"Das düstere Haus" ("Die! Die! My Darling!") (Großbritannien 1965)
mit: Stefanie Powers, Tallulah Bankhead, Peter Vaughan, Yootha Joyce, Maurice Kaufman, Donald Sutherland, Gwendolyn Watts, Robert Dorning, Philip Gilbert u.a. | Drehbuch: Richard Matheson nach dem Roman "Nightmare" von Anne Blaisdell | Regie: Silvio Narizzano
Als die Amerikanerin Patricia mit ihrem zukünftigen Ehemann Alan nach England kommt, will sie der Mutter ihres verstorbenen Verlobten Steven einen Besuch abstatten. Mrs. Trefoile beabsichtigt jedoch, diesen Kondolenzbesuch auszudehnen und die junge Frau auf Herz und Nieren zu prüfen. Als sie merkt, dass Pat einen modernen Lebensstil pflegt, beschließt sie, sie in ihrem Haus gefangen zu halten, um durch die Reinigung ihrer Seele Stevens Platz in der ewigen Herrlichkeit zu sichern....
In den prosperierenden Sechziger Jahren, die in Gestalt von Stefanie Powers in attraktiven Bonbonfarben daherkommen, kommt es zu Konflikten mit der älteren Generation, die einen oder gar zwei Weltkriege miterlebt hat und es oft gar nicht gern sieht, wenn die Jugend den materiellen Wohlstand als selbstverständlich ansieht und damit auch bürgerliche Moralvorstellungen über den Haufen geworfen werden. So richtet das Medium Film den Fokus auch in dieser Produktion auf die Schrecken, die im häuslichen Bereich lauern und zeichnen das Bild einer Frau, die bereits fünf Jahre zuvor als Prototyp der unbarmherzigen Übermutter internationale Erfolge feierte: Mrs. Bates aus "Psycho". Mrs. Trefoile ähnelt ihrer amerikanischen Schwester in so vielen Details, dass selbst Kameraeinstellungen damit kokettieren. Die alleinerziehende Frau, die ihren Sohn behüten und vor negativen Einflüssen schützen will und deren Schuldgefühle ihre restriktive Haltung laufend befeuern. Während man mit Pat leidet und sich ärgert, dass jeder ihrer Ausbruchversuche scheitert, liefert Mrs. Trefoile ein psychologisch interessantes Porträt, das zu Spekulationen verleitet. Der Hinweis auf eine Jugend im glamourösen Rampenlicht - vor ihrer Ehe - und die Tatsache, dass sie mit diesem Leben nach ihrer Heirat radikal brach, zeigen Parallelen zwischen den auf den ersten Blick grundverschiedenen Frauen auf. Es ist denkbar, dass Mrs. Trefoile erst durch ihren Ehemann und seinen frühen Tod einem religiösen Fanatismus verfiel und damit ihre innere Leere kompensieren wollte. Der Glaube an einen strafenden Gott hatte sich bei ihr festgesetzt und verbot ihr jegliche weltlichen Genüsse, wie man in der Szene sieht, in der sie - in einem Moment der Schwäche - zu Lippenstift und Portwein greift.
Freilich zeigen die Fortschritte in der Gehirnforschung Erklärungen über die emotionale Fixierung von Frauen auf Probleme und ihren dringlichen Wunsch, sie bestmöglich zu lösen. Dr. Daniel Amen fand heraus, dass weibliche Gehirne besonders im präfrontalen Cortex und im limbischen Cortex aktiv sind, den Regionen, die Empathie, Intuition, Teamarbeit und Selbstkontrolle regulieren. Gleichzeitig sind Frauen deshalb empfänglicher für die Unfähigkeit, ihre Gedanken abschalten zu können. Am Beispiel von Mrs. Trefoile bedeutet es, dass sie sich nicht von negativen Emotionen und Verhaltensweisen lösen kann und immer mehr Menschen in den Sog nach unten zieht. Sie herrscht über das Haus und seine Bewohner und zelebriert selbst den Gottesdienst. Patricia unterschätzt die Macht ihrer Gastgeberin im naiven Glauben, sich jederzeit frei bewegen zu können und keinem Menschen Rechenschaft schuldig zu sein. Zwei Welten prallen aufeinander und die Sorge des Zusehers drückt sich im ungläubigen Staunen aus, das die junge Frau befällt, als sie merkt, dass sie sich in den Händen einer Psychopathin befindet. Die alte Frau versagt sich selbst die sadistische Freude am Leid ihrer jungen Nebenbuhlerin; diese manifestiert sich in der Gestalt des Hausmeisters, der persönliche Vorteile in der Anwesenheit einer attraktiven Frau sieht und nur zu gern jenen Dingen frönt, die Mrs. Trefoile verteufelt. Seine Frau ist hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, auszubrechen und zu gehorchen und erweist sich als besonders radikal, wenn es um das Quälen des beneideten "Gastes" geht. Der dumbe Gärtner ist eine unberechenbare Figur im grausamen Spiel und dient der Betonung des grassierenden Wahnsinns, der sich an diesem idyllischen Fleckchen wie ein Fieber ausbreitet.
FAZIT: 'Schöne junge Frau geht ahnungslos in die Fänge einer alten Hexe' - dieses Rezept funktionierte bereits zu Zeiten der Volksmärchen hervorragend. Eine verbissen Widerstand leistende Stefanie Powers ringt mit einer sich noch einmal aufbäumenden Tallulah Bankhead, die zeigt, welchen Schaden Altersstarrsinn anrichten kann. Exzellente Kameraführung, herbstlich modernde Schauplätze und eine Anspannung, die bis zur letzten Sekunde anhält, sorgen dafür, dass man der Story wie gefesselt folgt.