DER LETZTE ZEUGE
● DER LETZTE ZEUGE (D|1960)
mit Ellen Schwiers, Martin Held, Jürgen Goslar, Adelheid Seeck, Werner Hinz, Siegfried Wischnewski, Lore Hartling,
Harald Juhnke, Hans Hessling, Herbert Tiede, Blandine Ebinger, Lucie Mannheim, Tilly Lauenstein und Hanns Lothar
eine Kurt Ulrich Filmproduktion | im Europa Filmverleih
ein Film von Wolfgang Staudte
»Ich habe mein Kind nicht getötet!«
Ingrid Bernhardy (Ellen Schwiers) findet ihre wenige Monate alte Tochter Christiane tot ih ihrer Wohnung auf. Das Kind wurde mit einem Gürtel erwürgt. Der Vater des Kindes ist der um einige Jahre ältere Großindustrielle Werner Rameil (Martin Held), der der jüngeren Frau immer wieder die Ehe versprochen hatte, sich aber noch nicht von seiner Frau Gerda (Adelheid Seeck) trennen konnte. Durch die Ermittlungen der Polizei landet Ingrid in einem Alptraum, denn schnell sieht sie sich aufgrund ihres Lebenswandels vorverurteilt und landet genau wie ihr ehemaliger Freund Dr. Heinz Stephan (Jürgen Goslar) in Untersuchungshaft. Beide gelten ab sofort als Hauptverdächtige in diesem Mordfall. In einem spektakulären Prozess übernimmt Rechtsanwalt Dr. Fox (Hanns Lothar) die Verteidigung der jungen Frau und versucht den Fall anhand ignorierter Indizien in andere Bahnen zu lenken. Wird er den wahren Mörder entlarven können..?
Wolfgang Staudtes Beitrag zählt ohne jeden Zweifel zu den Klassikern des deutschen Gerichtsfilms, der es sich nicht nehmen lässt, das Justiz-System und die damalige Gesellschaft kritisch zu betrachten, ohne jedoch vollmundig Wertungen vorzunehmen. Der Aufbau des Films ist in seiner Gestaltung hervorragend ausgefallen und die Thematik wird schraubzwingenartig geschildert. Mit Kindsmord wählte man eines der erschütterndsten Verbrechen von allen aus, sodass sich das Publikum auch vollkommen ohne reißerische Elemente berührt und unmissverständlich angesprochen fühlt und Aufklärung verlangt. Spannung und Tempo wirken im ersten Drittel stark gedrosselt, um dann allerdings ein regelrechtes Überholmanöver zu starten. "Der letzte Zeuge" erweist sich schließlich als ausgezeichneter Gerichtsfilm, der mit seinen hervorragenden Darsteller_innen einen perfekten Verlauf garantiert. Staudte setzt auf wohldosierte, wenn auch harte Akzente. Außerdem bieten alle Charaktere bis in die Kleinstrollen klare Konturen an und in der gesamten Geschichte kommen tatsächlich nur wenige Hoffnungsschimmer zum Vorschein, was dem Film sehr gut steht, da er ohne falsche Untertöne auskommt und man es sich dem prosaischen Charakter entsprechend aufsparte, ein unangebrachtes Happy End anzubahnen, wie es in zeitgenössischen Produktionen leider viel zu oft der Fall war.
Mit Ellen Schwiers wurde ein Besetzungscoup gelandet, da sie aufgrund diverser Besetzungen von zweifelhaften Charakteren nicht über jeden Verdacht erhaben ist. Auch hier wird sie in ein solches Licht gerückt, da sie zunächst als sehr unsympathisch wirkende Frau in den Fokus gebracht wird. Auch die Justiz spricht bei jeder sich bietenden Gelegenheit gerne die »Fragwürdigkeit ihres Lebenswandels« an. Als Kontrast zu der Geliebten ihres Mannes sieht man die stets überzeugende Adelheid Seeck, die alle Tugenden zu vereinen scheint und somit ebenfalls am Bild von Ingrid Bernhardy nagt. Ellen Schwiers spielt wie immer sehr eindrucksvoll, hier überrascht sie mit einem Rundumschlag im Spektrum der Emotionen. Martin Held reiht sich in das Karussell der kontrastreichen Darbietungen ein, er gibt den sachlichen und unempfindlichen Geschäftsmann sehr überzeugend. Jürgen Goslar wirkt im Kreis der Verdächtigen zwar sympathisch, aber man kann eher lange nicht genau einschätzen, wem man trauen sollte, und wem nicht, was sich insgesamt als große Stärke herausstellen wird. Hanns Lothar geht in seiner Rolle als Verteidiger förmlich auf, und es ist erfrischend zu sehen, dass er sich auch gelegentlich gerne alternativer Methoden bedient, um einen deutlichen Schritt weiterzukommen. In ausgeprägten bis kleineren Nebenrollen sind etliche bekannte Gesichter des damaligen Film und TV zu sehen, wie beispielsweise Albert Bessler, Siegfried Wischnewski, Blandine Ebinger oder Harald Juhnke.
"Der letzte Zeuge" erweist sich durchgehend als abwechslungsreich und brisant, denn der Film macht zahlreiche Angebote in Richtung der Präferenzen des Publikums. Ob es die gut geschilderte Polizei-Arbeit ist, die Versuche der beteiligten Personen, irgendwie wieder diskret aus dieser Sache herauszukommen, der spannende Alleingang von Dr. Fox mit seiner Assessorin, oder möglicherweise das Verfahren an sich, in dem die Hauptverdächtige bloßgestellt wird; man hat es einfach mit einem gut durchdachten und runden Ergebnis zu tun. Im Gerichtssaal entwickelt sich ein Vakuum, welches durch die versteinerten Mienen in diversen Großaufnahmen dokumentiert wird. Jedes Mittel scheint bei dieser einseitigen Beweisführung recht zu sein, und so werden beispielsweise intime Fotos und erotische Fotoserien von Ingrid umher gereicht, und immer wieder wird die vermeintliche Leichtlebigkeit mit dem Zeigefinger angeprangert. Das hohe Gericht jongliert mit Paragraphen, der Richter lässt die Säbel rasseln, wieder einmal sieht man seine Drohgebärden in Großaufnahme. Dies alles wirkt nicht nur überaus klassisch inszeniert, sondern auch mitreißend und spannend. Zurück bleibt eine hervorragende und glasklar aufgebaute Arbeit von Wolfgang Staudte, die den Zuschauer nicht unberührt lässt. Wieder einmal wird somit die Frage aufgeworfen, ob Justitia es anstelle von verbundenen Augen einmal mit einer Lupe versuchen sollte. Bei "Der letzte Zeuge" handelt es sich um einen durch und durch gelungenen Film, mit teilweise spektakulärem Verlauf, der immer wieder sehenswert ist.
Wolfgang Staudtes Beitrag zählt ohne jeden Zweifel zu den Klassikern des deutschen Gerichtsfilms, der es sich nicht nehmen lässt, das Justiz-System und die damalige Gesellschaft kritisch zu betrachten, ohne jedoch vollmundig Wertungen vorzunehmen. Der Aufbau des Films ist in seiner Gestaltung hervorragend ausgefallen und die Thematik wird schraubzwingenartig geschildert. Mit Kindsmord wählte man eines der erschütterndsten Verbrechen von allen aus, sodass sich das Publikum auch vollkommen ohne reißerische Elemente berührt und unmissverständlich angesprochen fühlt und Aufklärung verlangt. Spannung und Tempo wirken im ersten Drittel stark gedrosselt, um dann allerdings ein regelrechtes Überholmanöver zu starten. "Der letzte Zeuge" erweist sich schließlich als ausgezeichneter Gerichtsfilm, der mit seinen hervorragenden Darsteller_innen einen perfekten Verlauf garantiert. Staudte setzt auf wohldosierte, wenn auch harte Akzente. Außerdem bieten alle Charaktere bis in die Kleinstrollen klare Konturen an und in der gesamten Geschichte kommen tatsächlich nur wenige Hoffnungsschimmer zum Vorschein, was dem Film sehr gut steht, da er ohne falsche Untertöne auskommt und man es sich dem prosaischen Charakter entsprechend aufsparte, ein unangebrachtes Happy End anzubahnen, wie es in zeitgenössischen Produktionen leider viel zu oft der Fall war.
Mit Ellen Schwiers wurde ein Besetzungscoup gelandet, da sie aufgrund diverser Besetzungen von zweifelhaften Charakteren nicht über jeden Verdacht erhaben ist. Auch hier wird sie in ein solches Licht gerückt, da sie zunächst als sehr unsympathisch wirkende Frau in den Fokus gebracht wird. Auch die Justiz spricht bei jeder sich bietenden Gelegenheit gerne die »Fragwürdigkeit ihres Lebenswandels« an. Als Kontrast zu der Geliebten ihres Mannes sieht man die stets überzeugende Adelheid Seeck, die alle Tugenden zu vereinen scheint und somit ebenfalls am Bild von Ingrid Bernhardy nagt. Ellen Schwiers spielt wie immer sehr eindrucksvoll, hier überrascht sie mit einem Rundumschlag im Spektrum der Emotionen. Martin Held reiht sich in das Karussell der kontrastreichen Darbietungen ein, er gibt den sachlichen und unempfindlichen Geschäftsmann sehr überzeugend. Jürgen Goslar wirkt im Kreis der Verdächtigen zwar sympathisch, aber man kann eher lange nicht genau einschätzen, wem man trauen sollte, und wem nicht, was sich insgesamt als große Stärke herausstellen wird. Hanns Lothar geht in seiner Rolle als Verteidiger förmlich auf, und es ist erfrischend zu sehen, dass er sich auch gelegentlich gerne alternativer Methoden bedient, um einen deutlichen Schritt weiterzukommen. In ausgeprägten bis kleineren Nebenrollen sind etliche bekannte Gesichter des damaligen Film und TV zu sehen, wie beispielsweise Albert Bessler, Siegfried Wischnewski, Blandine Ebinger oder Harald Juhnke.
"Der letzte Zeuge" erweist sich durchgehend als abwechslungsreich und brisant, denn der Film macht zahlreiche Angebote in Richtung der Präferenzen des Publikums. Ob es die gut geschilderte Polizei-Arbeit ist, die Versuche der beteiligten Personen, irgendwie wieder diskret aus dieser Sache herauszukommen, der spannende Alleingang von Dr. Fox mit seiner Assessorin, oder möglicherweise das Verfahren an sich, in dem die Hauptverdächtige bloßgestellt wird; man hat es einfach mit einem gut durchdachten und runden Ergebnis zu tun. Im Gerichtssaal entwickelt sich ein Vakuum, welches durch die versteinerten Mienen in diversen Großaufnahmen dokumentiert wird. Jedes Mittel scheint bei dieser einseitigen Beweisführung recht zu sein, und so werden beispielsweise intime Fotos und erotische Fotoserien von Ingrid umher gereicht, und immer wieder wird die vermeintliche Leichtlebigkeit mit dem Zeigefinger angeprangert. Das hohe Gericht jongliert mit Paragraphen, der Richter lässt die Säbel rasseln, wieder einmal sieht man seine Drohgebärden in Großaufnahme. Dies alles wirkt nicht nur überaus klassisch inszeniert, sondern auch mitreißend und spannend. Zurück bleibt eine hervorragende und glasklar aufgebaute Arbeit von Wolfgang Staudte, die den Zuschauer nicht unberührt lässt. Wieder einmal wird somit die Frage aufgeworfen, ob Justitia es anstelle von verbundenen Augen einmal mit einer Lupe versuchen sollte. Bei "Der letzte Zeuge" handelt es sich um einen durch und durch gelungenen Film, mit teilweise spektakulärem Verlauf, der immer wieder sehenswert ist.