EIN TOTER LACHT ALS LETZTER - Claudio Guerín Hill

Gruselschocker aus Großbritannien, Spanien, Frankreich usw.
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Prisma
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EIN TOTER LACHT ALS LETZTER - Claudio Guerín Hill

Beitrag von Prisma »




Renaud Verley

EIN TOTER LACHT ALS LETZTER


● LA CLOCHE DE L'ENFER / LA CAMPANA DEL INFERNO / EIN TOTER LACHT ALS LETZTER (F|E|1973)
mit Viveca Lindfors, Maribel Martín, Christina von Blanc, Nuria Gimeno, Nicole Vespertini, Saturno Cerra, Erasmo Pascual und Alfredo Mayo
eine Produktion der Les Films de la Boétie | Hesperia Films S.A. | im Verleih der Cinerama Filmgesellschaft
ein Film von Claudio Guerín Hill und Juan Antonio Bardem

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»Der Tod ist nur ein Übergang, meinen Sie nicht?«


Aufgrund eines Komplotts seiner Tante (Viveca Lindfors) und deren drei Töchter (Maribel Martín, Christina von Blanc und Nuria Gimeno), landet John (Renaud Verley) als Erbe eines Millionenvermögens in einer Irrenanstalt. Nach Jahren des Aufenthalts kommt er probeweise auf freien Fuß, bis entschieden ist, ob er das Erbe seiner verstorbenen Mutter antreten kann, oder nicht. Doch John will die kurze Zeit anderweitig nutzen und schmiedet perfide Rachepläne, um seine raffgierige Familie zu vernichten...

Es existieren Filme, die in tragischer Weite Geschichte geschrieben haben, was auch für "Ein Toter lacht als letzter" gilt, da Regisseur Claudio Guerín Hill kurz vor Beendigung seines Films tödlich am Filmset verunglückte. Die Produktion wurde schließlich von seinem Kollegen Juan Antonio Bardem vollendet, und dieser schreckliche Zwischenfall erscheint doppelt tragisch, da es sich bei Guerín Hill um einen sehr ambitionierten und äußerst vielversprechenden Filmemacher gehandelt hat, von dem sicherlich noch mehr zu erwarten gewesen wäre. Diese spanisch-französische Co-Produktion kann einem bestimmten Genre kaum eindeutig zugeordnet werden, da sich zu viele Farbgebungen bekannter Sub-Genres auftun, um ihr Recht der Beachtung einzufordern. Aus blankem Horror kann feine Psychologie werden, aus Psychologie eine Farce, die wiederum so anziehend wirken kann, dass sie die latente Gefahr überlagern wird. Gefahren sind hier zuhauf zu finden und die größten gehen von der unberechenbaren Hauptfigur aus, von der man denkt, dass es schlimm wäre, wenn sie verrückt wäre, aber noch schlimmer, wenn nicht. Der Franzose Renaud Verley prägt ein Geschehen, welches ganz unter dem Schatten einer neu gegossenen Glocke zu stehen scheint. Sein Werdegang scheint bezeichnend und von Hass zersetzt: Die Irrenanstalt lässt er hinter sich, oder sogar umgekehrt, sodass ein Rachefeldzug beginnen kann, der zwischen subtilen Momenten und solchen hin- und herpendelt, die im übertragenen Sinn mit einer Kettensäge eingeleitet werden. Die designierten Opfer erscheinen glücklicherweise wenig sympathisch, können daher auch nicht eindeutig als Protagonisten identifiziert werden, da sich unter ihnen auch Täter verbergen. Super-8-Einblendungen alter Familienfilme erzählen davon, wie alt dieser sich lange nicht entladene Hass wohl schon sein muss, aber Hass ist ein starkes Gefühl - oft stärker als Liebe.

Wo hier einst die Liebe hingefallen war, ist nichts als verbrannte Erde übrig geblieben. Verlaufsweise ist es in dieser Geschichte verdächtig ruhig und geordnet, was allerdings hier und da durch die Todesschreie von Tieren und möglicherweise Menschen gestört wird. In diesem Zusammenhang kommt es zu verstörenden Szenen, die jedoch eine Brücke zu den völlig unberechenbaren oder zerrütteten Psychen der Protagonisten herstellen. Eine zunächst unscheinbare Besetzung entpuppt sich als umwerfende Crew, die den Verlauf nach deren Fasson brandmarkt und immer wieder vorantreibt. Die Schwedin Viveca Lindfors, als Oberhaupt einer nicht zu rettenden Sippschaft, tut alles, um ihre Töchter zu verderben, beziehungsweise auf das toxische Leben vorzubereiten. Hier bekommt man das Ergebnis geboten: die Hölle. Der Film suhlt sich in tristen Farben und stumpfen Emotionen, und Farbtupfer offenbaren sich nur in Form von Blut. Der Grundtenor ist destruktiv und eigentlich völlig trostlos, und dennoch gibt es im inszenatorischen und rein formellen Bereich viel verborgene Schönheit zu entdecken, was über die bloße Anwesenheit der drei Töchter hinausgeht. Diese ungleichen Damen des Szenarios, deren Umgang mit der Situation, beziehungsweise dem Eindringling in ihr vergiftetes Vakuum und verkapselte Welten sehr unterschiedlich ist, ergeben hier hochinteressante Ansatzpunkte und ergeben am Ende schließlich eins. "Ein Toter lacht als letzter" stellt eine sehr ansprechende Variante eines Genre-Konglomerats dar, welches Fans auf mehreren Ebenen ansprechen kann und sicherlich auch wird. Gespickt mit Determination und Überraschungen, kommt es zu bleibenden Eindrücken und eigenartigen Schock-Erlebnissen, die sich in der Erinnerung festsetzen, genau wie die schönen Gesichter von Maribel Martín, Nuria Gimeno und Christine Betzner alias Christina von Blanc, mit denen man auf ungemütliche Szenen zusteuert.

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Sid Vicious
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Re: EIN TOTER LACHT ALS LETZTER - Claudio Guerín Hill

Beitrag von Sid Vicious »

ich habe den Film im November 2021 zu meiner besten Erstsichtung des Monats gekürt. Da ich die Rubrik zu dem Zeitpunkt nicht durch den Zusatz - Außerhalb der Top 10 - eingegrenzt habe, wird mir EIN TOTER LACHT ALS LETZTER außerordentlich gut gefallen haben.
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Prisma
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Re: EIN TOTER LACHT ALS LETZTER - Claudio Guerín Hill

Beitrag von Prisma »

Sid Vicious hat geschrieben:
Fr., 26.05.2023 11:50
wird mir EIN TOTER LACHT ALS LETZTER außerordentlich gut gefallen haben.

Und ich hatte den damals bei Erscheinen nur einmal gesehen und dann beinahe schon vergessen, wie gut er mir gefallen hat. Auch wenn der Titel am Ende letztlich hält, was er verspricht, lacht hier definitiv der Zuschauer als letzter, denn es handelt ich um einen sehr gut durchdachten, ideenreichen und aufwühlenden Film.

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Richie Pistilli
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Re: EIN TOTER LACHT ALS LETZTER - Claudio Guerín Hill

Beitrag von Richie Pistilli »

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Ein Toter lacht als Letzter (D)
Brut des Satans (D - VHS)
Ab in die Hölle (D - VHS)
A due passi da... l'inferno (IT)
La campana del infierno (ES)
La cloche de l'enfer (F)
The Bell of Hell



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Deutsche Erstaufführung: 19.07.1974

Synchronkartei

Italo-Cinema.de

Score: Adolfo Waitzmann

OFDb



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"Juan, man kann einen Tumor nur loswerden, wenn man ihn herausschneidet. Das ist die einzige Lösung."


Und genauso handelt dann auch Tante Marta (Viveca Lindfors), indem sie ihren Neffen Juan (Renaud Verley) per gekauftem Gutachten in eine Nervenheilanstalt zwangseinweisen lässt. Das Ziel dieser perfiden Intrige soll die Entmündigung des vemeintlich wahnsinnigen Mündels sein, um im Anschluss in aller Seelenruhe das rechtmäßige Erbe Juans einstreichen zu können. Doch als Juan eines schönen Tage auf Probe aus der Nervenklinik entlassen wird, wird es für Tante Marta und ihre drei reizenden Töchter (Christina von Blanc, Maribel Martín und Nuria Gimeno) ungemütlich, denn der vermeintlich Irre kehrt auf dem direkten Weg in den Schoß seiner sauberen Verwandschaft zurück. Was folgt, sind nicht nur derbe Späßchen am laufenden Band, die der geistesgestörte Erbe mit seinen Angehörigen veranstaltet, sondern auch ein erbarmungsloser Rachefeldzug, bei dem er seinen zuvor in einem Schlachthof erlernten Fertigkeiten freien Lauf lässt.


Claudio Guerín Hills letztem Film gebührt definitiv Anerkennung, der neben einer guten Regiearbeit sowohl mit einem exzellenten Plot als auch mit überzeugenden Schauspielleistungen punkten kann. Hinzu gesellen sich eine hervorragende Bildgestaltung, für die sich der verdienstvolle Kameramann Manuel Rojas verantwortlich zeigte, sowie eine morbide Atmosphäre des Unbehagens, angesichts derer sich so mancher einschlägiger Filmemacher aus der heutigen Zeit eine gehörige Scheibe abschneiden kann. Des Weiteren bietet der Film prächtige Drehkulissen, die vornehmlich ein unausweichliches Gefühl einer allgegenwärtigen Tristesse vermitteln. Offensichtlich scheint der Name des Hauptprotagonisten je nach Fassung zu variieren, denn neben Juan wird dieser auch als John oder Jean benannt. Was die stimmungsvolle Filmmusik angeht, muss ich jedoch sagen, dass ich in nächster Zeit kein 'Frère Jacques' mehr hören möchte. Und wenn ich den Eintrag in der Synchronkartei richtig interpretiere, dann müssten für dieses gialloeskes Psychodrama zwei deutsche Synchronfassungen angefertigt worden sein. Weiß hier zufällig jemand mehr darüber?


Fazit: Bienen können grausam sein.


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Prisma hat geschrieben:
Fr., 26.05.2023 19:55
Auch wenn der Titel am Ende letztlich hält, was er verspricht, lacht hier definitiv der Zuschauer als letzter, denn es handelt ich um einen sehr gut durchdachten, ideenreichen und aufwühlenden Film.

Genau so sieht es aus! :)

Sid Vicious hat geschrieben:
Fr., 26.05.2023 11:50
ich habe den Film im November 2021 zu meiner besten Erstsichtung des Monats gekürt. Da ich die Rubrik zu dem Zeitpunkt nicht durch den Zusatz - Außerhalb der Top 10 - eingegrenzt habe, wird mir EIN TOTER LACHT ALS LETZTER außerordentlich gut gefallen haben.

Dann scheint bei Dir auch ein baldiges Refresh angesagt zu sein. ;)




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