Maddalena (IT)
Maddalena (F)
Madalena a Pecadora (POR)
The Devil in Maddalena
IT / JUG 1971
R: Jerzy Kawalerowicz
D: Lisa Gastoni, Eric Woolfe, Umberto Orsini, Ivo Garrani, Nando Gazzolo, Paolo Bonacelli, Ernesto Colli, Ermelinda De Felice, Vera Drudi, Pietro Fumelli u.a.
Italienische Erstaufführung: 01.02.1973
Score: Ennio Morricone
OFDb
Mit fast allem hätte die freimütige Maddalena (Lisa Gastoni) an ihrem diesjährigen Geburtstag gerechnet, nur nicht damit, dass ihr ihre Freunde an diesem Abend einen lang gehegten Wunsch erfüllen, und zwar die Verführung eines zölibatären Priesters. Hierzu kidnappt ihr ihr sauberer Freundeskreis in der Silvesternacht einen ahnungslosen Priester (Eric Woofe) vom Fleck weg, damit die Jubilarin diesen nach allen Regeln der Verlockungskunst genussvoll in den Wahnsinn verführen kann. Doch als Maddalena dem regungslosen Priester von Angesicht zu Angesicht gegenüber steht, empfindet sie plötzlich so etwas wie Scham, denn die Demut die der Geistliche ihr gegenüber ausstrahlt, beeindruckt sie so sehr, dass sie hinsichtlich ihrer bisherigen Lebensweise plötzlich Abscheu verspürt. Was folgt, ist eine stetige Annäherung zweier einsamer Seelen, bei denen allmählich die Gefühle hochkochen. Aufgrund seiner geistigen Berufung und dem damit unwiderruflich verbundenem Zölibatsversprechen, gerät der Priester beim ständigen Anblick der verführerischen Weiblichkeit immer tiefer in einen Gewissenskonflikt, der schlussendlich darin endet, dass er zumindest auf der emotionalen Ebene versucht, der ebenfalls immer verfahrener wirkenden Maddalena die kalte Schulter zu zeigen. Bleibt letztlich die Frage, ob es dem Priester auch tatsächlich gelingen wird, den unablässigen Avancen der verführerischen Maddalena zu widerstehen.
Nachdem ich diesen außergewöhnlichen Film gestern Abend zum ersten Mal gesehen habe, schlugen zunächst zwei Seelen in meiner Brust. Zwar ließ mich die Handlung zunächst etwas ratlos zurück, aber die traumhafte Bildgestaltung, für die sich kein geringerer als der verdienstvolle Kameramann Gábor Pogány verantwortlich zeigte, zog mich bereits ab der ersten Filmminute in ihren Bann, aus dem es dann auch bis zum bitteren Filmende kein Entrinnen mehr gab. Je mehr sich das Gesehene im Nachhinein aber zu setzen begann, desto faszinierender erschien mir plötzlich auch der Handlungsverlauf. Kurzum: eine sehr beeindruckende und somit sehenswerte Glanzleistung!
Eigentlich war der 1922 in Gwoździec geborene und 2007 in Warschau verstorbene Regisseur Jerzy Franciszek Kawalerowicz sowohl im polnischen sowie internationalen Literaturfilm verwurzelt als auch vom Existenzialismus inspiriert, so dass er wenig begeistert darüber gewesen sein soll, als ihm italienische Filmproduzent Franco Clementi das Angebot zum Dreh von MADDALENA unterbreitete. Trotz des fehlenden Interesses sagte Kawalerowicz dennoch zu und schuf somit ein visuell umwerfendes Glanzstück, dass von der allgemeinen Filmkritik aber eher zwiegespalten aufgenommen wurde.
Als Hauptdarstellerin brilliert Lisa Gastoni den gesamten Handlungsverlauf über, denn die Rolle der Maddalena scheint ihr präzise auf den Leib geschrieben zu sein - zumindest verschlug es mir bei ihrem Anblick des öfteren die Sprache. Dabei entpuppt sich Maddalena als eine unzufriedene sowie dekadente Frau aus der Oberschicht, die mit ihrem enthemmten Sexualverhalten die gefühlte Drögheit aus ihrem momentanen Leben verbannen möchte. Doch nachdem sie dem namenlosen Priester erstmals tief in die demutsvollen Augen blickte, bestimmte plötzlich ein abgrundtiefes Schamgefühl ihr Empfinden, so dass sie am Sinn ihres ausschweifenden Lebenswandels zu zweifeln beginnt - denn die sexuelle Befriedigung des ständigen Frivolseins führt nicht unbedingt zur inneren Zufriedenheit. Geblendet von der ausstrahlenden Demut des namenlosen Priesters sieht Maddalena plötzlich ihre Chance gekommen, um gemeinsam mit diesem einen neuen Lebenssinn zu finden. Ihre bisherige Ehe führte sie nämlich mit einem machtbesessen Egoisten, der sie ausschließlich zu einem Sexualobjekt degradierte. Doch letztlich kann ihr das Priester das auch nicht geben, was sie sich von ihm so eindringlich erhofft hatte, nämlich eine Liebe, die sie von ihrem inneren Verdruss endgültig erlöst. Dennoch gerät auch der Priester in eine persönliche Krise, da er beim Anblick der bezaubernden Maddalena von deren Reizüberflutung ständig von seinen unter Verschluss gehaltenen Gefühlen übermannt wird. Letztendlich wird die Handlung des Films von den folgenden Schlagwörtern bestimmt: Existenzielle Zweifel, Einsamkeit, Unzufriedenheit, die Überwindung innerer Begierden und Abhängigkeiten sowie das tiefe Verlangen nach erlösender Liebe.
Eine weitere Besonderheit der Hauptprotagonistin besteht darin, dass diese ständig während einer Art von Tagträumen auf ihre Doppelgängerin trifft, die aber im Gegensatz zu ihrer schwarzen Naturhaarfrisur eine blonde Perücke auf dem Haupte trägt. Unklar bleibt, ob es sich hierbei um Visionen handelt, die entweder aus ihrer Vergangenheit stammen oder zukünftig erst eintreten werden - oder beides. Zudem verwendet der Film nicht nur zahlreiche religiöse Symbole, sondern versinnbildlicht in kurzen Szenen auch biblische Ereignisse wie beispielsweise die Fußwaschsalbung von Maria Magdalena, der Bau der Arche Noah oder das Fischen mit einem Netz. Ein weiteres Highlight stellt die wunderschöne Filmmusik von Maestro Morricone dar, die im Gegensatz zum Film durch 'Chi Mai' und 'Come Maddalena' zum absoluten Welterfolg wurde.
Fazit: Eine visuelle Glanzleistung, bei der mir sowohl die hoch erotische Ausstrahlung der Hauptprotagonistin die Sprache verschlug als auch die wunderbare Filmmusik eine Gänsehaut am ganzen Körper hervorzauberte.
Filmplakate:
► Text zeigen
Score:
► Text zeigen
Trailer: