HÄNDE VOLLER BLUT - Peter Sasdy

Gruselschocker aus Großbritannien, Spanien, Frankreich usw.
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doobee
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HÄNDE VOLLER BLUT - Peter Sasdy

Beitrag von doobee »

Hände voller Blut
Hands of the Ripper
Grossbritannien 1971
Regie: Peter Sasdy
Eric Porter, Angharad Rees, Jane Merrow, Keith Bell, Derek Godfrey

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Im Jahre 1888 bringt Jack the Ripper seine Frau vor den Augen seiner kleinen Tochter Anna um. Er verabschiedet sich von ihr mit einem Kuss. 15 Jahre später ist Anna (Angharad Rees) bei Mrs. Golding (Dora Bryan) untergekommen, einer Betrügerin, welche den Leuten das Geld aus der Tasche zieht indem sie angeblich mit deren toten Angehörigen in Kontakt treten kann. Gleichzeitig ist sie auch eine Zuhälterin, welche Anna an wohlbetuchte männliche Kundschaft ausborgt. Ein solcher Kunde ist der Parlementsabgeordnete Dysart (Derek Godfrey), welcher nach einer Séance noch ein Weilchen bleibt um sich mit Anna zu vergnügen. Auch der Psychologe Dr. John Pritchard (Eric Porter) und sein Sohn Michael (Keith Bell) waren aus beruflichem Interesse bei dieser Scharade dabei. Als Pritchard vor dem Haus von Mrs. Golding auf eine Droschke wartet ertönen von innen plötzlich Kampfgeräusche. Als er nachsehen geht stürmt ein sichtlich geschockter Dysart aus dem Haus und er findet Mrs. Golding, von einem Schürhaken aufgespiesst, daneben die völlig verstörte Anna. Er nimmt diese bei sich auf, denn er ist überzeugt davon dass sie unter Schizophrenie leidet und will sie mit Hilfe der Freudschen Psychoanalyse heilen. Auch als Anna weitere Morde begeht vertuscht Pritchard diese, denn er ist besessen von der Idee, den Grund für Annas Gewalttätigkeit herauszufinden. Dafür nimmt er sogar die Morde in Kauf. Ein fataler Fehler, denn die Tochter von Jack the Ripper hat die Grenze zwischen Wahn und Wirklichkeit schon längst überschritten….

Hammer wagte sich im Jahre 1971 zum zweiten Mal an das Jack The Ripper-Thema. Schon im Jahre 1950 hatten sie mit „Room to let“ dem mythischen Schlitzer einen Film gewidmet. Bei „Hände voller Blut“ steht aber natürlich nicht Jack im Vordergrund sondern dessen Tochter Anna. Man ist sich nie ganz im Klaren darüber ob sie nun wirklich schizophren oder tatsächlich vom Geist ihres Vaters besessen ist. Eine sehr anspruchsvolle Rolle für die junge Angharad Reese, welche diese mit Bravour gemeistert hat. Ihre Wandlung vom scheuen, braven Mädchen zur mordenden Bestie ist äusserst beeindruckend. Ausgelöst wird diese Verwandlung übrigens durch flackerndes Licht oder wenn sie von jemandem geküsst wird, eine Folge ihres Kindheitstraumas. Dr. Pritchards verzweifelte Versuche dem Mädchen zu helfen sind rührend und egoistisch zugleich. Er, ein glühender Anhänger von Freud, will es seinem Idol gleichtun und den Wahnsinn mit Psychoanalyse ergründen und heilen. Dass er an Anna dabei ganz offensichtlich nicht nur rein berufliches Interesse hat macht die Sache noch tragischer. Nicht mal die bestialischen Morde, bei welchen er teilweise Zeuge ist, bringen ihn von seiner Linie ab. Er ist bereit, skrupellos Menschenleben zu opfern um das zu erreichen, was ihm vorschwebt. Ein zum Scheitern verurteiltes Ansinnen, wie er auf verhängnisvolle Art und Weise erfahren muss. Pritchard ist eine durchaus gespaltene Persönlichkeit, welche Shakespeare-Mime Eric Porter mit sehr realem Leben erfüllt. Porter war ein hervorragender Schauspieler und hat hier den besten seiner raren Leinwandauftritte. Im herzzerreissenden Finale in der St. Pauls Cathedral, einem der besten Showdowns welchen ich je in einem Hammerfilm gesehen habe, beweisen die beiden Schauspieler nochmals auf imponierende Art und Weise ihr grosses Können. Der Film entstand in den Pinewood-Studios, wo noch die alten, viktorianischen Londoner Strassenkulissen aus „Das Privatleben des Sherlock Homes“ standen. Diese wurden für „Hände voller Blut“ wieder verwendet. Sie verleihen dem Streifen eine wunderbar authentische Atmosphäre und lassen ihn aufwändiger erscheinen als er in Tat und Wahrheit war. Die Morde sind übrigens überaus graphisch und blutig dargestellt, sodass man hier von einem frühen Vertreter des Slasher-Films sprechen kann. Die Musik dazu stammt von Christopher Gunning, einem Neuling bei Hammer. Sein wunderschöner, lyrischer Score würde auch gut zu einem romantischen Schmachtfetzen passen, verfehlt aber auch hier seine Wirkung nicht.

Fazit: Grosses Hammer-Kino, einer der letzten wirklich bedeutenden Beiträge dieser legendären Studios im Horrorgenre. 8/10

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