HARLIS - Robert van Ackeren

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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HARLIS - Robert van Ackeren

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● HARLIS / EINE HANDVOLL ZÄRTLICHKEIT (D|1972)
mit Mascha Rabben, Gabriele Lafari, Ulli Lommel, Rolf Zacher, Monika Bonert, Jean-Pierre Bonnin und Heidy Bohlen
eine Produktion der Interwest Film | Robert van Ackeren Filmproduktion | im Constantin Filmverleih
ein Film von Robert van Ackeren



Harlis ist der Name eines jungen Mädchens, einer Revuetänzerin, die allabendlich mit ihrer Kollegin und Freundin Pera in einem Damenclub ihren großen Auftritt hat. Harlis' und Peras Beziehungen zueinander sind intimer als die anderer Mädchenfreundschaften. Sie sind glücklich miteinander. Bis zu dem Augenblick, als Raymond sich in Harlis verliebt. Auch Harlis findet Gefallen an dem gutaussehenden, sensiblen jungen Mann. Eine romantische Liebe nimmt ihren Anfang. Und was für Harlis zunächst nur ein Abenteuer war, wächst im Lauf der gemeinsamen Zeit mit Raymond zu tiefer Zuneigung und Leidenschaft. Raymond kennt nur noch Harlis, er trennt sich von seiner Geliebten, die ihn als wohlhabende Geschäftsinhaberin auch finanziell unterstützt hat, und auch von seinem Bruder, mit dem er bisher zusammenlebte. Pera kann die Beziehung zwischen Harlis und Raymond nicht ertragen, sie fordert eine Entscheidung. Harlis steht damit vor einem schwer lösbaren Problem: Sie liebt Raymond, will aber auch nicht auf ihre Freundin verzichten. Der Konflikt spitzt sich dramatisch zu...

Dieser Auszug aus der Zusammenfassung der Pressemappe des Filverlag(s) der Autoren zu Robert van Ackerens Spielfilm "Harlis" klingt zunächst einmal ziemlich unscheinbar, handelt es sich doch um eine Dreiecks- oder Mehrfachbeziehung, die auch in anderen Geschichten zu finden ist. Die Produktion erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter beispielsweise den Ernst-Lubitsch-Preis für die beste deutsche Filmkomödie des Jahres 1973, außerdem wurde dem ab 18 Jahren freigegebenen Beitrag das Prädikat »besonders wertvoll« verliehen. Bei "Harlis" handelt es sich um einen der vielen deutschen Filme, die leider in der Versenkung verschwunden sind und auch vom Fernsehen unentdeckt blieben, es aber bestimmt wert wären, einem interessierten oder breiteren Publikum zugänglich gemacht zu werden. Trotz recht guter zeitgenössischer Kritiken konnte der Film seinerzeit keinen großen wirtschaftlichen Erfolg verbuchen. In erster Linie bleibt "Harlis" jedoch ein Film des persönlichen Interesses, immerhin ist die überaus gerne gesehene Heidy Bohlen hier in einem ihrer leider schon letzten Filme zu sehen.

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Prisma
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Re: HARLIS - Robert van Ackeren

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● HARLIS / EINE HANDVOLL ZÄRTLICHKEIT (D|1972)
mit Mascha Rabben, Gabriele Lafari, Ulli Lommel, Rolf Zacher, Monika Bonert, Jean-Pierre Bonnin und Heidy Bohlen
eine Produktion der Interwest Film | Robert van Ackeren Filmproduktion | im Constantin Filmverleih
ein Film von Robert van Ackeren


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»Wozu sind wir denn jung?«


Die Revuetänzerin Harlis (Mascha Rabben) arbeitet allabendlich in einem Nachtclub und lebt mit ihrer Tanzkollegin Pera (Gabriele Lafari) zusammen. Diese Beziehung verläuft so lange glücklich, bis sich eines Abends ein Zuschauer namens Raymond (Ulli Lommel) um sie bemüht. Harlis lässt sich auf eine Affäre mit ihm ein, sehr zum Unmut ihrer Partnerin, Raymonds Verlobter Ria (Heidy Bohlen) und seinem Bruder Prado (Rolf Zacher). Dieses Aufbrechen alter Strukturen bedeutet gleichzeitig, dass sich neue Allianzen bilden, die das junge Glück zerstören wollen, doch wer wird seine Pläne am Ende wirklich durchsetzen können..?

Der Berliner Filmproduzent, Kameramann Drehbuchautor und Regisseur Robert van Ackeren inszenierte mit "Harlis" eine Liebesgroteske, deren Krux sich aus der simplen Tatsache ergibt, dass es sich um eine Ménage-à-trois zu fünft handelt, bei der schlicht und einfach zwei Personen zu viel existieren. Um wen es sich dabei handelt wird mühsam herausgearbeitet, denn es ist bei dieser bizarren Konstellation nicht immer klar, wie die Personen eigentlich zueinander stehen. Bevor es in betont trivialer Bearbeitung losgehen kann, versucht es die Produktion mit etwas Eigenlob, das noch nicht einmal stinkt, weist man doch auf die erlangten Auszeichnungen hin. Robert van Ackeren zeigt im Gegenzug zum Stilmittel Trivialität eine äußerst tiefsinnige und herrliche Bildsprache, die den künstlerischen Aspekt der gesamten Angelegenheit immer wieder in den Vordergrund zu rücken weiß, auch wenn die theaterhaften Gebärden und ebenso auffällig einstudiert wirkenden Choreografien schnell anfangen zu irritieren. Die Kamera hält hier alles ungefiltert fest, sodass die anberaumte Schönheit oft droht, den hässlichsten Fratzen weichen zu müssen. Vor einer möglichen Katastrophe reicht Robert van Ackeren Blumen, Hoffnung und unbeschwerte Momente, in einer Szenerie, deren Schwermütigkeit erdrückend wirkt. Die Personen tun ihr Übriges dazu, und als Zuschauer will man niemandem trauen, am liebsten auf einem weit entfernten Beobachtungsplatz im Verborgenen bleiben, da man sonst als gewöhnlicher Voyeur entlarvt werden könnte, der zunächst versucht, die stumpfen und vergifteten Emotionen der Hauptpersonen zu ordnen. Sie sind nicht alle gleich - glücklicherweise, denn sonst wäre diese Geschichte zu trostlos und in ihrer Aussage zu belanglos. Die Herrschaften stoßen größtenteils ab und lassen keine Parallelen zur eigenen Realität zu, um in einer von der Regie gut behüteten Schneekugel zu bleiben, die nach Bedarf gut durchgeschüttelt werden kann, um die Voraussetzungen und Konstellationen grundlegend neu zu gestalten und zu ordnen.

Obwohl hier so gut wie alles völlig artifiziell erscheint, kann man genügend Brücken zur Realität und zum Gefühlsalltag bauen, was sich vor allem im Bereich der Reaktionen, Impulse, Intrigen und Verhaltensweisen widerspiegelt. Das Verzichten auf klassische Sympathieträger macht diese Achterbahn nicht leichter, aber man will bis zum Ende dabei bleiben, da sich eine ganz strapaziöse Form der Spannung aufbaut. Die Ventile sind sichtbar und zum Greifen nah, doch die Regie lässt einfach keinen Dampf aus dieser mit Schmutz und Hass aufgeladenen Geschichte, deren größte Widersacher eben nicht aus dem Bereich der subversiven Emotionen stammen. Der größte Feind der Erkenntnis ist die Unkenntnis - ein Thema, mit dem hier ausgiebig und clever gespielt wird. Es ist schwer, einen klaren Blick zu erlangen, da Vieles nur wie durch einen weißen Schleier zu sehen ist, der allerdings genauso gut ein Leichentuch sein könnte. Mit den fünf Hauptpersonen erlebt man einen Gang durch die Welt der Kontraste. Man kennt sie nicht, man lernt sie nicht kennen, ihre Intentionen und Vitas bleiben im Verborgenen. Einige von ihnen leben ausschließlich auf Kosten der anderen, bis sich zahlreiche Besitzansprüche stellen, falls einmal mit Liebe und Libido bezahlt wurde. Der Blick in diese Halbwelt ist ebenso verstörend wie faszinierend, sodass man versucht, die beteiligten Personen irgendwie zu begreifen, wenngleich verstehen zu viel gesagt wäre. Harlis und Pera lieben sich, teilen sich ihre glückliche, wenn auch kleine Welt, bis ein Nebenbuhler mit Gefolgschaft auftaucht, der alles durcheinanderbringt. Dies gilt vor allem für Harlis' Gefühlswelt, die sich fortan nicht für ihre favorisierte Liaison entscheiden kann. Robert van Ackeren seziert die Ästhetik mit einem Beil, wenig behutsam, ohne viel Aufwand und zahlreiche Eindrücke wollen hier kaum zusammenpassen. Betrachtet man die männlich-weiblichen Konstellationen, ergibt sich ein umgekehrtes Trugbild, denn die Frauen stehen hier ihren Mann und sorgen selbst für ihren Lebensunterhalt. Die Männer anscheinend nicht.

Harlis und Pera treten in einem Nachtclub auf. Ihre Show scheint aufgrund zahlreicher Nazi-Bezüge berüchtigt zu sein, denn das Haus ist voll. Ria steht in ihrer Metzgerei, manchmal im teuren Pelz, immer gut gestylt, auch wenn sie selbst einmal die Fleischstücke zerlegen muss. Lässt man sich diese Eindrücke einmal auf der Zunge zergehen, handelt es sich um überaus groteske Eindrücke, die allerdings von Raymond und Prado abgerundet werden. Die beiden wirken wie eine WG der gescheiterten Existenzen, wenngleich sie sich grundlegend voneinander unterscheiden. Raymond ist sensibel, charmant und umgänglich, was man von seinem Bruder nicht behaupten kann. Er entsetzt förmlich mit einer unsentimentalen Statik, bei der sich die Frage stellt, ob er überhaupt in der Lage ist, etwas zu fühlen. Das Beziehungsroulette nimmt seinen Lauf und es kommt zu nicht gerade uninteressanten Zwischenfällen, die jedoch immer wieder von der Attitüde unterbrochen werden, dass in geplanter Art und Weise nichts Wesentliches passiert. Die erwähnte Bildsprache ist hier das Α und Ω dieser van Ackeren'schen griechischen Tragödie in anderer Topografie, deren Handelsname eigentlich Komödie lautet. Die Regie lässt Requisiten und Blumen sprechen, Gegenstände und leere Augen, sodass man die Pointen nicht lange zu suchen hat. Allerdings wird auf Hysterie und Spektakel weitgehend verzichtet, jedoch nicht auf Sex und erotisch aufgeladene Situationen, deren Dreh- und Angelpunkt Harlis bleibt, das Objekt der Begierde. Gegen Ende gerät die Situation außer Kontrolle, da manche Personen glauben, im Interesse anderer zu handeln, es jedoch noch nicht einmal in ihrem eigenen tun. Robert van Ackeren gibt dem Publikum zahlreiche Denkaufgaben mit auf den Weg, und auch wenn sein Film nicht selten recht einfach anmutet, sind die inszenatorischen Verschachtelungen oft nur schwer zu lösen. Deswegen ist "Harlis" ein unterschwellig anspruchsvolles Gebilde geworden, das seine Auszeichnungen zurecht erhalten hat, und leider wieder einmal völlig zu Unrecht in Vergessenheit geraten ist. Mit exzellenten Leitungen von Mascha Rabben, Gabriele Lafari, Ulli Lommel, Rolf Zacher und Heidy Bohlen.



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Prisma
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Re: HARLIS - Robert van Ackeren

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»Eigenlob stinkt!«, zumindest der Redensart nach, was allerdings nicht für das Tafelsilber dieser hochinteressanten Produktion gilt:

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