GLI ANGELI DEL 2000 - Lino Ranieri

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Richie Pistilli
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GLI ANGELI DEL 2000 - Lino Ranieri

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Gli angeli del 2000 (IT)


IT 1969

R: Lino Ranieri
D: Ivano Davoli, Evi Marandi, Gianni Dei, Eleonora Rossi Drago, Franco Citti, Francesca Righini, Antonella Murgia, Maria, Luisa Bavastro, Petra Angeli, Antonietta Fiorito u.a.



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Zensurbericht (it.)

Score: Mario Molino

Italo-Cinema.de

OFDb



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Nach mehreren Jahren im Sumpf des Verbrechens tätig, kommen dem kleinkriminellen Ganoven Marco (Ivano Davoli) allmählich Zweifel an seinem fragwürdigen Lebenswandel und freundet sich daher mit dem Gedanken an, allmählich auszusteigen. Eigentlich träumte er bereits als Teenager von einer Heirat mit seiner Jugendliebe Valeria (Donatella Giannini), mit der er dann ein glückliches und geordnetes Leben geführt hätte. Doch leider kam alles anders als erwartet und Marco landete letztendlich in den Klauen einer römischen Verbrecherbande, die junge orientierungslose Menschen dazu ausnutzt, gegen die Zahlung einer schnellen Lira für sie die Drecksarbeit zu erledigen. Bleibt schließlich nur noch die Frage, wie die beiden Oberschurken Kral (Gianfranco Maggi) und Dory (Eleonora Rossi Drago) auf den unerwarteten Entlassungswunsch reagieren werden.


Bei GLI ANGELI DEL 2000 handelt es sich um eine weitere filmische '68er-Obskurität, für deren Inszenierung sich der Einweg-Regisseur Lino Ranieri verantwortlich zeigte - denn GLI ANGELI stellt sein erste und zugleich auch letzte Regiearbeit dar. Nach einem langwierigen Rechtsstreit mit der staatlichen Zensurbehörde bekam eine leicht gestutze Schnittfassung letztendlich doch noch die benötigte Freigabe, was dem Film aber leider nicht mehr half - denn es war mittlerweile Hochsommer. Dies hatte wiederum zur Folge, dass das Publikum ausblieb und der Film bereits nach kürzester Zeit für die nächsten fünfzig Jahre in der völligen Versenkung verschwand - bis Anfang 2019 wie aus dem Nichts eine zwar farbenleere, aber immerhin noch anschaubare Kopie auftauchte, die vermutlich von einer privaten 35mm-Fassung abgetastet wurde. Ok, so ganz farbentleert war die Fassung dann doch nicht, denn obwohl der Kopie jegliche Restfarben abhanden kamen, blitzte neben ein paar wenigen gelb- und violettlastigen Monocolor-Momenten in den beiden lysergsäurediethylamid-getränkten Rauschszenen urplötzlich eine undefinierbare Farbenpracht hervor, was wiederum darauf schließen lässt, dass der damalige Wirkstoffgehalt verblasste Filmkopien auch heutzutage noch farblich hellauf erleuchten lässt.


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Das eigentliche Thema von GLI ANGELI DEL 2000 handelt von dem Scheitern junger Menschen, die sowohl vom faschistisch geprägten Bildungssystem als auch von den bürgerlichen Konventionen und Moralvorstellungen die Nase gestrichen voll hatten. Der Traum von Freiheit und Unabhängigkeit führte letztendlich dazu, dass ein Teil der aus den ländlichen Gegenden stammenden Jugendlichen ihre Elternhäuser verließen und scharenweise in die italienische Hauptstadt pilgerten - um dort ihr vermeintliches Lebensglück zu finden. Doch leider offenbarte sich der Traum von einem sorgenfreieren Leben oftmals als reine Utopie, denn eine Vielzahl der zugereisten Jugendlichen endete zunächst auf den Straßen Roms, von wo aus sie dann von fleißigen Verbrecherbanden gegen die Zahlung einer schnellen Lira für ihre zweifelhaften Dienste rekrutiert wurden. Die jugendlichen Rekruten von GLI ANGELI 2000 vermöbeln beispielsweise Franco Citti -der einen verwegenen Drogendealer mimt- nicht nur ordentlich den Frack, sondern erleichtern diesen auch noch um seine gesamten LSD-Vorräte, was wiederum dazu führt, dass der mächtig angesäuerte Franco die Heranwachsenden-Gang erfolglos zu jagen beginnt. Die Reaktion auf sein Einmischen bekommt dann wiederum seine Freundin Laura zu spüren, denn nachdem diese von der jugendlichen Schurkengang -zu der auch der markantgesichtige 'Patrick lebt!'-Darsteller Gianni Dei zählt- ordentlich getollschockt wurde, wird sie von ihren jugendlichen Peinigern auch noch alleine -und nackt an einen Baum gefesselt- in der menschenleere Pampa zurückgelassen. Hinzu gesellen sich ausgelassene Partys, jede Menge feine Beatmusik -für die sich übrigens kein Geringerer als Mario Molino verantwortlich zeigte- als auch ein kollektiver LSD-Trip, bei dem dann ordentlich die Restfarben sprießen. Das dargebotene Soundspektrum der Filmmusik reicht von tanzlastigen Psyche-Beats über loungige Soundkost bis hin zu melancholisch angehauchten Melodien, bei denen zart gezupfte Akustikgitarren den Klang angeben. Meine persönlichen Highlights stellen zweifelsfrei Mario Molinos dreiste Kopie des Pierre Henry & Michel Colombier-Klassikers 'Psyché Rock' -mit der der Film gleich im Rahmen eines wilden Partygelages eröffnet wird- als auch sein hammondgeschwängertes Beatgewitter 'Shake Psyco' dar, welches zu meiner größten Freude gleich zweimal seine Verwendung fand.


GLI ANGELI DEL 2000 erzählt aber auch die Geschichte von Marco, einem jungen Mann, der sich zwar aufgrund mehrer Schicksalsschläge letztlich auch irgendwann im kriminellen Milieu Roms wiederfand, aus dem er mittlerweile aber wieder aussteigen möchte. Die Triebfeder seines Umdenkens ist dabei die immer stärker werdende Sehnsucht nach seinem ursprünglichen Lebenstraum, nämlich einem Leben in vermeintlich glückseliger Zweisamkeit. Und wie es der Zufall so will, läuft ihm ausgerechnet in diesem Moment die adrette Angela über den Weg, die ihn zu alledem auch noch an seine schicksalhafte Jugendliebe Valeria erinnert.


Wer jetzt noch etwas mehr über Marco, gnadenlose Jugendbanden, LSD-Reisen, Horrortrips, die weiteren Beteiligten, den Regisseur und der Schere zum Opfer gefallenen Szenen wissen möchte, der kann gerne auf ITALO-CINEMA.de weiterlesen


Fazit: Ein filmisches Kleinod der 68er, das trotz wirkungsschwächender Monocolorfassung und kleineren inszenatorischen Unzulänglichkeiten letztendlich überzeugen konnte.


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Das dreiste 'Psyché Rock'-Plagiat aller Zeiten:


Shake Psyco!




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