CAGLIOSTRO - IM SCHATTEN DES TODES - Daniele Pettinari

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Prisma
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CAGLIOSTRO - IM SCHATTEN DES TODES - Daniele Pettinari

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Bekim Fehmiu

CAGLIOSTRO - IM SCHATTEN DES TODES


● CAGLIOSTRO / CAGLIOSTRO - IM SCHATTEN DES TODES (I|1975)
mit Curd Jürgens, Ida Galli, Anna Orso, Luigi Pistilli, Adolfo Lastretti, Rosanna Schiaffino, Robert Alda und Massimo Girotti
eine Produktion der Puttignani
ein Film von Daniele Pettinari

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»Ihr werdet beschuldigt, ein Ketzer zu sein!«


Der italienische Graf Alessandro Cagliostro (Bekim Fehmiu) absolviert ein umfangreiches esoterisches Studium und tritt seitdem als mysteriöser Okkultist und Wunderheiler auf. Bei den einen ist er als Mann der übernatürlichen Kräfte anerkannt, bei anderen als Scharlatan verschrien. Cagliostro beschließt, mit seiner Frau Serafina (Ida Galli) durch Europa zu reisen, um die Armen und Kranken zu heilen. Außerdem ist er geheimes Mitglied einer Gruppe von Revolutionären, die bestimmten Bevölkerungsschichten zur Freiheit verhelfen will. Dies sorgt für breite Unruhe bei Obrigkeit, Feudaladel und Kirche, die über weitere Schritte beraten und somit planen der Papst und Monarchen die Liquidierung des unbequemen Quertreibers...

Großes Thema - großer Film? Beim Blick in die Filmografie des italienischen Gelegenheitsregisseurs Daniele Pettinari offenbart sich schnell, dass es sich bei "Cagliostro - Im Schatten des Todes" um sein cineastisches Debüt handelt und er sich drei Jahre später nur noch für einen weiteren Film verantwortlich zeigen sollte. Von Erfahrenheit kann also schon einmal keine Rede sein, sodass sich die interessanten Frage stellt, was Pettinari mit seiner Reise in die Vergangenheit alles herausschlagen kann; vor allem aber, wie er die prominenten Schauspieler führen wird. Der Film beginnt wie viele seiner Artgenossen mit schnellen Erläuterungen und noch schnelleren Abhandlungen der historischen Thematik und Rahmenbedingungen, die gewisse Erweiterungen, Deutungen oder Aussparungen erfahren. Durch die weitgehend gute Ausstattung, die überzeugenden Charaktere und atmosphärischen Schauplätze, entstehen die Momente, die der Film nötig hat. Wobei es sich tatsächlich verhält, dass man gerade die Spannung wesentlich mehr auf die Spitze hätte treiben können. Empfundenermaßen stellen sich also zu ausladende Phasen ein, die einem Leerlauf in schönen Bildern gleich kommen. Verrat, konspirative Machenschaften und Mord liegen zwar permanent in der Luft, doch Ventile entladen sich einfach zu selten. Die schwache Synchronisation setzt dem Verlauf stark zu und driftet nur allzu häufig ins Oberflächliche, beziehungsweise Bemühte ab, allerdings kann die Musik von Manuel De Sica für die vielen zähen Sequenzen entschädigen. Im Endeffekt lebt "Cagliostro" hauptsächlich von seinen Darstellern und deren präzisen Leistungen, die Akzente setzen, Kontraste bilden und für Aufmerksamkeit sorgen werden, was allerdings nicht heißt, dass die auftauchenden Schwächen vollends weggebügelt werden können. Dennoch ist die schauspielerische Prominenz mehr als beachtlich und ausgewogen.

Bekim Fehmiu zeichnet die Haupt- und Titelrolle sehr angemessen. Genie oder Scharlatan? Die Regie lässt insgesamt weniger Zweifel an Graf Cagliostro aufkommen, als es die geschichtlichen Überlieferungen vielleicht tun, jedoch zeigen sich in diesem Zusammenhang einige sehr intensiv angelegte Szenen, die Fehmiu alleine schon wegen seiner Entschlossenheit, der analytischen, beinahe stechenden Blicke und unerschütterlichen Ruhe aufkommen lässt. Zum mysteriösen Gesamtbild trägt Ida Gallis Darstellung der Gräfin Serafina bei, die eine nahezu mechanische Performance zum Besten gibt und sich in jeder noch so gefährlichen Situation vollkommen im Griff hat. Von Curd Jürgens geht als Kardinal Braschi die gewohnte Dominanz aus. Seine körperlichen Gebrechen hindern den Vertreter des Klerus nicht daran, rücksichtslose Machtkämpfe zu inszenieren, wobei leider betont werden muss, dass man sich gerade in diesem Zusammenhang mehr Brisanz von der Geschichte gewünscht hätte. Prominente Beihilfe leisten des Weiteren beispielsweise Anna Orso als Königin Marie Antoinette, Luigi Pistilli als Kardinal de Rohan, Robert Alda als Papst Clemens XIII. oder Massimo Girotti als Giacomo Casanova. Wunderheilungen, Hohn und Spott, Machtkämpfe sowie die unerbittlichen Machenschaften der Kirche dominieren den Verlauf nachhaltig und insgesamt präsentiert Daniele Pettinari eine gute Mischung zwischen Unterhaltung und Klassik. Vom großen Wurf ist "Cagliostro" allerdings ziemlich weit entfernt, da sich auch zähe Phasen einschleichen und man insbesondere im Kreise der Personen diffuse Zusammenhänge geboten bekommt. Aufgrund der angemessenen Sets, der überdurchschnittlich hohen Dichte an Stars und des zeitweise höher betriebenen Aufwands, ist diese Reise durch die Vergangenheit durchaus einen Blick wert, wenngleich das ganze Spektakel in vielen Bereichen oft zu langatmig und vage ausgefallen ist.



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Prisma
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Re: CAGLIOSTRO - IM SCHATTEN DES TODES - Daniele Pettinari

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● IDA GALLI als SERAFINA CAGLIOSTRO in
CAGLIOSTRO - IM SCHATTEN DES TODES (I|1975)



Fernab von Domänen und charakteristischen Besetzungen war es Ida Galli immer wieder möglich, in unterschiedlichste Rollen zu schlüpfen, wenn sie denn die Möglichkeit dazu erhielt. In "Cagliostro - Im Schatten des Todes" sieht man genau einen solchen Fall und die Italienerin bekleidet in dieser Produktion eine wichtige Rolle, wenngleich man aufgrund der vorhandenen Möglichkeiten eher nur eigentlich sagen kann, denn ihr Charakter fällt in untergeordnete Kategorien, wie übrigens jede andere Figur auch. In Daniele Pettinaris Geschichtsdrama darf es nämlich effektiv nur einen geben, nämlich den Titelhelden Bekim Fehmiu höchstpersönlich. Als Serafina Cagliostro ist Ida Galli als eine Art Sekundantin zu sehen, die ihrem Mann loyal, tatkräftig und bedingungslos zur Seite steht, auch hinsichtlich des bevorstehenden Duells mit verschiedenen Interessengemeinschaften. Erneut macht man sich die zurückhaltende und überaus ernst wirkende Ausstrahlung der Schauspielerin dienstbar, die als Grundvoraussetzung, beziehungsweise Stilmittel zum Tragen kommt. Vielleicht ist dieser Auftritt als Mischung aus dem Lösen der Anforderung und einer ökonomischen Entschlüsselung der Rolle am besten zusammengefasst, sodass die Funktion als Stichwortgeberin nicht negativ ins Gewicht fällt. Galli skizziert die unaufgeregte Pragmatikerin sehr nachhaltig, gibt der Figur aber auch wichtige feminine Nuancen mit auf den Weg. Ihre diskrete Anmut und die auffällige Attraktivität lassen sie gleichermaßen zum Fixpunkt, aber auch zur Gefahr für ihre selbst erklärten Gegner werden. So bäumt sich langsam der Umstand auf, dass sie sich in einer naturgemäßen Gefahr wiederfindet, die von Hochadel und Klerus künstlich fabriziert, forciert und am Leben gehalten wird. Serafina und ihr Mann fallen klassischer Kolportage zum Opfer, die beispielsweise höchstpersönlich von Ihrer Majestät, Königin Marie Antoinette, betrieben wird.

Da ihr die Prophezeiungen des Grafen Cagliostro missfallen haben, greift sie zu außerordentlichen Mitteln. Serafina wird nun ebenfalls zur Zielscheibe, da Frauen in Machtpositionen die anderen mit den gleichen zur Verfügung stehenden Mitteln fürchten. »Und seine Frau, die unterkühlte Gräfin Serafina, ist eine Prostituierte, die Cagliostro aus einem Bordell in Rom geholt hat!« Die Königin findet deutliche Worte, die mehrere Komponenten in einem Ansprechen. Ein Komplott, oder wenn man so will Beseitigungstaktik, wird Serafina Cagliostro in größte Bedrängnis bringen, denn ihre Intelligenz, nicht zu beeinflussende Prinzipien und die natürlichen Waffen einer Frau, von der potentielle Macht und interpretierte Gefahr ausgeht, müssen kaltgestellt werden. Im Film besiegelt ein »Niemals!« das Schicksal der Partnerin der Titelrolle, was gleichzeitig den Startschuss für eine optische Wandlung für Ida Galli darstellt. Die unbarmherzigen Mechanismen der Kirche nehmen ihren unabänderlichen Lauf und in diesem Zusammenhang entstehen auch Gallis stärkste Szenen. Über den kompletten Verlauf wird die Präsenz über ihre durchaus spürbare Aura aufgebaut und sie hat nur wenige Dialoge. Aus diesem Grund zeigt sich die Kamera vornehmlich an ihrem recht emotionslosen Gesicht interessiert und fängt die tatsächlich vorhandene, wenn auch nur äußerliche Unterkühlung der Interpretin sachdienlich ein, jedoch nicht ohne immer wieder verschwiegen darauf hinzuweisen, dass in ihr die starke Flamme der Leidenschaft für ihren Mann und die Sache brennt. Trotz eher unscheinbarer Aktion über den nahezu kompletten Filmverlauf, wird der Italienerin das eindringlich gestaltete Finale gehören, das in ruhiger Dramatik eine Art Animation für den Zuschauer darstellt, um in stiller Anteilnahme mit ihr zu fühlen. Insgesamt handelt es sich also um einen soliden Arbeitssieg für Ida Galli, die vor allem darauf hinweist, dass es lohnenswert ist, auch einmal andere Seiten von ihr kennenzulernen.



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