DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER - Werner Klingler

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER - Werner Klingler

Beitrag von Prisma »



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● DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER (D|1963)
mit Joachim Hansen, Senta Berger, Leonard Steckel, Helga Sommerfeld, Hans Reiser, Chris Howland, Elfriede Irral,
Kurt Waitzmann, Stanislav Ledinek, Heinrich Gies, Hans W. Hamacher, Alain Dijon, Claus Tinney und Peter Carsten
eine Produktion der cCc Filmkunst | im Gloria Verleih
ein Film von Werner Klingler

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»Es zerfrisst die Menschen in wenigen Monaten!«


Eine beunruhigende Mordserie hält London in Atem, denn ein Serienkiller geht stets nach dem gleichen Strickmuster vor: Er kündigt seinen Opfern den bevorstehenden Tod an, indem er deren Koffer packt. Sein Markenzeichen ist ein exotisches Wurfmesser, das er mit hoher Präzision bedienen kann und bei jedem Todeskandidaten genau ins Herz trifft. Die Polizei steht tappt im Dunkeln, da sich zwischen den Toten zunächst keine Verbindungen herstellen lassen und die Zusammenhänge fehlen. Inspektor Finch (Joachim Hansen) arbeitet sich in Kleinstarbeit durch den mysteriösen Londoner Nebel und gelangt langsam aber sicher zu wichtigen Erkenntnissen. Hinter der Mordserie scheint eine synthetische Droge zu stehen, welche ihn zu dem undurchsichtigen Arzt Dr. Bransby (Leonard Steckel) führt. Hat dieser tatsächlich mit den Verbrechen zu tun, oder befindet sich Finch auf einer völlig falschen Fährte..?

Der Grundstein zur Bryan-Edgar-Wallace-Reihe wurde im Jahr 1962 mit "Das Geheimnis der schwarzen Koffer" gelegt. Unter der Regie von Werner Klingler ist schnell zu bemerken, dass hier noch zahlreiche Dinge justiert werden mussten, sodass dieser erste Beitrag gewiss nicht als Top-notch in die Geschichte der Reihe eingehen konnte. Eher handelt es sich trotz hochinteressanter Geschichte um einen inszenatorisch und darstellerisch unspektakulären Film, der die nachfolgenden Steigerungen innerhalb der Reihe noch deutlicher aussehen lassen sollte und die bekanntlich nicht lange auf sich warten ließen. Produzent Artur Brauner hatte in seiner langen Laufbahn als Produzent zahlreiche Flops wegzustecken, allerdings muss immer wieder betont werden, dass es auch zu außergewöhnlichen und mutigen Ergebnissen kam. Die Reihe, die sich von Anfang an als klares Konkurrenzprodukt definieren und mit tatsächlichen oder angeblichen Vorlagen des Autors Bryan Edgar Wallace befassen sollte, konnte teilweise mehr als Achtungserfolge einfahren. Werner Klinglers Arbeit wirkt trotz neuer Impulse kaum inspirierend, da sich diese Geschichte im Rahmen des Aufwindes offensichtlich ein paar Schritte zurück richtet, und wesentlich altmodischer und noch zäher wirkt, als es zur Entstehungszeit eigentlich üblich war. Beim Plot handelt es sich vielleicht um einen der interessantesten Stoffe der gesamten Reihe, doch leider kommt das Geschehen nie richtig in Fahrt, da es an Spannung und Dynamik fehlt. Umstritten bleibt auch die Liste der beteiligten Darsteller, die kaum bleibende Eindrücke hinterlassen werden. Die Crew wirkt weitgehend konservativ, uneinheitlich, gehemmt und kaum motiviert, die Geschichte in spektakuläre Bahnen zu lenken, obwohl sich bekannte Stars die Klinke in die Hand geben.

Auf Seiten des Gesetzes ist Joachim Hansen in einer recht hüftsteifen Performance zu sehen, allerdings lässt der Polizeimann niemals Zweifel daran aufkommen, dass er den schwierigen Fall nicht lösen könnte. So zeigen sich einige gute Ansätze, doch im Gesamtgeschehen kann die Figur des Inspektor Finch keine Referenz darstellen. Im Grunde genommen löst sich der Fall nach einem im Kriminalfilm gerne gewählten Zufallsprinzip, was allerdings schon so manches Verbrechen sühnen konnte und etliche Verbrecher hinter Schloss und Riegel bringen konnte. Im Endeffekt liegt es an Joachim Hansens Ausstrahlung: für die einen ist sie in genügendem Maß vorhanden, für die anderen überhaupt nicht. Weitere Darsteller wurden in dieser Produktion nicht selten hoch gelobt, doch das Stehen und Fallen liegt auch hier im Auge des Betrachters. Hans Reiser ist über die gesamte Spieldauer damit beschäftigt, das Geheimnis um seine Person nicht direkt platzen zu lassen, was auch teilweise gelingt, aber nach spätestens der Hälfte des Films etwas ermüdend wirkt. In einer Kriminalgeschichte konnte sich der Eindruck selten so hartnäckig etablieren, dass die Dramaturgie vom Zufall beherrscht wird, und dass wichtige Komponenten wie Kombinationsgabe oder Durchsetzungsvermögen derartig unter den Tisch fallen. Auch Leonard Steckel passt sich den angestaubt und ungelenk wirkenden Performances widerstadslos an. Vielleicht tut man den begabten Darstellern Unrecht, dass sie gegen die Schwächen der Inszenierung anzukämpfen haben. Peter Carstens Schlüsselrolle wirkt leider belanglos, Chris Howland als "Tonjäger" hinterlässt einen schrecklich nervenaufreibenden Eindruck, Elfriede Irrals Darbietung ist kaum zu beschreiben und Senta Berger wirkt verschwendet. Nette Auftritte zeigen hingegen die immer gerne gesehene Helga Sommerfeld oder Stanislav Ledinek.

Es ist schön und beruhigend zugleich, dass es kaum Filme gibt, die nicht auch positive Aspekte zu Tage bringen. Die Musik von Raimund Rosenberger unterstützt die überaus gelungene Bildgestaltung mit schweren und verheißungsvollen Klängen, die bei einsetzendem Spinett sogar leicht aufwühlende Formen annehmen. Obwohl man es sicherlich nicht mit einem typischen Ohrwurm zu tun hat, kommt eine geeignete Atmosphäre auf. Überhaupt kam es in dieser Produktion zu einigen Veranschaulichungen, die auf die Zeit bezogen nicht unbedingt Alltäglichkeit vermitteln. So etwa der Club, mit passender erotischer Nummer, das innovativ wirkende Laboratorium, welches einen adäquaten Kontrast zu den oftmals spartanischen Innen-Schauplätzen darstellt, oder die Verfolgungssequenz durch den nebligen Park, die schwindelerregende Zustände vermittelt. Außerdem ist die Idee rund um die gepackten Koffer sehr gelungen, da die damit verbundene Warnung des Mörders zahlreiche Angstzustände ganz clever skizziert. Auch das aufblitzende Messer des zunächst Unbekannten sorgt für Zustimmung, wobei die Ausarbeitung der Todesszenen schon damals hätte besser gelöst werden können. Lediglich die aufgesetzt wirkenden Dialoge können als bescheiden bezeichnet werden, die weder eine Note von Situationskomik oder doppeltem Boden vermitteln. Die Droge, die aus dem halluzinogenen Alkaloid Mescalin gewonnen wird, stellt gemessen an dem üblichen Substanzen-Karussell eine Abwechslung dar, zeigt aber niemanden der Süchtigen wirklich am Anschlag. Artur Brauners fortschrittliche Geschäftsidee findet ihre erste Erfüllung schließlich in einem eher rückständigen Kriminalfilm, der zwar über seine Stärken verfügt, am Ende des Tages aber leider viel zu langweilig wirkt, um der üppig vorhandenen Konkurrenz gefährlich werden zu können.

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Maulwurf
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Re: DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER - Werner Klingler

Beitrag von Maulwurf »

Prinzipiell erstmal eine Aneinanderreihung von Bausteinen aus dem Edgar-Wallace-Krimibaukasten, ist die Story sehr wohl flott und spannend, atmosphärisch erstklassig umgesetzt, mit tollen Schauspielern, und überhaupt macht der Film einfach Laune. Der durchschnittlichen Musik und Chris Howland als Hände-über-dem-Kopf-zusammenschlag-Faktotum stehen Senta Berger und eine erstklassig-düstere Stimmung gegenüber. Passt gut!

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Prisma
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Re: DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER - Werner Klingler

Beitrag von Prisma »



Das Bryan-Edgar-Wallace-Debüt "Das Geheimnis der schwarzen Koffer" ist als Grundstein der Reihe sicherlich nicht zu unterschätzen, fällt aber im internen Kollegium ab, was sicherlich an der konservativen Regie Werner Klinglers liegt. Phasenweise überaus altbacken in der Präsentation und hölzern in der Darbietung in allen Bereichen, zeigt sich eine Geschichte, deren enormes Potenzial nicht komplett genutzt wird, da die Rahmenbedingungen nicht optimal ausgefallen sind. Klingler schafft es nicht, die Spannung zu bündeln, wenn es auch zu sehr atmosphärischen Momentaufnahmen kommt. Leider fallen die Dialoge in die Bedeutungslosigkeit ab, was bereits im Nachfolger völlig anders sein sollte. Die Riege der Schauspieler ist auf den ersten Blick sehr interessant, und am Ende werden es persönliche Präferenzen oder Animositäten sein, die über Gelingen oder die berühmte Luft nach oben entscheiden werden. Das Duo Joachim Hansen und Senta Berger legt unterm Strich eine ausbaufähige Performance hin und sorgt dafür, dass die ohnehin vorhandenen Längen noch offensichtlicher werden. Krimi-Fans dieses Musters werden der Produktion ihre Schwächen, die vor allem aus dem Vergleich entstehen, verzeihen, denn es lassen sich auch zahlreiche Stärken ausfindig machen, die sich beispielsweise aus der Entourage vor und hinter der Kamera ergeben, oder die erwähnte Grundstory, die in ihrer Anlage wirklich außergewöhnlich ist, designierten Toten die Koffer zu packen - und zwar vom Mörder höchstpersönlich. "Das Geheimnis der schwarzen Koffer" ist immer wieder gesehen, auch wenn einschlägig bekannte Klassiker der Reihe sicherlich lieber und daher häufiger gesehen sind.

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Prisma
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Re: DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER - Werner Klingler

Beitrag von Prisma »



Und hier noch die stimmige Titelmusik von Gert Wilden, den ich ja gerne auch einmal als Komponisten bei einem Wallace-Film gesehen hätte:


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