zweideutigkeit und lockert das ernste Thema für einen kurzen Moment auf. Das Tempo ist gemächlich, doch der theaterhaften Kulisse geschuldet. Die Inszenierung setzt darauf, dass sich das Publikum für anderthalb Stunden auf eine Geschichte einlässt, die von der Tagesverfassung der Darsteller abhängig ist und Geduld abverlangt, weil Action oder Effekte anderswo gesucht werden müssen. Der Plot ist klassisch und gedeiht durch das Leben, das ihm die Schauspieler einhauchen. Von ihrem Engagement hängt es ab, ob sich das Stück zu einem Erfolg entwickelt oder wegen seiner Dialoglastigkeit als überladen betrachtet wird.

Antworten