ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER - Wolfgang Becker

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER - Wolfgang Becker

Beitrag von Prisma »



ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER


● ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER / TRIO PERVERS / JE COUCHE AVEC MON ASSASSIN / L'AMOUR, LA MORT ET LE DIABLE (D|F|1970)
mit Harald Leipnitz, Ruth Maria Kubitschek, Friedrich Joloff, Peter Capell, Wolf Harnisch, Ellen Umlauf und Véronique Vendell
eine Wolf C. Hartwig Produktion der Rapid Film | Les Films Jaques Willemetz | im Inter Verleih
ein Film von Wolfgang Becker

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»Ich bin gern für dich auf den Strich gegangen!«


Der Playboy Rolf Schröder (Harald Leipnitz) liebt schnelle Autos und attraktive Frauen, was von seiner eigenen Frau Elisabeth (Ruth Maria Kubitschek) nur solange geduldet wird, wie er seinen ehelichen Pflichten nachkommt. In ihrer Firma ist er nur Angestellter und wird auch sonst an der kurzen Leine gehalten, bis er genug von diesem Schattendasein hat. Gemeinsam mit seiner jungen Geliebten Gina (Véronique Vendell) arbeitet er ein Mordkomplott aus. Um sich ein perfektes Alibi zu verschaffen, soll Gina als Elisabeth auftreten, welche bereits zuvor beseitigt werden müsste. Während einer Orgie mit zwei jungen Prostituierten spielt die junge Geliebte die Rolle von Rolfs Frau, doch es läuft alles andere als glatt. Elisabeth wurde zuvor von Einbrechern niedergeschlagen und es sieht so aus, als hätte sie sich bis zum nahe gelegenen See retten können. Doch dort verliert sich ihre Blutspur. Ist sie tatsächlich tot? Aufgrund mehrerer Komplikationen ist Gina nun weiterhin gezwungen, die angenommene Rolle zu spielen, bis wenig später eine Leiche aus dem See geborgen wird...

Wolfgang Beckers "Ich schlafe mit meinem Mörder" zählt zweifellos zu der Sparte deutscher Kriminalfilme, die nicht nur interessant inszeniert sind, sondern einen moderneren Transfer in neu anbrechende Zeiten beweisen. Vielleicht war dieses bunte Experiment nicht mit dem Erfolg gekrönt, den man sich erhofft hatte, aber dennoch erschließt sich eine überaus ansprechende Variation des Krimis, der bei Interessenten aufgrund seiner alternativen Schauwerte vielleicht nicht immer ganz reibungslos ankommen dürfte. Bereits die Eröffnungssequenz - in der Harald Leipnitz und Véronique Vendell zeigen, was public viewing eigentlich bedeutet - deutet ungeniert an, wohin diese aufregende Reise gehen wird. Völlig überraschend wirkt die schmissige Musik von Martin Böttcher, die sich ausnahmsweise einmal von üblichen Kompositionen abheben kann, und dem Film eine lockere, vielleicht sogar leichtfertige Note mitgibt, bis unverständlicherweise Themen aus dem Edgar Wallace Film "Die blaue Hand" auftauchen, die den Eindruck vermitteln, als sei eine Konserve aufgemacht worden. Das hier wenig später vorgestellte Komplott wirkt zunächst einmal so, als sei es hin und wieder schon dagewesen, was sich aufgrund der gewollt unruhigen Dramaturgie allerdings deutlich relativieren wird. Da hier zwar geplant wird, aber im Endeffekt nichts nach Plan läuft, macht die Angelegenheit spannend und erst richtig interessant. In diesem Zusammenhang kommt ein richtig straffes Tempo auf, denn das Mörder-Pärchen muss permanent eine Dynamik anstrengen, die nur zur Hälfte gewährleistet werden kann, wenn überhaupt.

Improvisation ist also alles, und Wolfgang Becker muss man wirklich zugestehen, dass er es spielend schafft, ein aussagekräftiges Siebziger-Jahre-Flair aufkommen zu lassen, das genüsslich Details, Spleens und Altlasten hervorbringt und auf einem Silbertablett serviert. Fragmente des zum Überholmanöver ausscherenden Sexfilms wirken dabei perfekt auf die Geschichte abgestimmt abgestimmt, und für damalige Verhältnisse und einen nahezu getarnten Krimi war das Ganze recht gewagt. Dem Film kommt seine auffällige Ausstattung zugute, was sich sowohl vom Inventar als auch den beteiligten Damen sagen lässt. Die Bildgestaltung überzeugt mit einer grellen Farbenpracht und der Gesamtverlauf wirkt ökonomisch und kurzweilig. Bei "Ich schlafe mit meinem Mörder" bekommt das interessierte Publikum einen Filmtitel serviert, der noch gekonnt aufs Glatteis führen wird und hierbei leisten die Stars der Manege tatkräftige Unterstützung. In diesem Film, der hin und wieder als Sex-Krimi benannt wurde, führen alle Wege zu Harald Leipnitz, der hier nichts von seinem oft präsentierten Image wissen will. Er zieht alle Register, insbesondere mit den Damen, und macht dem Titel Playboy tatsächlich alle Ehre. Einerseits glaubt man, eine gute Schauspieler-Führung zu sehen, aber andererseits scheint sich Leipnitz immer wieder genüsslich zu verselbstständigen, was zum Teil für die bedeutenden Momente dieser Produktion sorgt. Überraschend wirkt ebenfalls die Leistung von Véronique Vendell. Stets über Zweifel an ihren körperlichen Reizen erhaben, konnte man ihre darstellerischen Kompetenzen nicht immer in die B-Kategorie einordnen, doch man vermutete stets Potenzial, das sie hier abruft und bündelt. Als Gina mutet sie gewollt naiv und einfältig an, und obwohl die die falsche Seite des Gesetzes flankiert, steht man ihr irgendwie bei.

Die Frage, wie viel die Produktion im Endeffekt gespart haben muss, da kaum Garderobe für sie nötig war, wird sich wohl nicht mehr klären lassen. Friedrich Joloff als Polizist bekam wenig Raum für das übermäßige ausstaffieren seiner Rolle, aber er wirkt recht bissig und hätte in vielen Situationen ruhig etwas angriffslustiger agieren dürfen. Unglaublich und beinahe episch wirkt der der Kurzauftritt von Ellen Umlauf als ehemalige Nutte "Bambi", die ihren ehemaligen Zuhälter Rolf alias Harald Leipnitz um ein paar große Scheine erleichtern will. Das in ironische Wortspitzen getränkte Gespräch der beiden macht wahnsinnigen Spaß und zeigt einmal mehr, was in dieser Ellen Umlauf steckt. Abschließend wäre noch Ruth Maria Kubitschek zu nennen, und es ist schon erstaunlich, dass auch sie es nicht schaffte, am expliziteren deutschen Film vorbeizukommen. Elisabeth, die reiche Firmeninhaberin, ist sexhungrig und wahlweise betrunken; alles was sich außerhalb ihres Lotterbettes abspielt, scheint sie maßlos zu langweilen. Ihren Mann hat sie fest im Griff und hält ihm in zynischer Art und Weise gerne vor, wer das Sagen hat. Die Kubitschek wurde hier von Rosemarie Fendel synchronisiert, was ihrem Charakter mehr Verruchtheit und Oberflächlichkeit verleihen kann und ihr gerade deswegen sehr gut stehen will. Über sie versucht die Produktion einen erneuten "Melissa"-Effekt nachzuempfinden, der Ruth Maria Kubitschek im gleichnamigen TV-Mehrteiler aus dem Jahr 1966 zu großer Bekanntheit in der Bundesrepublik verhalf. Alles in allem erscheint dieses Vorhaben recht gelungen zu sein und Wolfgang Beckers Film bleibt als angenehm verspielter und kurzweiliger Reißer in Erinnerung, den man sich bei sich bietender Gelegenheit ruhig einmal anschauen kann.

ugo-piazza
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Re: ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER - Wolfgang Becker

Beitrag von ugo-piazza »

Prisma hat geschrieben:
So., 21.02.2021 22:35
Bereits die Eröffnungssequenz - in der Harald Leipnitz und Véronique Vendell zeigen, was public viewing eigentlich bedeutet -
Also, ich würde ja eher behaupten, dass sie zeigt, was öffentlicher Personennahverkehr bedeutet.


Ich bin immer noch sauer auf die Taurus, dass die den Film damals als "Trio pervers" auf Video rausgebracht haben. Der Originaltitel war 15 Jahre nach Entstehung wohl zu b-anal geworden. :twisted:
Die Suche ist vorbei

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Prisma
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Re: ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER - Wolfgang Becker

Beitrag von Prisma »

ugo-piazza hat geschrieben:
Mo., 22.02.2021 23:00
ich würde ja eher behaupten, dass sie zeigt, was öffentlicher Personennahverkehr bedeutet.

Das natürlich auch, aber bei den vielen Zuschauern im Vorbeifahren können bestimmt beide Beschreibungen in Betracht gezogen werden. :D


ugo-piazza hat geschrieben:
Mo., 22.02.2021 23:00
"Trio pervers"

Diesen Titel fand ich auch schon immer schwächer als den Originaltitel, zumal er nichts über die Handlung aussagt und falsche Versprechungen macht.

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Sid Vicious
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Re: ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER - Wolfgang Becker

Beitrag von Sid Vicious »

Es ist zwar schon sehr lange her, aber ich meine, dass die Firmierung (wie auch MADAME UND IHRE NICHTE ) Ende der 1980er im Zuge des GULDENBURGS-Erfolgs als empörend etikettiert (was hat die Kubitschek da nur angestellt) durch die Regenbogenpresse eierte.
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Prisma
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Re: ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER - Wolfgang Becker

Beitrag von Prisma »

Sid Vicious hat geschrieben:
Di., 23.02.2021 22:21
Ende der 1980er im Zuge des GULDENBURGS-Erfolgs als empörend etikettiert (was hat die Kubitschek da nur angestellt) durch die Regenbogenpresse eierte.

Ja, da kam heraus, dass auch sie ein paar Leichen im Keller hat, wie übrigens jede andere Interpretin auch, wobei die Empörung ja schon über die bloße Partizipation zustande kam. Es ist anzunehmen, dass sich kein Millionenpublikum an "Ich schlafe mit meinem Mörder" oder "Madame und ihre Nichte" erinnern konnte, geschweige denn, man hat die Filme überhaupt gesehen. Derartige Aufschreie sind ja immer ein Stück weit obligatorisch aber auch witzig, da eine gute Portion Scheinheiligkeit darin steckt. Anschließend werden sich sicher viele Interessenten für die genannten Filme gezeigt haben. Wenn man Ruth Maria Kubitscheks Rolle als Margot Balbeck in "Das Erbe der Guldenburgs" allerdings mal genau unter die Lupe nimmt, stellt sich die Frage, welche Figur eigentlich empörender ist. Eine Frau, die ihre Reize gekonnt als Publikumsfantasie stehen lässt und sich in eleganter Diskretion verliert, oder eine intrigante und rücksichtslose Bierkönigin, die von sich selbst sagt, dass sie Alkoholikerin und tablettensüchtig sei, Kontrahenten vernichtet und sogar ihre eigenen Kinder verkaufen würde. Für das deutsche Serienpublikum und die Jünger der Regenbogenpresse war wohl die Andeutung einer Brust der größere Skandal. :mrgreen:

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Maulwurf
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Re: ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER - Wolfgang Becker

Beitrag von Maulwurf »

Nun ja, dieser Teil hier ...
Prisma hat geschrieben:
Mi., 24.02.2021 20:03
eine intrigante und rücksichtslose Bierkönigin, die von sich selbst sagt, dass sie Alkoholikerin und tablettensüchtig sei, Kontrahenten vernichtet und sogar ihre eigenen Kinder verkaufen würde.
... wird ja bei Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft mittlerweile oft als Grundbedingung für eine Beschäftigung vorausgesetzt. Nackte Brüste hingegen gehören gefälligst in den Privatbereich! Aufs Handy oder ins Internet oder so, aber bitte nicht in einen Film, wo wohlmöglich Kinder zuschauen könnten ...

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Richie Pistilli
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Re: ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER - Wolfgang Becker

Beitrag von Richie Pistilli »

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Ich schlafe mit meinem Mörder (D)
Trio Pervers (D - VHS)
Ein teuflisches Paar (D - Arbeitstitel)
Liebe, Tod und Teufel (D - Arbeitstitel)
La signora ha dormito nuda con il suo assassino (IT)
Je couche avec mon assassin (F)
L'amour, la mort et le diable (F)
Amante de medianoche (ES)
Dead Sexy (UK)
I Slept with My Murderess
Dial Love for Murder
Moonlighting Mistress


D / F 1970

R: Wolfgang Becker
D: Harald Leipnitz, Ruth-Maria Kubitschek, Véronique Vendell, Ellen Umlauf, Friedrich Joloff, Peter Capell, Wolf Harnisch, Henri Guégan, Helge T. Larisch, Jackie Lombard u.a.



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Deutsche Erstaufführung: 22.12.1970

Synchronkartei

Filmportal

Score: Martin Böttcher

OFDb





"Du wirst auch in Zukunft mit Deinen Ausbruchsversuchen kein Glück haben... Wohin Du auch gehst, ich hol Dich zurück.
Du siehst, so einfach kommst Du von mir nicht los... Du wirst mir erhalten bleiben, bis der Tod uns scheidet.
"


TRIO PERVERS entpuppt sich als ein bitterböser Kriminalfilm mit daumendicker Schmierschicht, der einen soliden Unterhaltungswert bietet sowie zahlreichen Überraschungen als auch sehr gut aufgelegten Schauspielern parat hält. Vorsicht! Rutschgefahr! Harald Leipnitz mimt einen rückgratlosen und selbstverliebten Unsympathen aus der Münchner-Schickeria mit Bravour. Dabei möchte er seine mittlerweile verhasste Ehefrau zum eigenen Vorteilsgewinn aus dem Weg räumen, wozu der saubere Herr seine Liebhaberin einlullt, damit diese wiederum die Tat für ihn durchführt. Diese wird übrigens (zumeist unverhüllt) von Véronique Vendell verkörpert, der das Tragen von Kleidung wohl ein Graus zu sein scheint. Weiterhin gibt es auch einen Kurzauftritt der umtriebigen Ellen Umlauf als Ex-Prostituierte "Bambi" zu bestaunen.

Die Filmmusik stammt aus der Feder Martin Böttchers, wobei mir gerade der Titel zum Song bei Minute 22:32 (Orgie in der Villa) zum Verrecken nicht einfällt. :?


Fazit: Summa summarum ein grundsolider Genre-Beitrag mit einem gesteigerten Maß an schmierigen Anteilen sowie einem bitter-bösen Beigeschmack.


Bildergalerie aus dem alten Forum:


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Open Credits: 'Ich schlafe mit einem Mörder:






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Prisma
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Re: ICH SCHLAFE MIT MEINEM MÖRDER - Wolfgang Becker

Beitrag von Prisma »

Richie Pistilli hat geschrieben:
So., 18.04.2021 13:16
Weiterhin gibt es auch einen Kurzauftritt der umtriebigen Ellen Umlauf als Ex-Prostituierte "Bambi" zu bestaunen.


Für mich ist dieser kurze Auftritt definitiv eines der großen Highlights des Films. Ellen Umlauf spielt hier so dermaßen abgebrüht und pointiert, dass es eine wahre Freude ist. Eine klasse Schauspielerin, die zwar fast ausschließlich im Bereich der kleineren Nebenrollen zu finden war, aber vom deutschen Film immer wieder folgerichtig eingesetzt wurde. In "Ich schlafe mit meinem Mörder" ist sie ja nur ein paar Minuten zu sehen, aber die bleiben mitunter am meisten hängen. Harald Leipnitz tut natürlich das Übrige dazu. :mrgreen:

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