DAS EHRLICHE INTERVIEW - DIE SEXUELLEN WÜNSCHE DER FRAU VON HEUTE - Werner M. Lenz

Sexwellen, Kriminalspaß und andere Krautploitation.
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Prisma
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DAS EHRLICHE INTERVIEW - DIE SEXUELLEN WÜNSCHE DER FRAU VON HEUTE - Werner M. Lenz

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DAS EHRLICHE INTERVIEW


● DAS EHRLICHE INTERVIEW / DAS EHRLICHE INTERVIEW - DIE SEXUELLEN WÜNSCHE DER FRAU VON HEUTE (D|1971)
mit Heidy Bohlen, Erwin Strahl, Rudolf Schündler, Alexander Allerson, Dieter Schidor, Mattis Böttcher, Karin Götz, Katharina Herberg und Sybil Danning
eine Produktion der Arca Winston Films Corp. | im Constantin Filmverleih
ein Film von Werner M. Lenz

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»Sie bumste mich, dass mir Hören und Sehen verging.«


Mit diesem Film beginnen wir eine neue Serie. Menschen, die Sorgen haben, erzählen uns ihre Probleme. In der Psychiatrie kennt man seit langem den Begriff des Eisenbahn-Effektes. Hierunter versteht man, zwei wildfremde Menschen begegnen sich für kurze Zeit und schütten sich gegenseitig ihr Herz aus, weil sie wissen, dass sie sich nie wieder treffen werden. Und das ist die Lösung: Die Mehrzahl aller für den Einzelnen unlösbar erscheinenden Probleme, löst sich von selbst, wenn dieser Mensch die Möglichkeit hat, sich mit einem anderen auszusprechen. In unserem Film berichten uns Menschen von ihren Sorgen und Problemen. Unser erster Fall ist Susi. Sie heiratete mit 19, ihr Mann ist zwanzig Jahre älter...

Mit dem Aufklärungsfilm "Helga", der seinerzeit noch vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegeben wurde, legte man 1967 den Grundstein für diese Art Beiträge, die sich mit den sexuellen Nöten und geheimen Wünschen einer weitgehend unaufgeklärten Gesellschaft befassen und aufklären sollte. Dass Produktionsfirmen aller couleur gerade hierbei ein lukratives Geschäftsmodell witterten, da diese Filme sehr erfolgreich in den Kinos liefen, zeigt sich in der Tatsache, dass es plötzlich eine Schwemme filmischer Aufarbeitungen geben sollte, die die Grundidee immer mehr ignorierten. Das Format war somit schnell ausgeschlachtet, sodass die deutsche Filmwirtschaft die Sexwelle für sich entdeckte und Filme produzierte, die nur noch oberflächlich an Aufklärung interessiert waren. Deutsche Verleihtitel sollten daher auch vom geneigten Publikum mit Vorsicht betrachtet werden, da die entsprechenden Verlautbarungen oftmals nicht mit den geschilderten Pseudo-Erlebnissen konform sind. Werner M. Lenz, der dem Film in seiner Karriere in vielen Bereichen dienlich war, trat hauptsächlich als Kameramann in Erscheinung, bevor er ein paar Regie-Aufträge bekam. Dieses Tätigkeitsfeld sollte sich wohlgemerkt beinahe ausschließlich auf sogenannte Aufklärungsfilme von Kolle bis Sex-Reportagen beschränken, und "Das ehrliche Interview" markiert bereits die Halbzeit seiner fünf weitestgehend uniformen Arbeiten. Bei dem Zusatz "Die sexuellen Wünsche der Frau von heute" handelt es sich auch eher um einen Versprecher, denn es wird dank williger Expertinnen wie Heidy Bohlen und Sybil Danning so gut wie ausschließlich auf Sex-Gerangel und Fleischbeschau gesetzt, somit weniger auf die vollmundig angekündigte Transparenz oder entsprechende Analysen. Filme wie dieser stehen und fallen daher mit dem, was man erwartet und sehen oder eben nicht sehen will. "Das ehrliche Interview" gehört zur Gattung der zurecht in der Versenkung verschwundenen Sexfilme im aufklärerischen Dokumentarstil, was einen bei der Ansicht nicht gerade verwundert, immerhin läuft das Fließband der naiven Untertöne unausweichlich ins Nirgendwo.

Der Verlauf langweilt leider mit besonders unspektakulären Schilderungen aus deutschen Schlafzimmern, Bettenlagern oder Badewannen, setzt auf eine Art der statischen Mechanik, die wenig geschmackvoll arrangiert wirkt, was im Klartext heißt, dass die Sex-Szenen und alles was dazu gehört langweilen. In derartig schwerwiegenden Fällen der einfallslosesten Art der Filmkunst können nur persönliche Präferenzen für eine Schadensbegrenzung sorgen, doch Heidy Bohlen tritt erst in Segment 4 auf - zugegebenermaßen sehr Aufsehen erregend - und wird buchstäblich zum Zünglein an der Danning Waage. Aufgeplusterte Probleme und solche, die es gerne wären, beherrschen den Verlauf schwerwiegend, sodass es im sogenannten ehrlichen Interview zu keinen besonderen Erkenntnissen kommen wird, was auch schon anno 1971 so gewesen sein dürfte. Ausgewählte Personen berichten über ihre sexuellen Neurosen und Komplexe, wohlgemerkt vor einer unbekannten, offensichtlich vollkommen wildfremden Person, die es an Takt und Expertise vermissen lässt. Nimmt man Lenz' Film als das, was er tatsächlich ist, lässt sich dieses in Wahrheit äußerst gestelzt wirkende Interview vielleicht besser aushalten: ein Sexfilm, dessen belehrende Absichten und selbstläuferische Problemlösestrategie man nicht ernst nimmt. Wie erwähnt sind schöne Interpretinnen zu sehen, allen voran Sybil Danning und Heidy Bohlen, die die letzten 15 Minuten mit ihrer wilden Seite bereichern. Ihre Ménage à trois mit Erwin Strahl im Adamskostüm könnte sich ohne ihn zwar noch besser sehen lassen, aber in der Badewanne deuten die Damen schließlich an, was sie bereit sind aus sich herauszukitzeln. Filme wie diese mit dem Anspruch und Blick von heute zu konfrontieren, ist sicherlich nicht besonders fair, vielleicht auch nicht besonders sinnvoll, da sich die Zeiten geändert haben, allerdings kommt man gerade bei diesem Ergebnis nicht umhin, sich zu fragen, warum hier wesentlich mehr schief gegangen ist, als in vergleichbaren Produktionen. Leider ist aus diesem misslungenen Versuch der sexuellen Aufklärungsarbeit nicht mehr geworden, als ein spröder Abklatsch von dem, was man andernorts wesentlich prickelnder serviert bekam, was wohlgemerkt nicht für die letzten 15 Minuten gilt.

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