EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER - Freddie Francis

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER - Freddie Francis

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Peter van Eyck   Anne Heywood   Ellen Schwiers   in

EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER


● EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER / THE BRAIN (D|GB|1962)
mit Bernard Lee, Cecil Parker, Hans Nielsen, Siegfried Lowitz, Dieter Borsche, Jeremy Spenser, Jack MacGowran und Maxine Audley
eine Produktion der cCc Filmkunst | Raymond Stross Productions | im Europa Filmverleih
ein Film von Freddie Francis

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»Und jetzt wolltest du sogar einen Toten betrügen!«


Der mächtige Geschäftsmann Max Holt verunglückt tödlich mit seiner Privatmaschine. Dieses schreckliche Unglück spielt sich ganz in der Nähe des kleinen Laboratoriums des Forschers Dr. Corrie (Peter van Eyck) ab, der mit seinen Assistenten Ella (Ellen Schwiers) und Dr. Shears (Bernard Lee) ein waghalsiges Experiment wagt. Die Wissenschaftler haben vor, das Gehirn des Verstorbenen so lange wie möglich extrakorporal am Leben zu halten, was ihnen schließlich auch gelingt. Da Dr. Corrie die These vertritt, dass ein Gehirn auch nach dem Tod eines Menschen für eine gewisse Zeit weiter arbeiten und durch elektrische Ströme Gedanken, Erinnerungen und Emotionen weiter transportieren kann, erhofft er sich bahnbrechende Ergebnisse und er scheint Recht zu behalten. Max Holts Gehirn entwickelt eine Art Eigenleben und drängt den Wissenschaftler dazu, sich auf die Suche nach dessen Mörder zu begeben...

Zu einer Zeit, in der Kriminal- und insbesondere Edgar-Wallace-Filme in ihrer Blütezeit standen, nutzte Produzent Artur Brauner immer wieder die Gunst der Stunde, um mit diversen Konkurrenz-Produktionen bestenfalls Erfolge zu feiern und für Aufsehen zu sorgen. Freddie Francis' Beitrag mit dem sehr vielversprechenden deutschen Titel "Ein Toter sucht seinen Mörder" versucht den Zuschauer gleich mit mehreren Kostproben unterschiedlicher Genres zu überzeugen, da beispielsweise leichte Horror- oder Science-Fiction-Elemente zum Tragen kommen, die in Verbindung mit einem über weite Strecken interessanten und gut aufgebauten Kriminalfall für alternative Impulse sorgen können. Als großer Pluspunkt dieser gesamten Veranstaltung wird sich die europäische Star-Besetzung qualifizieren, die der Geschichte auch ihre Spannung und Brisanz diktieren wird. Interessant ist die Tatsache, dass der Film jeweils auf den deutschen und den britischen Markt abgestimmt wurde. Die signifikanten Unterschiede finden sich in der englischen Version bei der Täter-Auflösung, die einen wesentlich stärkeren Eindruck hinterlässt als die deutsche, außerdem ist der deutsche Schauspieler Dieter Borsche in der originalen Fassung nicht vertreten, dessen Auftritt allerdings auch recht überschaubar ausgefallen ist. Die jeweilige Orientierung an bestimmten Märkten brachte oftmals eine seichte Note in Filme, was man angesichts des Finales und der Auflösung auch hier sagen muss, denn der in Deutschland herausgekommenen Fassung geht zum Ende hin leider etwas die Luft aus. Nichtsdestotrotz bleibt Freddie Francis' Film einer der sehenswerteren Beiträge im einschlägig bekannten Kriminal-Orbit und man darf sich auf etliche krude Inhalte freuen, die durchaus charmant bis verspielt wirken, sodass man definitiv auf seine Kosten kommen wird. Der Verlauf erlaubt sich den Luxus von vielen Freiräumen und kann den Eindruck aufrecht erhalten, dass er sich seiner zahlreichen Möglichkeiten bewusst ist. Trotz einer immer sichtbar festgelegten Marschrichtung wird somit der Eindruck von Unberechenbarkeit und Dynamik vermittelt; nette Kehrtwendungen und kleinere Schocks tragen zu einer bemerkenswerten Atmosphäre bei, bei der die Darsteller ihr Übriges dazu tun.

Peter van Eyck, der sich in europäischen Produktionen längst etabliert hatte, stellt sich hier als tatkräftiges Zugpferd heraus und hinterlässt einen gewohnt bestimmenden Eindruck. Obwohl er als Mediziner zum Teil recht zweifelhafte Auffassungen vertritt, spielt er seine Möglichkeiten als Protagonist und Sympathieträger klassisch aus. An seiner Seite sieht man eine vergleichsweise ungewöhnlich zurückhaltend agierende Ellen Schwiers, die sich eher mit halbseidenen Charakteren einen Namen gemacht hatte. Auch in diesem Fall bringt die Abwechslung einen Mehrgewinn für den Zuschauer und man begleitet sie aufmerksam als loyale Assistentin Dr. Corries, deren Verhältnis ganz offensichtlich über eine berufliche Basis hinausgeht. Im Kreise der Vertrauten rundet Bernard Lee die Konstellation zufriedenstellend ab, besonders er wird es sein, der das Dilemma zwischen Fortschritt und Moral deutlich thematisieren wird. Der Kreis der potentiellen Verdächtigen wirkt in "Ein Toter sucht seinen Mörder" sehr überschaubar, allerdings bekommt man in diesem Zusammenhang auch sehr gute Leistungen geboten, die im Sinne nebulöser Eindrücke vollkommen aufgehen. Der Tote, der seinen Mörder sucht, ist Max Holt, der mit fortschreitender Zeit als immer rücksichtsloser charakterisiert wird. Dafür verwenden sich seine eigenen Kinder mit großer Überzeugung und es stehen Hass, Verachtung und Egoismus im Raum, was von den engsten Vertrauten Holts nur noch verstärkt wird. Anne Heywood als Anna Holt macht in dieser illustren Runde den nachhaltigsten Eindruck. Die vielseitige Britin punktet durch die dichte Zeichnung ihrer unterschwelligen Emotionen und sie wirkt geheimnisvoll. Besondere Darbietungen liefern Maxine Audley und Cecil Parker, außerdem sorgen Siegfried Lowitz, Dieter Borsche und vor allem Hans Nielsen nicht nur für Wiedersehensfreude, sondern ebenfalls überdurchschnittliche Auftritte. Die Mischung Schauspielerfilm und Krimi mit genreübergreifenden Blüten stellt sich hier als effiziente Mischung heraus. Der Verlauf wirkt über weite Strecken spannend und kurzweilig. Francis' Regie bleibt dabei unaufdringlich und zielgerichtet, leider fallen Täter-Auflösung und Finale in der deutschen Version wie gesagt ab, wenngleich es sich um einen Beitrag handelt, der sich wegen der vielen starken Momente immer wieder gut anschauen lässt.

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Richie Pistilli
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Re: EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER - Freddie Francis

Beitrag von Richie Pistilli »

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Ein Toter sucht seinen Mörder (D)
L'uomo che vinse la morte (IT)
A Dead Man Seeks His Murderer
El cerebro (ES)
Vengeance
The Brain



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Deutsche Erstveröffentlichung: 09.10.1962

Synchronkartei

Filmportal

CCC-Filmkunst

Score: Kenneth V. Jones

OFDb




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Ein sehr abenteuerlicher Film, den der britische Regisseur Freddie Francis für die deutsche CCC-Filmkunst inszenierte. Beruhend auf einem Roman Curt Siodmaks, der übrigens mit The Lady and the Monster (1944) und Donovans Hirn (1953) zuvor bereits schon zweimal verfilmt wurde, erzählt EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER die fantastische Geschichte eines skrupellosen Arztes Dr. Corrie (Peter van Eyck), der das Gehirn eines Verstorbene in einer Nährlösung weiterhin am Leben hält. Dumm nur, dass die intakten Gehirnwellen zeitweise die Macht über Dr.Corries Bewusstsein erlangen, was wiederum dazu führt, dass der Verstorbene aus dem Jenseits heraus den paralysierten Mediziner für seine Zwecke missbraucht. Genauer gesagt lässt er Dr. Corrie Jagd auf seinen Mörder machen, den der Geist des Toten hinter einem seiner eng vertrauten Angehörigen vermutet.


EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER entpuppt sich als eine außergewöhnliche Melange aus gruseliger Mad-Scientist-Science-Fiction und Kriminalfilm, die von Freddie Francis unterhaltsam in Szene gesetzt wurde. Hinzu gesellen sich haufenweise gut aufgelegte Schauspieler und Schauspielerinnen, die durch ihre überzeugende Darbietungen dieser fantastische Grusel-Krimi-Klamotte Leben einhauchen. Ein kurzweiliger Filmspaß, der vor fast 12 Jahren von PIDAX auf DVD veröffentlicht wurde.





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Prisma
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Re: EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER - Freddie Francis

Beitrag von Prisma »

Richie Pistilli hat geschrieben:
Mo., 01.01.2024 00:48
EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER entpuppt sich als eine außergewöhnliche Melange aus gruseliger Mad-Scientist-Science-Fiction und Kriminalfilm, die von Freddie Francis unterhaltsam in Szene gesetzt wurde.

Mir hat der Film schon immer sehr gut gefallen, zumal man hier einige Alternativen geboten bekommt, die man nicht unbedingt in einen Kriminalfilm erwarten würde. Ich finde auch, dass Francis sehr unterhaltsam und teils richtig gruselig inszeniert, etwa wenn das Gehirn unruhig wird, Dr. Corrie die Augen weit aufreißt, mit der Stimme des Verstorbenen spricht oder das jeweilige Gegenüber es mit der Angst zu tun bekommt. Leider hat der Film trotz Veröffentlichung viel zu wenig Beachtung gefunden, denn als der seinerzeit im Fernsehen ausgestrahlt wurde, war das noch eine richtige Rarität.

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Richie Pistilli
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Re: EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER - Freddie Francis

Beitrag von Richie Pistilli »

Prisma hat geschrieben:
Mo., 01.01.2024 16:57
Ich finde auch, dass Francis sehr unterhaltsam und teils richtig gruselig inszeniert, etwa wenn das Gehirn unruhig wird, Dr. Corrie die Augen weit aufreißt, mit der Stimme des Verstorbenen spricht oder das jeweilige Gegenüber es mit der Angst zu tun bekommt.

Gerade die Stimme des Verstorbenen fand ich unheimlich gruselig :)

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Prisma
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Re: EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER - Freddie Francis

Beitrag von Prisma »



Produzent Artur Brauner sorgte in der Hochphase der Krimi-Welle nicht nur dafür zahlreiche zusätzliche Stoffe zu liefern, sondern nicht selten handelte es sich auch um völlig unkonventionelle Beiträge oder wie hier willkommene Alternativen, wenngleich die Wurzel allen Mordes auch hier völlig niedere Beweggründe zutage fördert, zumindest in der deutschen Version, deren Auflösung sich grundlegend von der internationalen unterscheidet. Diese Version kommt insgesamt wesentlich besser an und wirkt als Schablone nicht so vor die Füße geworfen wie die deutsche, was aber letztlich nur einen kleinen Kritikpunkt darstellt, denn der Film passt in seiner Gesamt-Fasson. Ansonsten ist Freddie Francis' Kriminalfilm, der sich mit Themen des Mad Scientist und übernatürlichen Vorkommnissen kreuzt, sehr gelungen und kann einen starken Konkurrenten im Rahmen versierter Unterhaltung ins Rennen schicken. Die Moral von der Geschicht' beziehungsweise die des Dr. Corrie wird erst gar nicht so tiefgehend hinterfragt, immerhin will ein Ermordeter seinen Mörder zur Strecke bringen und braucht den Wissenschaftler für seine Zwecke. Die Story ist von Anfang bis Ende spannend erzählt, setzt dabei auf besondere Höhepunkte die zwischen Leichen, Enthüllungen und kriminellem Potenzial hin- und herpendeln. Die Besetzung ist großartig, Peter van Eyck spielt Routine und Präsenz aus, Anne Heywood Undurchsichtigkeit und Nervosität. Höchst angenehm ist die Leistung von Ellen Schwiers, deren Part zwar deutlich untergeordnet erscheint, aber entgegen des typischen Einsatzes mit Ruhe und Besonnenheit in Erinnerung bleibt. Bernard Lee, Hans Nielsen, Cecil Parker, Sigfried Lowitz, Dieter Borsche und Maxine Audley runden das rätselhafte Geschehen sehr gut ab. "Ein Toter sucht seinen Mörder" ist durch und durch sehenswert ausgefallen, da seine Stärke in der Variation liegt und Regisseur Frankel besondere Überraschungsmomente bereithält.

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Re: EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER - Freddie Francis

Beitrag von Prisma »



Bei YT kann man sich die britische Version namens "The Brain" anschauen, die das alternative Ende der deutschen Version locker übertrumpfen kann. Der Vergleich ist jedenfalls überaus interessant, da am Ende ein jeweils völlig anderes Fazit gezogen wird. Auch bei der Besetzung lässt sich hier und da ein Unterschied finden. So spielt Dieter Borsche in der internationalen Version erst gar nicht mit, Ellen Schwiers wird ungeniert von den Haupt- zu den Nebenrollen verfrachtet. Aber es lässt sich noch wesentlich mehr ausfindig machen.

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Richie Pistilli
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Re: EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER - Freddie Francis

Beitrag von Richie Pistilli »

Prisma hat geschrieben:
Sa., 16.03.2024 13:15
Bei YT kann man sich die britische Version namens "The Brain" anschauen, die das alternative Ende der deutschen Version locker übertrumpfen kann. Der Vergleich ist jedenfalls überaus interessant, da am Ende ein jeweils völlig anderes Fazit gezogen wird. Auch bei der Besetzung lässt sich hier und da ein Unterschied finden. So spielt Dieter Borsche in der internationalen Version erst gar nicht mit, Ellen Schwiers wird ungeniert von den Haupt- zu den Nebenrollen verfrachtet. Aber es lässt sich noch wesentlich mehr ausfindig machen.

Danke für die aufschlussreiche Info.
Werde mir Morgen mal das Finale der britischen Fassung in Ruhe ansehen.

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Re: EIN TOTER SUCHT SEINEN MÖRDER - Freddie Francis

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Richie Pistilli hat geschrieben:
Sa., 16.03.2024 20:02
Werde mir Morgen mal das Finale der britischen Fassung in Ruhe ansehen.

Bin mal gespannt, wie Du den Schluss findest, oder ob es keinen großen Unterschied macht.
Mir war über Jahre gar nicht klar, dass eine alternative Version existiert.

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