DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

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● DER HENKER VON LONDON (D|1963)
mit Hansjörg Felmy, Maria Perschy, Dieter Borsche, Harry Riebauer, Wolfgang Preiss, Rudolf Fernau, Narziss Sokatscheff,
Alexander Engel, Harald Sawade, Albert Bessler, Stanislav Ledinek, Günter Glaser sowie Chris Howland und Rudolf Forster
eine Produktion der cCc Filmkunst | im Verleih der Columbia-Bavaria
ein Film von Edwin Zbonek

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»Die Hinrichtung wird sofort vollzogen!«


London wird durch eine bizarre Mordserie in Atem gehalten, da der sogenannte "Henker" sein Unwesen treibt. Wie die beigelegten Anklageschriften beweisen, handelt es sich bei den Opfern ausnahmslos um gesuchte Schwerverbrecher, die der Justiz bislang entkommen konnten. Das geheime Gericht rund um den "Henker" verurteilt die Angeklagten stets zum Tod durch den Strang. Inspektor Hillier (Hansjörg Felmy) von Scotland Yard ist mit der Aufklärung des Falls betraut, doch findet bislang keine Anhaltspunkte. Chefinspektor Smith (Wolfgang Preiss) erhöht den Druck auf alle Abteilungen, zumal sich parallel eine andere Mordserie ereignet, bei welcher der Täter junge Mädchen tötet und enthauptet zurück lässt. Wird Inspektor Hillier dem "Henker" von London zur Strecke bringen können, oder kann das geheime Gericht der Polizei wieder zuvorkommen..?

Die im Jahr 1962 angelaufene Bryan-Edgar-Wallace-Reihe erlaubte sich über die komplette Laufzeit von 10 Jahren überwiegend den Luxus verschiedener Regisseure, was unterschiedliche Herangehensweisen, neue Konzepte und überraschende Ergebnisse garantieren sollte. Die wirtschaftlich überwiegend erfolgreichen Produktionen sprechen in jedem einzelnen Fall für sich selbst, Krimifans außerdem unmissverständlich an. Die Prokura über den bereits dritten Beitrag zur Reihe wurde dem österreichischen Regisseur Edwin Zbonek übertragen, der mit "Der Henker von London" einen düsteren Klassiker abliefern konnte. Überhaupt wird diesem Film eine äußerst dichte Atmosphäre attestiert, die vor allem Grusel- aber auch leichte Horrorelemente beinhaltet und für schaurige Momente sorgt. Zwei verschiedene sowie gleichermaßen starke Handlungsstränge sorgen für die immer wahrzunehmende Spannung und Brisanz, die derartige Märchen-Krimis interessant machen. Sicherlich wirkt die Storyline rund um den Frauenmörder etwas aktueller, zumindest in der damaligen Gegenwart, und die von oben bis unten verhüllten Gestalten des geheimen Gerichts vielleicht etwas antiquiert, allerdings erfahren beide Stränge eine clevere Verwebung miteinander und münden in ein spektakuläres Finale, in welchem man quasi einen Sekundenzeiger ticken hören kann. Die Produktion lebt in besonderem Maß von Edwin Zboneks Gespür für atmosphärisches Schwarzweiß-Kolorit und Details. Außerdem legt die Regie zusätzlichen Wert auf die verschiedenen Charaktere, die bei ihrer Positionierung oftmals uneindeutig wirken, nicht zuletzt, um den sehr gelungenen Whodunit-Effekt aufgehen zu lassen. "Der Henker von London" verfügt über einen sehr starken Einstieg, der bereits in den ersten Minuten andeuten kann, wohin es thematisch und handwerklich gehen wird.

Dunkle Gewölbe, vermummte Gestalten, ein verängstigter Angeklagter und erdrückende Beweise, bis schließlich zu vernehmen ist, dass das einstimmige Todesurteil durch den Strang vollstreckt werden soll. Um möglichst viel Aufmerksamkeit zu erlangen, wird der Todeskandidat gleich unter der Tower Bridge hingerichtet, bis Raimund Rosenbergers schwere Klänge einsetzen und für Gänsehautmomente sorgen dürfen. Wenig später stellt sich heraus, dass es selbst bei Scotland Yard Ungereimtheiten zu geben scheint, da das geheime Gericht stets den historischen Henkerstrick aus dem Kriminalmuseum entwendet hatte. Derartige Unwahrscheinlichkeiten können der sonst so selbstläuferischen Geschichte nicht das Geringste anhaben, da der Verlauf stets frisch und dynamisch wirkt. Ausgestattet mit einer spektakulären Besetzung, vornehmlich bestehend aus deutschen Krimi-Veteranen, ist es ein Leichtes, dem gruseligen Treiben zu folgen. In der Hauptrolle ist Hansjörg Felmy in seinem ersten von drei Auftritten bei Bryan Edgar Wallace zu sehen. Seine Figur des Inspektor Hillier wirkt zunächst überaus sachlich und gewissenhaft, allerdings offenbaren sich auch Facetten, die nicht unbedingt bei einem strahlenden Helden zu erwarten wären. Zahlreiche Produktionen gleichen Musters scheuten sich, derartige Nuancen zu aufzuzeuígen, sodass man mit Felmy einen Interpreten gefunden hatte, der sich in dieser Grauzone sehr gut platzieren konnte. Insbesondere im Umgang mit seinem Vorgesetzten zeigt sich die immer massiver werdende Resignation gegenüber seinem Beruf und dessen Methodik, den festgefahrenen Strukturen bei Scotland Yard, außerdem ist er bezüglich der Frauenmordserie persönlich betroffen, da seine Schwester ermordet wurde, jedoch gleichzeitig befangen, weswegen sein Chef ihn von dem Fall abgezogen hatte.

Dieser wird sehr unsympathisch und überheblich von Wolfgang Preiss dargestellt, dessen Ungeduld mögliche cholerische Anflüge andeutet. Überhaupt ist dieser Film erstaunlich gut und dicht besetzt. Dieter Borsche vermag eine besondere Art der Abscheu zu kreieren, nicht zuletzt, weil er absolut abstoßend und gespenstisch inszeniert ist. Rudolf Fernau und Rudolf Forster sind für eine besondere Art des schwarzen Humors und sarkastische Spitzen verantwortlich, Chris Howland unterstützt in diesem Zusammenhang eher herkömmliche Auffassungen des zeitgenössischen Kinos. Abgerundet durch ansprechende Leistungen von Harry Riebauer oder Narziss Sokatscheff, sowie kleineren Parts bekannter Mimen, kann man mit den Darbietungen vollends zufrieden sein. Da der Film nur über eine signifikante Frauenrolle verfügt, sind alle Augen auf Maria Perschy gerichtet, deren reserviert wirkende Darbietung gleich mehrere Bereiche abdecken kann. Gerade über sie wird eine späte Hochspannung und Tragik aufgebaut und man kann sich glücklich schätzen, ihre Tatkraft zur Verfügung zu haben. "Der Henker von London" kann nicht nur als Konkurrenzprodukt der erfolgreich laufenden Edgar-Wallace-Reihe, sondern auch als ernstzunehmende Konkurrenz gesehen werden, da hier die gleichen Vorteile auf einem Silbertablett serviert und attraktive Alternativen und Variationen angeboten werden, was auch an der glücklichen Wahl des Regisseurs liegt. Die immer wieder platzierten und im Hintergrund mitschwingenden brutalen Elemente sorgen für zahlreiche Schauer und führen zumindest bei der Arbeit des "Henkers" dazu, dass sie zumindest im Ansatz zu verstehen ist, da das Gerechtigkeitsempfinden angesprochen wird. Alles in allem handelt es sich um einen besonderen Krimi, den man sich immer wieder gerne anschaut, da in allen Bereichen sehr gut gearbeitet wurde.

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Maulwurf
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Re: DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

Beitrag von Maulwurf »

Der Henker von London
Deutschland 1963
Regie: Edwin Zbonek
Hansjörg Felmy, Maria Perschy, Dieter Borsche, Rudolf Forster, Harry Riebauer, Chris Howland, Wolfgang Preiss, Rudolf Fernau, Narziß Sokatscheff, Alexander Engel, Albert Bessler, Stanislav Ledinek


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Inspektor Hillier von Scotland Yard ist am Verzweifeln: Seit Wochen geschehen unheimliche Fememorde in London. Kriminelle, denen nichts nachgewiesen, oder die nicht gefasst werden konnten, werden von einem geheimen Gericht zum Tode verurteilt und umgehend gehenkt. Hillier tappt komplett im Dunklen und möchte eigentlich wieder zurück zu dem Fall, von dem er kürzlich erst abgezogen wurde: Ein Frauenmörder macht London unsicher, und Hilliers Schwester war eines der ersten Opfer. Viel zu viele Probleme für einen überforderten Inspektor. Eine Chance ergibt sich, als Hilliers Verlobte Ann sich als Lockvogel im Fall des Frauenmörders anbietet, und ein fremder Mann tatsächlich Ann anspricht. Und die Polizei dann dummerweise geschickt abhängt wird …

Düstere Trommeln untermalen das Logo der CCC, und führen über zu einer Gruft mit Gerippe und Schädel. Die Kamera schwenkt und erfasst einen gefesselten Mann, der vor einem Tribunal steht, das angezogen ist wie der Ku-Klux-Klan oder mittelalterliche Inquisitoren. Die Richter sitzen an, zu Tischen umfunktionierenden, Särgen, und die Szenerie ist mit Kerzen schauerlich beleuchtet. Im Hintergrund sind graue Steinmauern und Torbögen, auf den Särgen liegen Schädel. Das Urteil lautet Tod durch den Strang, vollstreckt wird sofort. Der gefesselte Mann wird gepackt, in einen Sarg verfrachtet, und dieser durch einen Friedhof auf eine wartende Kutsche gebracht. Und wenn jetzt noch Barbara Steele auftauchen würde, dann wäre die Wonne perfekt …

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Filme sind einfach fürs Kino gemacht, und dieser Beginn muss die Menschen 1963 im Kino restlos begeistert haben. Na gut, Hansjörg Felmy hat wenig Ähnlichkeit mit Barbara Steele, aber Maria Perschy kann ersatzweise für den Filmfan von heute durchaus was hermachen. Trotzdem, ich würde doch zu gerne wissen, wieviele Schauer damals über die Rücken der krimibegeisterten Zuschauer gewandert sind.
OK, danach wird der Film etwas … konventioneller, aber der Irrwitz und die Freude an der Inszenierung schlagen immer wieder durch. Edwin Zbonek nimmt die Bausteine eines herkömmlichen Krimis und setzt sie mit einem ganz leichten, kaum spürbaren Versatz zusammen. Dadurch ergibt sich ein Gesamtbild, das immer ein klein wenig anders zu sein scheint als man es gewohnt ist, ohne dass man genau sagen könnte was denn da nun anders ist. Chris Howland ist dieses Mal gar nicht wirklich komisch, aber wenn er unter dem Galgen steht, sein Lied aus der Bar singt, und die Kapuzenmänner um ihn herum Ringelreigen tanzen, dann weht schon mehr als nur ein Hauch Panzerknacker durch die Szene. Die Kutsche, welche die zum Tode Verurteilten transportiert, scheint direkt aus dem Fundus von Mario Bavas DIE STUNDE, WENN DRACULA KOMMT zu stammen, der Inspektor mault seinen Vorgesetzten an dass er den Fall mit dem Henker nicht mehr will, und alleine die Auflösung und das wunderbar melancholische Schlussbild sind den Film bereits mehr als wert.

Tolle Besetzung, starke Musik, stimmige Settings – In Summe einer der stärksten Vertreter der damaligen Krimiwelle, und unter den Nicht-Rialto-Edgar Wallace-Filmen sicherlich einer der allerbesten, spannendsten und atmosphärischsten einer.

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8/10

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Prisma
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Re: DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

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● MARIA PERSCHY als ANN BARRY in
DER HENKER VON LONDON (D|1963)



Der Österreicher Edwin Zbonek inszenierte mit "Der Henker von London" einen atmosphärisch dichten Grusel-Krimi, in dem seine Landsfrau Maria Perschy die einzige relevante Frauenrolle übernehmen sollte. Obwohl in der Parallel-Handlung des Films ein Frauenmörder sein Unwesen treibt, sieht man von anderen Damen beinahe weit und breit keine Spur, es sei denn als Leichen oder in Auftritten, die höchstens einige Sekunden andauern. Dies hört sich schon einmal nach freier Bahn an, obendrein ohne vorhandene Konkurrenz für Maria Perschy, jedoch muss man sich ihren Weg hier nicht so einfach vorstellen, wie vielleicht angenommen. Dies liegt definitiv an der recht schwierigen Anlegung ihrer Rolle, bei der viel Präzision abgerufen werden muss. Was hinzu kommt, ist ein Aufgebot an teilweise großartig aufspielenden Stars, sodass die Anforderung sicherlich die doppelte Konzentration erforderlich machte. Solche Eindrücke entstehen schnell, wenn die vom Drehbuch günstiger beleuchteten Charaktere augenscheinlich einen Vorteil bekommen und diese bei sehr guten darstellerischen Kompetenzen andere in die zweite Reihe verdrängen. Maria Perschys Ann ist zumindest potentiell gesehen solch eine Aufgabe gewesen, da die Dramaturgie eine auffällige Beherrschung und Ruhe ihrerseits verlangt. Andere Darbietungen rücken somit in den Fokus und es entsteht sogar hin und wieder der Eindruck von regelrechten Selbstinszenierungen, hier allerdings im positiven Sinn. Die attraktive Schauspielerin konnte im Verlauf ihrer Karriere so gut wie immer unter Beweis stellen, dass sie sich jeder Anforderung flexibel beugen konnte, was ganz besonders auch auf ihren Umgang mit männlichen Partnern zutrifft. Beugen deswegen, da sie sich dem Empfinden nach häufiger unterordnen musste, als es vielleicht bei vielen ihrer Kolleginnen der Fall war. Häufig war neben ihr sogar eine ebenbürtige weibliche Konkurrenz ohne Probleme zu etablieren.

Diese Tatsache lässt schnell darauf schließen, dass sie über die Jahre gesehen viele unterschiedliche Charaktere zu interpretieren hatte, die jede Seite bedienten. Zieht man seine Schlüsse alleine aus dieser Tatsache, ist es mehr als bemerkenswert, dass Maria Perschy keine klassische Schauspielerin mit einem Abonnement für Schablonen und Schubladen gewesen ist, obwohl sie viele Genres unterstützte, die zeitbezogen gerade en vogue waren. So auch hier nicht, denn sie entspricht den damals gängigen Wallace- und Epigonen-Schönheiten nicht übereinstimmend, eher kann man mehrere Abweichungen herausfiltern, als dass sich Gemeinsamkeiten aufdrängen. Ann Barry entstammt einem sehr gut situierten, sicheren Umfeld, wenngleich sie die Gesichter von Gewalt und Verbrechen nur allzu gut kennt, immerhin war ihr Vater, Sir Francis, einst Richter. Hinzu kommt, dass sie mit Inspektor Hillier befreundet ist. Ann kommt also nicht wie üblich in die missliche Lage, die viele andere bedrohte Schönheiten auszuhalten hatten: Es schwebt beispielsweise keine potentielle Millionen-Erbschaft über dem Szenario, auch wird der Held der Geschichte nicht damit erpresst, dass seiner Herzensdame etwas zustoßen könnte, Ann bringt sich selbst in Gefahren, die es eigentlich nicht gegeben hätte, da sie sich als Lockvogel für den Frauenmörder anbietet, aber nicht etwa, weil sie die tödliche Gefahr dieser Operation unterschätzt, sondern weil sie mit ihren mentalen Kapazitäten am Ende zu sein scheint. Der Mann, den sie liebt, jagt nur noch einem Phantom hinterher, verliert dabei den Sinn für das Wesentliche, aber vor allem das wache Auge für sie. Dieser Schritt kann daher quasi als Ausdruck der eigenen Verzweiflung und Hilflosigkeit erkannt werden. Die Mischung aus Eigennutz und Intervention als Prävention ist sehr interessant, und liefert daher günstige Voraussetzungen, um die mit Tiefe angelegte Rolle genau mit einer solchen auszustatten.

Charakterisiert man Ann, so drängt sich ihre auffällig zurückhaltende Körpersprache auf. Maria Perschy zeichnet erneut eine überaus kultivierte Frau, die mit ihren gesellschaftlichen und privaten Aufgaben hinlänglich vertraut ist. Ihre Stärken heißen Unaufdringlichkeit und Diskretion, allerdings winden sich diese Eigenschaften auch durch die Zweisamkeit. Ihr behutsamer und nahezu vorsichtiger Umgang mit John, der in erster Linie als Ermittler in der Geschichte zurückbleiben wird, kann keine Berge mehr versetzen, also schlägt sich die junge Frau über den Beruf auf seine Seite und demonstriert eine bedingungslose Loyalität. Wie es tatsächlich in Ann aussieht, bleibt dem Publikum dank Maria Perschys subtilem Schauspiel weitgehend verborgen. In aller Seelenruhe gerät sie so in gefährliche, aber vor allem ausweglose Situationen, die eben nur das Schicksal schreiben und lösen kann. Generell sieht man mit Maria Perschys Art zu Interpretieren und den dazugehörigen Anlegungen ihrer Rollen ein mögliches Happy-End oder glatte Verläufe weitgehend gefährdet, was ihr allerdings auch einen leichten Touch von Unberechenbarkeit verleiht. Auch hier bleibt die beinahe emotionslos wirkende Frau dem Zuschauer mit voller Absicht fern, sodass es sich naturgemäß um eine Rolle handelt, die vielleicht gerne unterschätzt wird - sei es wegen der herkömmlichen Vergleiche zu anderen Kriminalfilmen, oder des unscheinbaren Verhaltens, das man in diesem Genre auch nicht gerade alltäglich nennen möchte. Im Sinn des Gesamtbildes oder der Konstruktion von "Der Henker von London", handelt es sich unterm Strich trotz des Bekanntheitsgrades von Maria Perschy um eine mutige Besetzung, die auch ebenso von ihr interpretiert wurde. So kann abschließend gesagt werden, dass man Ann Barry wirken lassen muss, damit die Wertschätzung auf den zweiten Blick auch eintreffen kann, was bei mir persönlich lange Zeit nicht der Fall war.



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Prisma
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Re: DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

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"Der Henker von London", bei dem es sich in Wirklichkeit um eine ganze Truppe von Herrschaften mit übersteigertem Gerechtigkeitsinteresse oder persönlichen Hintergründen handelt, markiert sicherlich einen der besten BEW-Filme, darüber hinaus einen der atmosphärisch dichtesten Krimis der 60er-Jahre. Ohne großartig hinterfragen zu wollen, wie eine derartige Gruppierung unbehelligt richten kann, dies auch noch an äußerst exponierten Schauplätzen, entfaltet sich unter der Regie Edwin Zboneks ein atemberaubendes Grusel-Spektakel, welches gleich mehrere Überraschungen bietet. Zumindest eine ergibt sich aus der Nebenhandlung mit einem bestialischen Frauenmörder, der die Ermordeten ohne Köpfe ablegt, dem Publikum aber gleich als Killer präsentiert wird. So formt man schnell den Gedanken, dass es sich um einen geeigneten und dicken Fisch für den Henker handeln wird, doch zunächst werden recht unterschiedliche Personen und deren Schicksale und Spleens vorgestellt. Die Produktion ist mit Größen wie Hansjörg Felmy, Maria Perschy, Harry Riebauer, Dieter Borsche, Wolfgang Preiss, Rudolf Fernau oder Rudolf Forster exzellent besetzt, selbst Chris Howlands Darbietung als herumschnüffelnder Spaßvogel kann überzeugen. Das große Plus dieses Vertreters ist sicherlich seine dichte Atmosphäre, in der einige gruselige und schaurige Schockmomente aufkommen können, auch die klassische und teils konservative Inszenierung weiß restlos zu gefallen. Am Ende handelt es ich vielleicht um den (aber mindestens einen der) besten Vertreter bei Bryan Edgar Wallace in Schwarzweiß, den man sich als Krimi-Crack immer wieder anschauen kann.

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Prisma
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Re: DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

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Ein paar Eindrücke zu diesen atmosphärischen Krimi:


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Sid Vicious
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Re: DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

Beitrag von Sid Vicious »

Ich habe (m)eine mehr als 11 Jahre alte Notiz gefunden. Grammatisch nicht so ganz einwandfrei, aber man kann simpel erahnen, wer hier Mist gebaut hat. Howland (der Ilja Richter im Bryan Edgar Wallace-Kosmos) ist nun mal deutlich schlimmer als Arent.

Leider verschenkt der Film durch Chris Howlands Antischerze und einige damit verbundene unnötige Handlungsstränge die Chance zu einem überragenden Klassiker.
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Prisma
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Re: DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

Beitrag von Prisma »

Sid Vicious hat geschrieben:
Mi., 04.10.2023 12:01
Howland [...] ist nun mal deutlich schlimmer als Arent.

Im Grunde genommen schon, doch zunächst finde ich Howland hier mal nicht schlimmer als Howland in "Das Geheimnis der schwarzen Koffer", daher wohl nur vergleichsweise erträglicher. Auch verglichen mit Eddi Arent kommt es für mich manchmal auf den Film an, insbesondere wenn unerklärlich viel übertrieben wird. Die BEW-Reihe wollte unter Verwendung von bemüht anders wirkenden Alternativen nicht auf diesen humorigen Part verzichten, da er sich in der Mutter-Serie bewährt hatte. Das ist mit Chris Howland, Stephan Schwartz & Walter Giller, Peter Vogel, Chariklia Baxevanos & Peer Schmidt (deren Angebot ich persönlich am meisten strapaziös finde) und Trude Herr & Peter Vogel zwar nicht immer aber oft gelungen. Die Farbvertreter zeigten sich sogar wesentlich selbstbewusster und vor allem origineller.

Percy Lister
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Re: DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

Beitrag von Percy Lister »

Modern und kalt muten Setting und Charaktere an: Der ermittelnde Polizeibeamte zeigt einen Mann, wie er heute - im Zeitalter der beruflichen Überforderung - gang und gäbe ist. Seine Beziehung zu Ann ist durch den beruflichen und seelischen Stress, unter dem er leidet, belastet. Die Zeit der Butterblumenromantik ist vorbei und die Zukunft wird mit kühnen und abstrakten Pinselstrichen gezeichnet, was sich in der futuristisch anmutenden Wohnung von Dr. MacFerguson ausdrückt. Das Individuum ist in erster Linie allein und auf sich selbst gestellt; Verbitterung, Hass und Rachegefühle rühren aus psychologischen Verletzungen. Der Film greift hier viele wichtige Themen auf (z.B. die Hinterbliebenen eines Gewaltverbrechens, die sonst immer im Dunkeln bleiben) und bietet deshalb zahlreiche interessante Facetten.

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Prisma
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Re: DER HENKER VON LONDON - Edwin Zbonek

Beitrag von Prisma »

Percy Lister hat geschrieben:
So., 29.10.2023 21:47
Der Film greift hier viele wichtige Themen auf (z.B. die Hinterbliebenen eines Gewaltverbrechens, die sonst immer im Dunkeln bleiben) und bietet deshalb zahlreiche interessante Facetten.

Ich finde auch, dass der Film breit im Angebot zwischen den Zeilen ist und daher ernster als viele ähnliche Produktionen wirkt, auch wenn der obligatorische Humorist hier nicht fehlen durfte. Hinterbliebene und persönlich Betroffene wie Hillier gab es tatsächlich nicht allzu oft, dass der berufliche Druck von oben nach unten abverteilt wird, war selten so deutlich wie hier, die global lähmende Situation wie diese ist im Rahmen der Möglichkeiten sehr dicht ausbuchstabiert. In anderen Krimis wurden diese Themen zwar hin und wieder angeschnitten, aber standen nicht breit zur Diskussion, was sie ja im Grunde genommen bei anderer Fokussierung auch nicht müssen. Von daher ist "Der Henker von London" schon ein besonderer Fall, und das nicht nur im Rahmen der BEW-Reihe.

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