ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
- Dschallogucker
- Beiträge: 519
- Registriert: Do., 10.12.2020 14:02
Re: ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
Ich konnte nichts zoomen, geht vielleicht nur bei hochwertigen Modellen, keine Ahnung. War aber auch nicht tragisch, die Langversion hatte überhaupt keine Balken.
- Richie Pistilli
- Beiträge: 3627
- Registriert: Sa., 31.10.2020 17:25
- Wohnort: Provinzmetropole an Rhein und Mosel
- Kontaktdaten:
Re: ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
Ich habe sie gut gekannt (D)
Io la conoscevo bene (IT)
Je la connaissais bien (F)
Yo la conocía bien (ES)
I Knew Her Well
IT / D / F 1965
R: Antonio Pietrangeli
D: Stefania Sandrelli, Nino Manfredi, Ugo Tognazzi, Enrico Maria Salerno, Franco Nero, Robert Hoffmann, Joachim Fuchsberger, Karin Dor, Mario Adorf, Véronique Vendell, Solvi Stubing, Jean-Claude Brialy, Franco Fabrizi, Paolo Pietrangeli u.a.
Deutsche Erstaufführung: 08.06.1966
Synchronkartei
Filmportal
Schnittbericht
Italo-Cinema.de
Score: Piero Piccioni & Benedetto Ghiglia
OFDb
"Was kann man mit einem Mädchen anfangen, das mit allem zufrieden ist? Sie sucht nichts, sie ist nicht zu überraschen, sie spürt keine Niederlage - und deshalb ist sie wirklich ein armes Geschöpf. Jeden Tag mit einem anderen zu schlafen, ohne zu wissen, was man will. Sie frisst alles in sich hinein, ohne dass sie irgend etwas in sich aufnehmen würde. Ihre Ambitionen sind gleich null. Moral, Fehlanzeige. Auch das Geld interessiert sie nicht, weil sie nicht einmal eine echte Dirne ist. Für sie gibt es kein Gestern und kein Morgen. Sie lebt noch nicht einmal von einem Tag auf den anderen, denn das würde sie bereits zwingen, mit sich ins Reine zu kommen. Also hält sie die Dummheit des Augenblicks für die Ewigkeit. Sie sonnt sich, sich tanzt, sie hört Platten und der Rest, das ist auffälliges Gebaren, das ist Geschwätz. Und warum? Sie hält das für eine Patentlösung, alles zu bewältigen zu können. Sie bewältigt auch alles, nur nicht sich selbst."
Zwar treffen diese harschen Worte aus dem Munde Joachim Fuchsbergers im Großen und Ganzen des Pudels Kern, vernachlässigen dabei aber dennoch weitere wichtige Faktoren wie beispielsweise die toxische Männlichkeit des machtgierigen Geschlechts , die das Leben der unbedarften jungen Frau im freiwillig betretenen Haifischbecken der grausamen Filmindustrie nach und nach zur Hölle machen. Einzig der von Mario Adorf verkörperte Boxer, der schon den Duft von sämtlichen Brettern der nahe gelegenen Boxclubs vernommen hat, strahlt zumindest im Vergleich zu seinen schäbigen Kontrahenten so etwas wie menschliche Wärme aus.
Bin von dem Film ein jedes Mal wieder aufs Neue begeistert, der sowohl mit einer unfassbar guten Schauspielerriege auftrumpft als auch stets durch seine mitreißenden Bildkompositionen beeindruckt. Die Filmmusik von Piero Piccioni und Benedetto Ghiglia gefällt mir ebenfalls.
Filmplakate:
► Text zeigen
Score:
► Text zeigen
Der prägnanteste Unterschied zwischen der Italienischen Originalfassung und der deutschen Kinofassung betrifft übrigens den Titelvorspann:
Weitere Fassungsunterschiede können im entsprechenden Schnittbericht ersehen werden:
https://www.schnittberichte.com/schnitt ... ?ID=507388
Bildvergleich zwischen der italienischen Originalfassung und der deutschen Kinofassung:
► Text zeigen
Italienischer Tiitelvorspann:
Re: ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
Richie Pistilli hat geschrieben: ↑So., 11.09.2022 16:06"Was kann man mit einem Mädchen anfangen, das mit allem zufrieden ist? Sie sucht nichts, sie ist nicht zu überraschen, sie spürt keine Niederlage - und deshalb ist sie wirklich ein armes Geschöpf. Jeden Tag mit einem anderen zu schlafen, ohne zu wissen, was man will. Sie frisst alles in sich hinein, ohne dass sie irgend etwas in sich aufnehmen würde. Ihre Ambitionen sind gleich null. Moral, Fehlanzeige. Auch das Geld interessiert sie nicht, weil sie nicht einmal eine echte Dirne ist. Für sie gibt es kein Gestern und kein Morgen. Sie lebt noch nicht einmal von einem Tag auf den anderen, denn das würde sie bereits zwingen, mit sich ins Reine zu kommen. Also hält sie die Dummheit des Augenblicks für die Ewigkeit. Sie sonnt sich, sich tanzt, sie hört Platten und der Rest, das ist auffälliges Gebaren, das ist Geschwätz. Und warum? Sie hält das für eine Patentlösung, alles zu bewältigen zu können. Sie bewältigt auch alles, nur nicht sich selbst."
Interessant dass dein Bezug zu Joachim Fuchsberger gerade heute an seinem achten Todestag kommt. Wenn man diesen Monolog nochmal so vor Augen hat - der übrigens sinnbildlich für die hervorragende Dialogarbeit des Films ist - und während des Verlaufs nicht visuell von Stefania Sandrelli abgelenkt wird, die in diesem Intervall mitunter am atemberaubendsten eingefangen wurde, ist die Art und Weise schon bemerkenswert, was einem vielleicht erst hinterher auffallen will, wenn Adriana alle ihre maskulinen Stationen, beziehungsweise Flops hinter sich hat. Vor allem ungewöhnlich für Joachim Fuchsberger als Schauspieler, aber ebenso in der Direktheit, die nur Anwendung findet, weil er genau weiß, dass sich seine Zuhörerin nicht wehren wird. Doppelt gut übrigens, dass du gerade heute über Fuchsberger geschrieben hast, denn bei der Gelegenheit ist mir eingefallen, dass ich da noch eine längst vergessene Rollen-Besprechung habe.
Ansonsten ist es auch wirklich tragisch, dass Mario Adorf hier die einzige integre männliche Person des Szenarios bleiben wird, die sich nicht über Adriana erheben wird, das war mir gar nicht mehr so bewusst.
Ansonsten ist es auch wirklich tragisch, dass Mario Adorf hier die einzige integre männliche Person des Szenarios bleiben wird, die sich nicht über Adriana erheben wird, das war mir gar nicht mehr so bewusst.
- Richie Pistilli
- Beiträge: 3627
- Registriert: Sa., 31.10.2020 17:25
- Wohnort: Provinzmetropole an Rhein und Mosel
- Kontaktdaten:
Re: ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
Oh, das war mir gar nicht bewusst.
Es handelte sich dann wohl um eine innere Eingebung, als ich heute Vormittag planlos vor dem Filmregal stand...
Einfach nur schäbig, was Herr Fuchsberger mit der zu diesem Zeitpunkt bereits unbewusst gebeutelten Stefania Sandrelli veranstaltet.
Sein erbärmliches Verhalten, das er ihr letztendlich gegenüber an den Tag legt, macht die Sache gerade bei ihm verwerflich, denn er verleiht seiner hoch moralischen Gefährderansprache im Nachgang eine abgrundtiefe Doppelbödigkeit, bevor auch er ruchlose Taten folgen lässt.
Getreu dem Motto: Alles Schufte außer Mario
- Dschallogucker
- Beiträge: 519
- Registriert: Do., 10.12.2020 14:02
Re: ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
Naja, den Automechaniker muss man aber auch dazurechnen. Adriana hat ihn abblitzen lassen, er war ihr wohl nicht gut genug.Ansonsten ist es auch wirklich tragisch, dass Mario Adorf hier die einzige integre männliche Person des Szenarios bleiben wird, die sich nicht über Adriana erheben wird, das war mir gar nicht mehr so bewusst.
Dafür wollte sie naiverweise den Hotelbetrüger nochmal sehen.
- Richie Pistilli
- Beiträge: 3627
- Registriert: Sa., 31.10.2020 17:25
- Wohnort: Provinzmetropole an Rhein und Mosel
- Kontaktdaten:
Re: ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
Dschallogucker hat geschrieben: ↑So., 11.09.2022 22:07Naja, den Automechaniker muss man aber auch dazurechnen. Adriana hat ihn abblitzen lassen, er war ihr wohl nicht gut genug.Ansonsten ist es auch wirklich tragisch, dass Mario Adorf hier die einzige integre männliche Person des Szenarios bleiben wird, die sich nicht über Adriana erheben wird, das war mir gar nicht mehr so bewusst.
Dafür wollte sie naiverweise den Hotelbetrüger nochmal sehen.
Letztendlich hat sie den jungen Franco aber nicht abblitzen lassen, denn meines Erachtens war ihr 'Blick' in dieser Situation eindeutig.
Ok, ihn kann man aber dennoch zu den eher unaufdringlichen Vertretern der Gattung 'Mann' zählen. Da hast Du recht.
Re: ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
Dschallogucker hat geschrieben: ↑So., 11.09.2022 22:07Naja, den Automechaniker muss man aber auch dazurechnen.
Stimmt, an ihn habe ich schon gar nicht mehr gedacht, aber ich würde auch zustimmen, dass er nicht au eine Stufe mit gewissen anderen Herren zu stellen ist.
Re: ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
Richie Pistilli hat geschrieben: ↑So., 11.09.2022 21:48Es handelte sich dann wohl um eine innere Eingebung, als ich heute Vormittag planlos vor dem Filmregal stand...
Der 11. September ist bei Fuchsberger ein interessantes Datum. Es ist nicht nur sein Todestag, sondern er konnte am 11. September 1972 als Stadionsprecher bei den Olympischen Spielen in München eine Massenpanik verhindern.
Richie Pistilli hat geschrieben: ↑So., 11.09.2022 21:48Einfach nur schäbig, was Herr Fuchsberger mit der zu diesem Zeitpunkt bereits unbewusst gebeutelten Stefania Sandrelli veranstaltet.
Sein erbärmliches Verhalten, das er ihr letztendlich gegenüber an den Tag legt, macht die Sache gerade bei ihm verwerflich, denn er verleiht seiner hoch moralischen Gefährderansprache im Nachgang eine abgrundtiefe Doppelbödigkeit, bevor auch er ruchlose Taten folgen lässt.
Bemerkenswert vor allem, dass Fuchsberger im deutschen Film nur selten Gelegenheiten wie diese geboten bekam, auch einmal etwas anderes als nur seine obligatorischen Rollen als Sympathieträger zu spielen. Ähnliches gilt ja für Karin Dors Performance, die man hier so vollkommen konträr aber ebenso überzeugend wahrnehmen kann. Da sieht man, dass eben der italienische Film für sowas einspringen muss.
Re: ICH HABE SIE GUT GEKANNT - Antonio Pietrangeli
● JOACHIM FUCHSBERGER als DER SCHRIFTSTELLER in
ICH HABE SIE GUT GEKANNT (I|D|F|1965)
»Du schreibst viel, he?«, wird der Schriftsteller von seiner jungen, zufrieden wirkenden Freundin gefragt und er antwortet kurz angebunden und nüchtern lediglich mit: »Wie alle die nichts zu sagen haben«. Stefania Sandrelli und Joachim Fuchsberger spielen in einem der vielen kurzen Fragmente in "Ich habe sie gut gekannt" zusammen und es entwickelt sich eine beinahe erstaunliche Eigendynamik, die aber ohnehin oberstes Gebot dieses Films sein wird. Joachim Fuchsberger kommt gerade aus dem Bad als Adriana aufgewacht ist. Diese Szene ist zwar für den Zuschauer neu, doch man bemerkt schnell, dass sie sich genau so, schon dutzendfach abgespielt haben muss. Adriana löchert ihren offenbar wesentlich älteren Liebhaber mit beiläufigen Fragen, der Intellektuelle wird mit den impulsiven Gedanken seines schönen Spielzeugs, beziehungsweise seines Zeitvertreibs behelligt und dementsprechend wird sie mit paraphrasierenden Predigten konfrontiert, die allerdings an ihr vorüber gehen, weil sie sie aus unterschiedlichen Gründen gar nicht erreichen können, obwohl sie stellvertretend die Universal-Adressatin ist. Dieser längere Dialog wird von Joachim Fuchsberger zu einem Monolog ausgestaltet: »Was kann man mit einem Mädchen anfangen das mit allem zufrieden ist? Alle folgenden Worte sind bei genauem Hinhören wie Torpedos angelegt, die Fausto im Sinne seiner Anklage genau platziert. In seinen Augen sind Frauen wie Adriana Huren, die er verachtet, weil sie sich so leicht hergeben, aber ganz offensichtlich sein Lebenselixier darstellen, da der Schriftsteller von Eitelkeit und möglicherweise Komplexen zerfressen ist. Daher wirkt eine Frau wie Adriana wie ein Spiegel, der dauerhaft zu unbequem werden könnte. Egal wie hart die Anklage auch sein wird, die Antwort lautet ganz unkritisch: »Wie schön du reden kannst!« Fausto scheint keine materiellen Sorgen zu haben und kann sich aufgrund seines Standes wohl viel erlauben, auch bei anderen Frauen, die sein Bett höchstwahrscheinlich wärmen.
Dennoch schwingt eine unterschwellige Unzufriedenheit mit sich selbst und dem Leben mit. Verantwortlich sind halt die Frauen, die Männer wie ihn anziehen, genau wie es umgedreht der Fall zu sein scheint. Somit handelt es sich um eine sich immer wieder selbst erzählende Geschichte, die von ihm als Schriftsteller selbst sein könnte, aber die wird vom Leben selbst geschrieben. Zwar waren diese Sätze sehr allgemein gehalten und man philosophiert über ein Mädchen, das einen anderen Namen trägt, doch gemeint ist Adriana, die die versteckte Kritik erst spät begreift und dies allerdings auf einer vollkommen anderen Ebene. Diese interessante Figur des Schriftstellers wird von Joachim Fuchsberger in diesen leider viel zu kurzen Momenten außergewöhnlich gut gestaltet und klassisch strukturiert, es wirkt aufgrund der Anlegung der Figur wie eine kleine Ausnahmeerscheinung innerhalb seines filmischen Schaffens. Der Mann der mehr einfach will kritisiert diese unverbindliche Konstellation in all ihrer Oberflächlichkeit, doch das Vergnügen an sich und die vielen Annehmlichkeiten die daraus resultieren, rechtfertigen sein eigenes Verhalten immer wieder aufs Neue. Aus seinen Worten hört man heraus, dass er genau diesen makellosen Körper, diese schöne Hülle mit mehr Geist, Eloquenz oder Intellekt ausgestattet haben wollte, aber nicht mit weniger Leben und Dienstbarkeit in Kauf nehmen würde. Am Ende der Szene wirkt Adriana sichtlich gekränkt und es wird mehr als deutlich, dass sie sich durch seine Worte wie eine Hure fühlen muss. Um die Situation noch irgendwie zu entschärfen, wirkt der Schriftsteller plötzlich liebevoll und zärtlich, aber lediglich deswegen, weil er auf kommende intime und vollkommen ausgelassene, aber möglicherweise auch enervierende Momente keinesfalls verzichten möchte. Am Ende handelt es sich bei dieser kurzen aber hochinteressanten Rolle um eine besondere Facette mit Seltenheitscharakter, die auf Joachim Fuchsberger bezogen überaus konträr zu seinen sonstigen Leistungen steht.
Dennoch schwingt eine unterschwellige Unzufriedenheit mit sich selbst und dem Leben mit. Verantwortlich sind halt die Frauen, die Männer wie ihn anziehen, genau wie es umgedreht der Fall zu sein scheint. Somit handelt es sich um eine sich immer wieder selbst erzählende Geschichte, die von ihm als Schriftsteller selbst sein könnte, aber die wird vom Leben selbst geschrieben. Zwar waren diese Sätze sehr allgemein gehalten und man philosophiert über ein Mädchen, das einen anderen Namen trägt, doch gemeint ist Adriana, die die versteckte Kritik erst spät begreift und dies allerdings auf einer vollkommen anderen Ebene. Diese interessante Figur des Schriftstellers wird von Joachim Fuchsberger in diesen leider viel zu kurzen Momenten außergewöhnlich gut gestaltet und klassisch strukturiert, es wirkt aufgrund der Anlegung der Figur wie eine kleine Ausnahmeerscheinung innerhalb seines filmischen Schaffens. Der Mann der mehr einfach will kritisiert diese unverbindliche Konstellation in all ihrer Oberflächlichkeit, doch das Vergnügen an sich und die vielen Annehmlichkeiten die daraus resultieren, rechtfertigen sein eigenes Verhalten immer wieder aufs Neue. Aus seinen Worten hört man heraus, dass er genau diesen makellosen Körper, diese schöne Hülle mit mehr Geist, Eloquenz oder Intellekt ausgestattet haben wollte, aber nicht mit weniger Leben und Dienstbarkeit in Kauf nehmen würde. Am Ende der Szene wirkt Adriana sichtlich gekränkt und es wird mehr als deutlich, dass sie sich durch seine Worte wie eine Hure fühlen muss. Um die Situation noch irgendwie zu entschärfen, wirkt der Schriftsteller plötzlich liebevoll und zärtlich, aber lediglich deswegen, weil er auf kommende intime und vollkommen ausgelassene, aber möglicherweise auch enervierende Momente keinesfalls verzichten möchte. Am Ende handelt es sich bei dieser kurzen aber hochinteressanten Rolle um eine besondere Facette mit Seltenheitscharakter, die auf Joachim Fuchsberger bezogen überaus konträr zu seinen sonstigen Leistungen steht.