GESCHICHTEN AUS DER GRUFT - Freddie Francis

Gruselschocker aus Großbritannien, Spanien, Frankreich usw.
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doobee
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Registriert: Mi., 04.11.2020 07:04

GESCHICHTEN AUS DER GRUFT - Freddie Francis

Beitrag von doobee »

Tales from the Crypt
Grossbritannien 1972
Regie: Freddie Francis
Joan Collins, Ian Hendry, Peter Cushing, Richard Greene, Nigel Patrick, Patrick Magee

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Eine Gruppe von Touristen besucht die Katakomben eines Klosters, wo die sterblichen Ueberreste von christlichen Märtyrern ruhen. Fünf Leute verirren sich und landen schliesslich in einer Gruft, wo sie bereits vom unheimlichen Gruftwächter (Ralph Richardson) erwartet werden. Dieser lässt sie einen Blick in die Zukunft werfen und darauf, wozu sie fähig sind:

1. And all through the House

An Heiligabend ermordet Joanne Clayton (Joan Collins) ihren Ehemann Richard (Martin Boddey). Sie will die Tat als Kellertreppensturz kaschieren um die Lebensversicherungssumme kassieren zu können. Während sie ihrem grausigen Handwerk nachgeht versucht im oberen Stock die kleine Tochter Carol (Chloe Franks) einzuschlafen, damit der Weihnachtsmann endlich kommen kann. Dieser taucht schliesslich tatsächlich auf, in Form eines entflohenen geisteskranken Mörders im Weihnachtsmannkostüm…

Leidlich spannende, weil vorhersehbare Geschichte um eine skrupellose Mörderin und deren naives Töchterlein. Die Wohnungseinrichtung ist im 70er-Jahre Stil grellbunt und das Kunstblut von kitschigem hellrot. Joan Collins macht eine ziemlich gute Figur, sie war halt schon immer ein Biest.

2. Reflection of Death

Carl Maitland (Ian Hendry) verabschiedet sich von seiner Frau und seinen Kindern um angeblich auf eine Geschäftsreise zu gehen. In Tat und Wahrheit führt ihn sein Weg direkt zu seiner Geliebten Susan Blake (Angie Grant), mit welcher er durchbrennen will. Auf der Fahrt werden sie in einen Unfall verwickelt. Als Carl aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht ist Susan verschwunden. Schwerverletzt schleppt er sich zu deren Wohnung. Dort wartet eine grauenvolle Ueberraschung auf ihn…

Diese Episode punktet mit einer düsteren Stimmung und gekonnter Kameraführung. Auch das Ende ist viel weniger offensichtlich als bei der ersten Geschichte. Ian Hendry, der im einige Jahre zuvor entstandenen Klassiker „Ekel“ von Roman Polanski als Michael brilliert hatte, weiss auch hier das Publikum zu überzeugen.

3. Poetic Justice

Der alte Arthur Grimsdyke (Peter Cushing) lebt in seinem kleinen Häuschen in einem noblen Villenviertel. Seit seine Frau vor einigen Jahren verstorben ist sind seine einzigen Freuden seine Hunde und die Kinder aus der Nachbarschaft, welche ihn regelmässig besuchen. Er ist ein Dorn im Auge des arroganten James Elliot (Robin Philips) und dessen Vater Edward (David Markham). Sie wollen Grimsdyke loswerden, da er anscheinend nicht zur vornehmen Nachbarschaft passt. Und so sorgt James dafür dass Grimsdyke seine Hunde, seinen Job und den Kontakt zu den Kindern verliert. Als er dann am Valentinstag auch noch beleidigende und bedrohliche Karten zugeschickt bekommt ist das Mass voll und er begeht Selbstmord. Aber auf den Tag genau ein Jahr später kehrt er zurück, mit einem besonders makabren Valentinsgruss im Gepäck…

Dies ist mit Abstand die stärkste Geschichte. Die Ueberheblichkeit und Hinterhältigkeit der Snobs gegen den einfachen, aufrichtigen Menschen wird hier auf besonders drastische Art und Weise geschildert. Wir leiden mit Grimsdyke mit wenn er mit seiner verstorbenen Frau spricht, wenn er nicht versteht, warum man ihm seine Hunde wegnimmt und weshalb ihn die Kinder plötzlich nicht mehr besuchen dürfen. Peter Cushing hat einen grossen Verdienst an der Authentizität dieser Rolle. Ein Jahr zuvor war seine geliebte Frau Helen gestorben und er war ein gebrochener Mann. So hat er, vor allem in den Szenen wo er mit seiner toten Frau spricht, wohl mehrheitlich sein gequältes Innerstes offenbart. Und dies mit gänsehauterzeugender Intensität.

4. Wish you were here

Ralph Jason (Richard Greene) hat sich verspekuliert und sein ganzes Vermögen verloren. Er muss seinen gesamten Besitz veräussern. Dazu gehört auch eine alte chinesische Figur, welche drei Wünsche gewährt aber gleichzeitig warnt diese weise zu nützen, da jeder Wunsch unweigerlich in Erfüllung gehen werde. Ralph’s Frau Enid (Barbara Murray) will die Figur nicht verkaufen sondern wünscht sich ohne zu überlegen unendlich viel Geld. Dies setzt eine Reihe von dramatischen Ereignissen in Gang…

Sehr makabre, rasant erzählt Geschichte, welche die alte Mär vom Wünsche erfüllenden Djin auf erfrischende Art und Weise erzählt. Es ist auch die grafischste Geschichte was den Härtegrad betrifft, wobei die Effekte für heutige Verhältnisse doch etwas angestaubt wirken. Die Darsteller machen ihre Sache sehr gut.

5. Blind Alleys

Ex-Major William Rogers (Nigel Patrick) tritt seine neue Stelle als Direktor des Blindenheims Elmridge an. Schon bald müssen die Bewohner seine Sparmassnahmen über sich ergehen lassen, während er selbst in Saus und Braus lebt. Der Frass wird immer schlechter und erst noch rationiert, die Heizung abgestellt. Als dann ein Bewohner als Folge der unmenschlichen Lebensbedingungen stirbt haben die Männer genug. Unter der Führung des charismatischen George Carter (Patrick Magee) machen sie sich daran, Rogers die Rechnung für seine Schandtaten zu präsentieren…

Was ist die Aussage dieser Geschichte? Ganz sicher dass man Behinderte nicht als Menschen zweiter Klasse ansehen sollte. Dass man mit ein wenig Mitgefühl mehr erreicht als mit militärischer Strenge. Aber auch dass kein Verhalten so schlimm sein kann dass es die an Sadismus kaum zu überbietende Rache der Blinden je rechtfertigen könnte. Die Schauspieler präsentieren sich in guter Form, vor allem Patrick Magee, der über eine beeindruckende Präsenz verfügt.

Die Geschichten dieser vierten Horror-Anthologie von Amicus stammen aus den Comics „The Vault of Horror“, „The Haunt of Fear“ und „Tales from the Crypt“ von William Gaines, welche sich im Amerika der frühen 50er-Jahre grösster Beliebtheit erfreut und zur Zeit der Entstehung des Films schon längst Kultstatus erreicht hatten. Unter der routinierten Regie von Freddie Francis ist ein unterhaltsamer Episodenfilm entstanden, welcher mit durchgängig atmosphärischer Dichte und gepflegtem Gruselvergnügen punkten kann. Hier ist noch nichts zu sehen von den späteren, oft ins Witzige abdriftenden Crypt-Verfilmungen, hier ist noch alles durchaus ernst und düster gehalten. Auch der Cryptkeeper in seiner Mönchskutte ist ein ganz normaler, wenn auch ziemlich unheimlicher Zeitgenosse. Der Film beginnt ganz stark mit dem Vorspann, welcher einen verwitterten Friedhof zeigt, untermalt von den monumentalen Klängen von Bachs Toccata und Fuge in D Moll. Auch die eigentliche Filmmusik von Douglas Gamley ist sehr passend. Noch ein Wort zum Härtegrad: es gibt ein paar grafische Szenen, das Hauptgewicht wurde aber eindeutig auf die Geschichten und nicht auf übertriebene Effekte gelegt.

Fazit: Stimmungsvolle Horror-Anthologie ohne Durchhänger. Empfehlenswert. 7/10

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