"Die zornigen jungen Männer" (Deutschland 1960)
mit: Hansjörg Felmy, Horst Frank, Joachim Fuchsberger, Dawn Addams, Hans Nielsen, Gisela Tantau, Hans Quest, Armin Dahlen, Wolfgang Jansen, Ernst Falkenberg u.a. | Drehbuch: Will Berthold nach dem gleichnamigen Roman in der Münchener Illustrierten | Regie: Wolf Rilla
Das medizinische Forschungsinstitut Drigena bietet der Magdalenen-Klinik, in welcher der engagierte Dr. Schneider als Oberarzt tätig ist, eine teure Herz-Lungen-Maschine, wenn diese ihren Mitarbeiter entlässt. Der junge Arzt ist dem Medizinkonzern ein Dorn im Auge, weil er an einer Publikum zum Thema Lebensmittelzusatzstoffen schreibt, die für etliche Krankheits- und Todesfälle verantwortlich sind. Fred Plötz, der in der Werbeabteilung der Drigena arbeitet, wird von Generaldirektor Pflüger beauftragt, den unliebsamen Arzt unter Anwendung unlauterer Mittel auszuschalten. Doch Dr. Gerd Schneider ist ein alter Kriegskamerad von Plötz und dieser steht somit vor einem inneren Konflikt....
Wirtschaftliches Denken wird auch in der Humanmedizin immer wichtiger, wenn ein Krankenhaus wie ein Unternehmen geführt wird und die Forschung für den Millionenetat Ergebnisse liefern muss. Grätscht dann ein Kritiker, in diesem Fall ein Mann mit fundierten Kenntnissen und Beweisen für gesundheitsschädliche Praktiken, in die Erfolgsspur der Konzerne, so erregt dies nicht nur das Missfallen der Leitung, sondern provoziert den Gedanken, wie man sich am besten eines solchen Störenfrieds entledigt. Horst Frank als Dr. Gerd Schneider kristallisiert sich bereits nach wenigen Minuten als unbequemer Gegenspieler jener heraus, bei denen der Profit an erster Stelle rangiert. Seine Ernsthaftigkeit und der Antrieb, in seinem Beruf alles zu geben, unterscheiden ihn von dem von Hansjörg Felmy gespielten Fred Plötz, der sich in seinem Arbeitsumfeld bequem eingerichtet hat und dem es nicht um Ethos, sondern um Eros geht. Plötz kommt aus der Werbebranche; ein Beruf, der mit Oberflächlichkeit assoziiert wird und dem Anpreisen von Vorzügen. Sein Metier ist die Übertreibung und Täuschung des Konsumenten durch falsche Versprechungen und die Verheißung großer Emotionen. Ebenso geht er in seinem Privatleben vor, in dem die Studentin Kirsten eine Abwechslung von seinen bisherigen Bekanntschaften bietet. Gisela Tantau zeichnet ihre Figur zunächst unscheinbar und wird deshalb auch vom Publikum erst mal kaum beachtet, doch die dramatischen Wendungen überraschen und ihr Abgang ringt dem Zuschauer Respekt ab. Joachim Fuchsberger behält als einziger Protagonist die souveräne Übersicht. Der Krieg und das Jurastudium haben seinen Verstand geschärft und ihn gegen die Fallstricke des Lebens gewappnet. Er schlägt seine Gegner mit deren eigenen Waffen und weiß, wie man mit spärlichen Mitteln Wirkung erzeugt. Weder Behörden und Exekutivdiener des Staates, noch auf Verführung programmierte Frauen können ihn beeindrucken, weil sein Urteilsvermögen nicht an den Insignien der Einschüchterung scheitert. Einen vernunftfreien Ort bildet die Party bei Plötz, weil die Werbebranche von verordneter guter Laune lebt und jeden Zweifel ausblendet.
Ursprünglich erhielt der Film eine Freigabe ab 18 Jahren, was sicher am Kolportagecharakter liegt und weniger an tatsächlich gezeigten Freizügigkeiten. Ihren Illustrierten-Hintergrund kann die Drehbuchvorlage nicht abschütteln und so bewegt sich der Film zwischen ambitionierter Gesellschaftskritik, Seelendrama und Kriminalhandlung. Während ein Pfarrer (überzeugend: Hans Quest) auf der Amüsiermeile Reeperbahn jene zu erreichen versucht, die noch nie eine Kirche von innen gesehen haben, stören die Musiker der Nachtlokale die Versammlung. Die Gegensätze prallen auf wenigen Quadratkilometern aufeinander und jeder sucht nach seinem eigenen Vorteil. Umso fragwürdiger treffen die Kehrtwendungen einzelner Figuren auf den ungläubig den Kopf schüttelnden Zuschauer. Hansjörg Felmy, dessen "Zorn" sich in einem sarkastischen Egoismus ausdrückt, der das Leben als Selbstbedienungsladen sieht und keine Verbindlichkeiten wünscht, wandelt sich urplötzlich zum guten Menschen, was man ihm schwerlich abnimmt. Die Berg- und Talfahrt der Emotionen wirbelt gehörig Staub auf und wieder einmal denkt man, dass aus dem Film mehr werden hätte können. Viele gute Ansätze werden durch unglaubwürdige Kehrtwendungen aufgehoben, die Schauspieler werden vor die schwierige Aufgabe gestellt, ihre einmal geformten Charaktere nach den Launen des Drehbuchs zu variieren, was der Stringenz einen Abbruch tut und letztendlich an der Glaubwürdigkeit nagt. Sehr oft merkt man, dass das Zeitschriften-Niveau die Überhand erhält und auf Effekte im Stil von Skandal-Schlagzeilen setzt. Das zeigt sich beispielsweise auch am Ende, als die drei "zornigen jungen Männer" sich verbünden, um den Konzernleiter in die Knie zu zwingen. Zu leicht, zu reibungslos gestaltet sich die alles entscheidende Aussprache. Das mit Pauken und Trompeten angekündigte Finale versandet in einer lauen Kapitulation - zu einfach und rasch wird der Fall ad acta gelegt, um dann noch schnell Plötzs Angelegenheiten abzuhandeln, die wenigstens nicht jenen Weg einschlagen, den man aufgrund des konstruierten Verlaufs erwartet hatte. Hier zeigt das Drehbuch den Mut, den man sich vorher gewünscht hätte, einen harten Realismus. Der Plot, der an sich vielversprechend ist, übernimmt sich in der Balance zwischen den verschiedenen Handlungssträngen. Dort, wo das Drehbuch windige Kurven fährt, leiden die Schauspieler, weil sie ihr Profil verlieren, wobei Fuchsberger und Nielsen weniger betroffen sind.
mit: Hansjörg Felmy, Horst Frank, Joachim Fuchsberger, Dawn Addams, Hans Nielsen, Gisela Tantau, Hans Quest, Armin Dahlen, Wolfgang Jansen, Ernst Falkenberg u.a. | Drehbuch: Will Berthold nach dem gleichnamigen Roman in der Münchener Illustrierten | Regie: Wolf Rilla
Das medizinische Forschungsinstitut Drigena bietet der Magdalenen-Klinik, in welcher der engagierte Dr. Schneider als Oberarzt tätig ist, eine teure Herz-Lungen-Maschine, wenn diese ihren Mitarbeiter entlässt. Der junge Arzt ist dem Medizinkonzern ein Dorn im Auge, weil er an einer Publikum zum Thema Lebensmittelzusatzstoffen schreibt, die für etliche Krankheits- und Todesfälle verantwortlich sind. Fred Plötz, der in der Werbeabteilung der Drigena arbeitet, wird von Generaldirektor Pflüger beauftragt, den unliebsamen Arzt unter Anwendung unlauterer Mittel auszuschalten. Doch Dr. Gerd Schneider ist ein alter Kriegskamerad von Plötz und dieser steht somit vor einem inneren Konflikt....
Wirtschaftliches Denken wird auch in der Humanmedizin immer wichtiger, wenn ein Krankenhaus wie ein Unternehmen geführt wird und die Forschung für den Millionenetat Ergebnisse liefern muss. Grätscht dann ein Kritiker, in diesem Fall ein Mann mit fundierten Kenntnissen und Beweisen für gesundheitsschädliche Praktiken, in die Erfolgsspur der Konzerne, so erregt dies nicht nur das Missfallen der Leitung, sondern provoziert den Gedanken, wie man sich am besten eines solchen Störenfrieds entledigt. Horst Frank als Dr. Gerd Schneider kristallisiert sich bereits nach wenigen Minuten als unbequemer Gegenspieler jener heraus, bei denen der Profit an erster Stelle rangiert. Seine Ernsthaftigkeit und der Antrieb, in seinem Beruf alles zu geben, unterscheiden ihn von dem von Hansjörg Felmy gespielten Fred Plötz, der sich in seinem Arbeitsumfeld bequem eingerichtet hat und dem es nicht um Ethos, sondern um Eros geht. Plötz kommt aus der Werbebranche; ein Beruf, der mit Oberflächlichkeit assoziiert wird und dem Anpreisen von Vorzügen. Sein Metier ist die Übertreibung und Täuschung des Konsumenten durch falsche Versprechungen und die Verheißung großer Emotionen. Ebenso geht er in seinem Privatleben vor, in dem die Studentin Kirsten eine Abwechslung von seinen bisherigen Bekanntschaften bietet. Gisela Tantau zeichnet ihre Figur zunächst unscheinbar und wird deshalb auch vom Publikum erst mal kaum beachtet, doch die dramatischen Wendungen überraschen und ihr Abgang ringt dem Zuschauer Respekt ab. Joachim Fuchsberger behält als einziger Protagonist die souveräne Übersicht. Der Krieg und das Jurastudium haben seinen Verstand geschärft und ihn gegen die Fallstricke des Lebens gewappnet. Er schlägt seine Gegner mit deren eigenen Waffen und weiß, wie man mit spärlichen Mitteln Wirkung erzeugt. Weder Behörden und Exekutivdiener des Staates, noch auf Verführung programmierte Frauen können ihn beeindrucken, weil sein Urteilsvermögen nicht an den Insignien der Einschüchterung scheitert. Einen vernunftfreien Ort bildet die Party bei Plötz, weil die Werbebranche von verordneter guter Laune lebt und jeden Zweifel ausblendet.
Ursprünglich erhielt der Film eine Freigabe ab 18 Jahren, was sicher am Kolportagecharakter liegt und weniger an tatsächlich gezeigten Freizügigkeiten. Ihren Illustrierten-Hintergrund kann die Drehbuchvorlage nicht abschütteln und so bewegt sich der Film zwischen ambitionierter Gesellschaftskritik, Seelendrama und Kriminalhandlung. Während ein Pfarrer (überzeugend: Hans Quest) auf der Amüsiermeile Reeperbahn jene zu erreichen versucht, die noch nie eine Kirche von innen gesehen haben, stören die Musiker der Nachtlokale die Versammlung. Die Gegensätze prallen auf wenigen Quadratkilometern aufeinander und jeder sucht nach seinem eigenen Vorteil. Umso fragwürdiger treffen die Kehrtwendungen einzelner Figuren auf den ungläubig den Kopf schüttelnden Zuschauer. Hansjörg Felmy, dessen "Zorn" sich in einem sarkastischen Egoismus ausdrückt, der das Leben als Selbstbedienungsladen sieht und keine Verbindlichkeiten wünscht, wandelt sich urplötzlich zum guten Menschen, was man ihm schwerlich abnimmt. Die Berg- und Talfahrt der Emotionen wirbelt gehörig Staub auf und wieder einmal denkt man, dass aus dem Film mehr werden hätte können. Viele gute Ansätze werden durch unglaubwürdige Kehrtwendungen aufgehoben, die Schauspieler werden vor die schwierige Aufgabe gestellt, ihre einmal geformten Charaktere nach den Launen des Drehbuchs zu variieren, was der Stringenz einen Abbruch tut und letztendlich an der Glaubwürdigkeit nagt. Sehr oft merkt man, dass das Zeitschriften-Niveau die Überhand erhält und auf Effekte im Stil von Skandal-Schlagzeilen setzt. Das zeigt sich beispielsweise auch am Ende, als die drei "zornigen jungen Männer" sich verbünden, um den Konzernleiter in die Knie zu zwingen. Zu leicht, zu reibungslos gestaltet sich die alles entscheidende Aussprache. Das mit Pauken und Trompeten angekündigte Finale versandet in einer lauen Kapitulation - zu einfach und rasch wird der Fall ad acta gelegt, um dann noch schnell Plötzs Angelegenheiten abzuhandeln, die wenigstens nicht jenen Weg einschlagen, den man aufgrund des konstruierten Verlaufs erwartet hatte. Hier zeigt das Drehbuch den Mut, den man sich vorher gewünscht hätte, einen harten Realismus. Der Plot, der an sich vielversprechend ist, übernimmt sich in der Balance zwischen den verschiedenen Handlungssträngen. Dort, wo das Drehbuch windige Kurven fährt, leiden die Schauspieler, weil sie ihr Profil verlieren, wobei Fuchsberger und Nielsen weniger betroffen sind.