JACK THE RIPPER - David Wickes

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doobee
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JACK THE RIPPER - David Wickes

Beitrag von doobee »

Jack the Ripper - Das Ungeheuer von London
Jack the Ripper
Grossbritannien 1988
Regie: David Wickes
Michael Caine, Lewis Collins, Armand Assante, Ray McAnally, Ken Bones

London, Whitechapel, 31.08.1888; in der Bucks Row wird die bestialisch zugerichtete Leiche von Mary Ann Nichols gefunden. Ihre Kehle ist bis zum Halswirbel aufgeschlitzt, ihre Gebärmutter und die Nieren wurden entfernt. Obwohl es zuerst wie ein ganz gewöhnlicher wenn auch übertrieben brutaler Nuttenmord aussieht wird Scotland Yard auf den Fall angesetzt. Inspector Frederick Abberline (Michael Caine) und sein Assistent Sergeant George Godley (Lewis Collins) werden beauftragt, der lokalen Polizeibehörde unter die Arme zu greifen. Zuerst gibt es keine Anhaltspunkte ausser dass der Killer über anatomische Kenntnisse verfügen muss und somit Mediziner, Metzger oder Koch sein könnte. Spätestens mit dem Auffinden des zweiten Opfers wird die Stimmung unter der Bevölkerung des East Ends explosiv. Angestachelt von den Artikeln des schmierigen Reporters Bates (Jonathan Moore) gründet der gewalttätige Schläger George Lusk (Michael Gothard) eine Bürgerwehr, welche die Sache in die eigene Hand nimmt und Unschuldige verfolgt und verprügelt. Die Polizei braucht dringend Ergebnisse, wenn das Pulverfass East End nicht explodieren soll. Es gibt auch zunehmend Verdächtige: der manische Hellseher Robert Lees (Ken Bones), Medium der Königin, der sich in die Ermittlungen einmischt weil er Visionen gehabt hat. Der amerikanische Schauspieler Richard Mansfield (Armand Assante), der am Lyceum-Theater den Jekyll/Hyde gibt und mit seiner schauerlichen, extrem realistischen Vorstellung des Monsters Hyde die Zuschauer reihenweise in Ohnmacht fallen lässt. Es gibt auch noch andere Verdächtige, bis hinauf zum Umfeld der Königin selbst. So ist ihr Neffe Kronprinz Albert Victor (Marc Culwick) des Oefteren in zweifelhaften Etablissements in Whitechapel gesehen worden. Unterdessen wütet die Bestie weiter und ihr Blutrausch wird immer schlimmer. Abberline und Godley müssen sie stoppen bevor ein ganzer Stadtteil im Chaos versinkt…

Ursprünglich als Zweiteiler fürs britische Fernsehen gedreht ist dies mit Abstand die beste Verfilmung des Ripper-Themas. Mit knapp 190 Minuten ist sie relativ lang, aber es kommt zu keiner Zeit Langeweile auf. Vielmehr fiebert man mit den Ermittlern mit, die sich verzweifelt an jeden Strohhalm klammern und den verschiedenen Fährten hinterherjagen. Mit ihrer akribisch recherchierten Geschichte und sich konsequent an die historischen Fakten haltend versetzen uns die Autoren und Regisseur David Wickes ins viktorianische London zurück. Eine derartige Liebe zum Detail habe ich noch nie gesehen. Die Kostüme, die Requisiten, die Kulissen und die Filmsets sind äusserst aufwändig und authentisch gestaltet. Sie geben uns ein sehr realistisches Bild wie es im Elendsviertel Whitechapel zu jener Zeit ausgesehen haben muss. Ein schäbiges, vor Dreck starrendes und von Armut geprägtes Höllenloch, wo es von Gaunern und Prostituierten nur so wimmelte und Gewalt an der Tagesordnung war. Sie zeigen uns aber auch das mondäne Londoner West End jener Zeit, mit all dem Prunk der High Society. Gegensätzlicher könnte das Gesicht einer Stadt nicht sein. Kein Wunder dass es immer wieder zu Protesten der Eastender gegen Armut und Arbeitslosigkeit kam, welche am 13.11.1887 am Trafalgar Square im „Bloody Sunday“ gipfelten, als eine Demonstration von der Polizei brutal niedergeknüppelt wurde. In diesen zwei so unterschiedlichen Welten bewegen sich Inspector Abberline und Sergeant Godley auf der Suche nach dem Killer. Ihre Ermittlungen führen sie sowohl in die versifften Kneipen und Bordelle von Whitechapel als auch ins Regierungsviertel Whitehall. Und am Ende überführen sie den Täter. Hier weicht der Film von der Realität ab, denn Jack The Ripper wurde, zumindest offiziell, nie gefasst. Die Theorie der Macher hat aber durchaus Hand und Fuss, sie basiert auf den Originalakten von Scotland Yard und zahllosen Interviews mit namhaften Kriminologen.

Die Schauspieler sind bis auf die kleinsten Nebenrollen brillant besetzt. Da hat man sich grösste Mühe gegeben und keine Kosten und keinen Aufwand gescheut. Das englische Urgestein Michael Caine liefert eine hervorragende Leistung ab. Er spielt den müden, alkoholkranken und dennoch nie kapitulierenden Inspector Abberline sehr facettenreich und mit einer gehörigen Portion Feingefühl. Lewis Collins als Sergeant Godley steht ihm in nichts nach. Er ist der Mann fürs Grobe, der seinem Chef den Rücken freihält und ihn moralisch und auch tatkräftig unterstützt. Den älteren Krimiliebhabern unter uns dürfte Collins noch als Bodie aus der englischen Kult-Serie „Die Profis“ in bester Erinnerung sein. Armand Assante muss auch noch erwähnt werden. Seine Darstellung des dandyhaften, zwielichtigen Richard Mansfield ist ein weiteres Highlight.

Fazit: Ein True-Crime Thriller wie er besser nicht sein könnte. Hervorragend recherchiert und fotografiert, mit ausserordentlich authentischer Atmosphäre und hochkarätiger Besetzung. Ein Meisterwerk! 10/10
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