AUF ST. PAULI IST DER TEUFEL LOS
● I MAGLIARI / PROFESSION: MAGLIARI / AUF ST. PAULI IST DER TEUFEL LOS (I|F|1959)
mit Belinda Lee, Renato Salvatori, Alberto Sordi, Nino Vingelli, Aldo Giuffrè, Aldo Bufi Landi, Nino Di Napoli,
Jacqueline Vandal, Josef Dahmen, Else Knott, Salvatore Cafiero, Carmine Ippolito, Pasquale Cennamo, u.a
eine Produktion der Titanus | Vides Cinematografica | S. G. C. | im Lehmacher Filmverleih
ein Film von Francesco Rosi
»Hier ist ganz Italien vertreten...«
Der aus der Toskana stammende und kurz vor der Pleite stehende Mario Balducci (Renato Salvatori) folgt dem Ruf des Wirtschaftswunderlandes und begibt sich nach Norddeutschland. Allerdings fliegen ihm die gebratenen Tauben nicht wie erhofft in den Mund, sodass die Sorge um die eigene Existenz weiter geht. Der Trickbetrüger Tortonno (Alberto Sordi) nimmt sich seiner an und fungiert als Mentor, doch es stellt sich langsam aber sicher heraus, dass Mario aus ehrlichem Holz geschnitzt ist. Als er Paula (Belinda Lee), die Frau eines von Tortonnos Auftraggebern (Josef Dahmen) kennenlernt und sich eine leidenschaftliche Liaison anbahnt, fangen die Probleme erst an. Nach und nach bekommen es die italienischen Vertreter mit harter Konkurrenz auf St. Pauli zu tun, sodass es zu Revierkämpfen kommt, und zu allem Überfluss wird Mario wegen seines Verhältnisses zur schönen Paula aus den eigenen Reihen erpresst...
Der deutsche Titel von Francesco Rosis vielschichtigem Sozialdrama wird der Richtung und Intention des Films im Grunde genommen nicht gerecht, es sei denn man deutet einen Hauch Ironie in die Namensgebung, die St. Pauli als Lockvogel benutzt, um ein breiteres oder sensationslustiges Publikum anzusprechen. Nimmt man den Titel wortwörtlich, so verspricht er auf gewisse Intervalle bezogen bestimmt nicht zu viel, trifft allerdings nicht den bitteren Kern der Angelegenheit. Es geht um eine Reihe italienischer Gastarbeiter, die sich mehr schlecht als recht durchzuschlagen wissen, da sie im Kollektiv unterdrückt werden. So wirken die Charaktere ziemlich verloren im berüchtigten Wirtschaftswunderland, das unter Umständen zwar seine Möglichkeiten anbietet, aber auch nach eigenen, sehr harten Gesetzen funktioniert. Der italienische Titel "I magliari", was etwa so viel wie Stoffhändler bedeutet, verweist schlicht auf ein Scheindasein, bei dem man trotz der Gruppe auf sich alleine gestellt ist. Hierbei sind kleinere Betrügereien an der Tagesordnung, die jeder so gut es geht auch beherrschen sollte, um die Leute Gewinn bringend aufs Kreuz zu legen. Die teils zweifelhaften Protagonisten wirken dabei eigenartig sympathisch, bis sich im weiteren Geschehen die Spreu vom Weizen trennt. Falls man nochmals auf den deutschen Namen der Produktion zurückkommt, deutet sich eine halbseidene Welt an, die als guter Nährboden für derartige Geschäfte dient, außerdem ist in gewissen Sequenzen tatsächlich der Teufel los, wenn man verhaltene Blicke in die Gefühlswelten der Beteiligten gewährt bekommt, die stets Fremde bleiben werden, egal was sie auch tun. Die Hauptfiguren sprechen in neapolitanischem Dialekt, der eine Hektik aber auch prinzipielle Lebensfreude durchschimmern lässt und in Deutsch untertitelt ist. Interessant ist, dass Regisseur Rosi eine gute Gewichtsverlagerung bezüglich der gezeigten Milieus gelingt, außerdem für viel Verständnis werben kann, auch wenn gerade keiner spricht. Hierbei leisten die Darsteller Pionierarbeit, die ihre unterschiedlichen Ambitionen und Charaktereigenschaften deutlich herausarbeiten, ohne allerdings zu isoliert voneinander zu wirken. Über allem steht jedoch buchstäblich die Strahlkraft einer Belinda Lee.
In "Auf St. Pauli ist der Teufel los" schwingt viel Melancholie und Sehnsucht mit, was sich nicht nur auf das Heimatland der Protagonisten beziehen will, sondern vor allem auf die unerfüllten Wünsche der Hauptfiguren. Die schöne und voller Leben wirkende Belinda Lee steht sinnbildlich für derartige Eindrücke, wo hingegen die Männer-Riege vor allem für die mit Problemen behaftete Realität steht. Bei Mario wirkt es bis zum Auftauchen von Paula so, als sei er vollkommen verloren in einem Land, dessen Sprache, Regeln und Leute er nicht versteht. So glaubt man schließlich, Heimweh erkennen zu können und einen eigentlich von Grund auf guten Kerl, dem es zuwider ist, andere Leute betrügen zu müssen. Aber der alltägliche Kampf ums Überleben rückt Prinzipien und moralische Grundsätze ganz schnell in die zweite Reihe. Francesco Rosi fährt eine brillant ineinander übergreifende Doppelstrategie bezüglich der Handlungsstränge, und die Fülle von Zeit- und Lokalkolorit sorgt für hochwertige aber auch konträre Eindrücke, die schmeichlerisch schön und liebevoll verträumt, bis hin zu brutal deutlich und beklemmend eng wirken. Wer auf St. Pauli seine große Liebe finden will, kann dem Vernehmen nach lange suchen, allerdings sorgen die Hauptfiguren Belinda Lee und ihr Partner Renato Salvatori für gegensätzliche Fährten, die sich in der nebligen Hafenluft und den charakteristischen Hafengeräuschen treffen und verlaufen werden. Zu unsicher ist das Pflaster, auf dem man sich traumwandlerisch bewegt, zu echt ist die Umgebung, als dass sie etwas anderes widerspiegeln könnte als die blanke Realität, und zu surreal ist die Verbindung, als dass sie auf Dauer halten könnte. Paula und Mario belehren den skeptischen Zuschauer eines Besseren und man wartet förmlich auf das nahende Licht am Ende des Tunnels, das genauso gut ein entgegen kommender Zug sein könnte. "Auf St. Pauli ist der Teufel los" schildert eine von vielen tragischen Geschichten rund um Heim-und Fernweh, berichtet gestochen scharf über die Unverbindlichkeit des nebeneinander Herlebens, prangert leise die Mechanismen gesellschaftlicher Spaltungen an und beweist mit einfachen Mitteln, dass es sich um einen stilistisch und inszenatorisch hochwertigen Beitrag handelt, der leider etwas in Vergessenheit geraten ist.
Der deutsche Titel von Francesco Rosis vielschichtigem Sozialdrama wird der Richtung und Intention des Films im Grunde genommen nicht gerecht, es sei denn man deutet einen Hauch Ironie in die Namensgebung, die St. Pauli als Lockvogel benutzt, um ein breiteres oder sensationslustiges Publikum anzusprechen. Nimmt man den Titel wortwörtlich, so verspricht er auf gewisse Intervalle bezogen bestimmt nicht zu viel, trifft allerdings nicht den bitteren Kern der Angelegenheit. Es geht um eine Reihe italienischer Gastarbeiter, die sich mehr schlecht als recht durchzuschlagen wissen, da sie im Kollektiv unterdrückt werden. So wirken die Charaktere ziemlich verloren im berüchtigten Wirtschaftswunderland, das unter Umständen zwar seine Möglichkeiten anbietet, aber auch nach eigenen, sehr harten Gesetzen funktioniert. Der italienische Titel "I magliari", was etwa so viel wie Stoffhändler bedeutet, verweist schlicht auf ein Scheindasein, bei dem man trotz der Gruppe auf sich alleine gestellt ist. Hierbei sind kleinere Betrügereien an der Tagesordnung, die jeder so gut es geht auch beherrschen sollte, um die Leute Gewinn bringend aufs Kreuz zu legen. Die teils zweifelhaften Protagonisten wirken dabei eigenartig sympathisch, bis sich im weiteren Geschehen die Spreu vom Weizen trennt. Falls man nochmals auf den deutschen Namen der Produktion zurückkommt, deutet sich eine halbseidene Welt an, die als guter Nährboden für derartige Geschäfte dient, außerdem ist in gewissen Sequenzen tatsächlich der Teufel los, wenn man verhaltene Blicke in die Gefühlswelten der Beteiligten gewährt bekommt, die stets Fremde bleiben werden, egal was sie auch tun. Die Hauptfiguren sprechen in neapolitanischem Dialekt, der eine Hektik aber auch prinzipielle Lebensfreude durchschimmern lässt und in Deutsch untertitelt ist. Interessant ist, dass Regisseur Rosi eine gute Gewichtsverlagerung bezüglich der gezeigten Milieus gelingt, außerdem für viel Verständnis werben kann, auch wenn gerade keiner spricht. Hierbei leisten die Darsteller Pionierarbeit, die ihre unterschiedlichen Ambitionen und Charaktereigenschaften deutlich herausarbeiten, ohne allerdings zu isoliert voneinander zu wirken. Über allem steht jedoch buchstäblich die Strahlkraft einer Belinda Lee.
In "Auf St. Pauli ist der Teufel los" schwingt viel Melancholie und Sehnsucht mit, was sich nicht nur auf das Heimatland der Protagonisten beziehen will, sondern vor allem auf die unerfüllten Wünsche der Hauptfiguren. Die schöne und voller Leben wirkende Belinda Lee steht sinnbildlich für derartige Eindrücke, wo hingegen die Männer-Riege vor allem für die mit Problemen behaftete Realität steht. Bei Mario wirkt es bis zum Auftauchen von Paula so, als sei er vollkommen verloren in einem Land, dessen Sprache, Regeln und Leute er nicht versteht. So glaubt man schließlich, Heimweh erkennen zu können und einen eigentlich von Grund auf guten Kerl, dem es zuwider ist, andere Leute betrügen zu müssen. Aber der alltägliche Kampf ums Überleben rückt Prinzipien und moralische Grundsätze ganz schnell in die zweite Reihe. Francesco Rosi fährt eine brillant ineinander übergreifende Doppelstrategie bezüglich der Handlungsstränge, und die Fülle von Zeit- und Lokalkolorit sorgt für hochwertige aber auch konträre Eindrücke, die schmeichlerisch schön und liebevoll verträumt, bis hin zu brutal deutlich und beklemmend eng wirken. Wer auf St. Pauli seine große Liebe finden will, kann dem Vernehmen nach lange suchen, allerdings sorgen die Hauptfiguren Belinda Lee und ihr Partner Renato Salvatori für gegensätzliche Fährten, die sich in der nebligen Hafenluft und den charakteristischen Hafengeräuschen treffen und verlaufen werden. Zu unsicher ist das Pflaster, auf dem man sich traumwandlerisch bewegt, zu echt ist die Umgebung, als dass sie etwas anderes widerspiegeln könnte als die blanke Realität, und zu surreal ist die Verbindung, als dass sie auf Dauer halten könnte. Paula und Mario belehren den skeptischen Zuschauer eines Besseren und man wartet förmlich auf das nahende Licht am Ende des Tunnels, das genauso gut ein entgegen kommender Zug sein könnte. "Auf St. Pauli ist der Teufel los" schildert eine von vielen tragischen Geschichten rund um Heim-und Fernweh, berichtet gestochen scharf über die Unverbindlichkeit des nebeneinander Herlebens, prangert leise die Mechanismen gesellschaftlicher Spaltungen an und beweist mit einfachen Mitteln, dass es sich um einen stilistisch und inszenatorisch hochwertigen Beitrag handelt, der leider etwas in Vergessenheit geraten ist.