DIE NONNE VON MONZA - Eriprando Visconti

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DJANGOdzilla
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DIE NONNE VON MONZA - Eriprando Visconti

Beitrag von DJANGOdzilla »

DIE NONNE VON MONZA
[LA MONACA DI MONZA][ITA][1969]

Bild

Regie: Eriprando Visconti
Darsteller: Anne Haywood, Antonio Sabato, Hardy Krüger, Margarita Lozano, Giulio Donnini, Giovanna Galletti, Renzo Giovampietro, Maria Michi, Luigi Pistilli


"Aus dem Geheimarchiv des Vatikans, jetzt endlich freigegeben!"

[Warum sollten Kinoplakate lügen?]

Inhalt:

Äbtissin Virginia de Leyva [Anne Heywood] lässt sich von Pater Paolo Arrigone [Hardy Krüger] erfolgreich bequatschen, dem Lebemann und flüchtigen Mörder Giampaolo Osio [Antonio Sabato] im Kloster Unterschlupf zu gewähren. Dieses hätte sie mal besser gelassen, denn Giampaolo entpuppt sich als dauergeiler Lüstling, der von nun an Tag und Nacht versucht ist, unschuldige Novizinnen zu verführen. Als Virginia ihn deswegen zu verweisen gedenkt, beschwört sie damit eine Katastrophe herauf: Giampolo lauert ihr auf und vergewaltigt die Nonne. Diese ist daraufhin zutiefst verunsichert, empfand sie das Geschehene im Nachhinein doch als gar nicht mal so unprickelnd. Obwohl sie weiß, dass sie sich damit gegen alles stellt, woran sie jemals geglaubt hat, verliebt sie sich in Giampaolo und bringt schließlich sogar ein Kind von ihm zur Welt. Ein Umstand, den die Inquisition nicht gern sieht...

Kritik:

Nunsploitation nennt sich ein Sub-Genre des spekulativen Schmuddelkinos, welches in den 60ern zunächst nur zaghaft ihre Knospen sprießen ließ, um in den folgenden Jahren dann immer wildere und buntere Blüten zu treiben. Eine fehlgeleitete Ordensschwester nach der nächsten durfte über die Leinwand toben, um dem historisch interessierten Publikum die allerneuesten schockierenden Enthüllungen über fürchterliche Freveleien hinter sündigen Klostermauern zu präsentieren. Enthüllt wurde dabei in der Tat nicht unbedingt selten, erwarteten den Betrachter doch überwiegend nicht mehr und nicht weniger als die nacktesten Tatsachen. Vor allem Italien erwies sich dabei in den 70ern als filmische Hochburg: Zum einen verlor der Vatikan zu jener Zeit erheblich an Einfluss, zum anderen hatte man im Stiefelland seit jeher recht wenig Hemmungen, moralisch nicht ganz einwandfreie Ware auf die Leinwand zu hieven. DIE NONNE VON MONZA ist ein noch früher Vertreter dieser Gattung und bedient sich der historisch verbürgten Geschichte Virginia de Levyas, der gefallenen Nonne, die eines Tages das Zölibat Zölibat sein lies, um sich mit einem Mann zusammenzutun und mit eben jenem schließlich sogar noch Kinder in die Welt zu setzen. Die Kirche, damals diesbezüglich wenig erfreut, ließ daher bald eine Mauer um ihre einstige Dienerin bauen - nicht nur eine des Schweigens.

Geeigneter Stoff also für ein zünftiges cineastisches Schmierenstück. Vor falschen Erwartungen sollte man sich allerdings dennoch hüten. Im Gegensatz zu vielen späteren Beiträgen der Gattung, die deutlich sensationslüsterner zur Sache gingen, hält sich Eriprando Viscontis [→ LA ORCA] Vorreiter nämlich noch recht diskret zurück. Zwar wird auch hier unterschwellig an die niederen Instinkte des Zuschauers appelliert, so richtig getraut, die wilde Drecksau von der Leine zu lassen, hat man sich trotzdem nicht. Stattdessen hüllte man sich in den seriösen Mantel eines vor historischer Kulisse stattfindenden Liebesdramas und heuchelt dabei ein bisschen so etwas wie Bedeutsamkeit. Der Ergebnis ist eine etwas befremdliche Mischung aus Anspruch und Schlüpfrigkeit – recht kurzweilig zwar, doch arg unausgegoren. Das darstellerische Niveau ist dabei überraschend hoch - anbetrachts der überwiegend sehr banalen Dialoge keine Selbstverständlichkeit. Besonders Anne Heywood [→ EIN MANN GEHT AUFS GANZE] weiß zu gefallen und spielt die schwierige Rolle der leidgeprüften Klosterfrau sehr anständig. Während Hardy Krüger [→ DIE WILDGÄNSE KOMMEN] als undurchsichtiger Priester ebenfalls überzeugen kann, wirkt Antonio Sabatos [→ THE RIFFS II] ständig lüsterner Verführer mit Hang zu Eitelkeit und Gewaltausbrüchen allerdings fast schon lächerlich überzogen.

Als größtes Manko erweist sich allerdings das unausgegorene, vom Regisseur mitverfasste Drehbuch, das seine Charaktere oftmals höchst unnachvollziehbar und widersprüchlich handeln lässt. Selbst, wenn man die abstruse Ausgangssituation, dass eine vergewaltigte Nonne sich in ihren Peiniger verliebt, akzeptieren möchte, geizen die darauf folgenden Ereignisse auch nicht unbedingt mit Merkwürdigkeiten: So verliebt sich offenbar auch der Vergewaltiger in sein Opfer, was ihn jedoch nicht davon abhält, auch weiterhin hinter jedem Rock herzusein, der ihm über den Weg läuft. Dass er schließlich, um den Spaniern zu entkommen, bei seiner Geliebten im Kloster untertaucht (das übrigens direkt neben seinem Haus liegt und daher nicht nur aufgrund der Tatsache, dass von seiner Liaison ohnehin bereits jeder weiß, kein gutes Versteck ist), sich dort zudem äußerst auffällig benimmt und nach Lust und Laune fröhlich ein- und ausspaziert (freilich ohne, dass die Nonnen seinen Aufenthalt dabei bemerken), ist nicht einfach nur unglaubwürdig, sondern schlichtweg hanebüchen (mal ganz abgesehen davon, dass seine Geliebte aufgrund ihres Verhaltens ohnehin schon längst aus dem Orden geflogen wäre, immerhin zieht sie sogar ihr Kind hinter den Klostermauern groß). Da DIE NONNE VON MONZA für sich in Anspruch nimmt, eine wahre Geschichte zu erzählen, fallen derartige Fehlpässe gleich noch mal um so stärker ins Gewicht.

So befindet sich die Handlung trotz aller Anstrengungen, den Eindruck von Authentizität zu erwecken, letzten Endes lediglich auf simplem Groschenroman-Niveau. Unglücklicherweise weiß man der vorherrschenden Trivialität kaum etwas entgegenzusetzen. Auch nicht in Sachen Schaulust, denn Visconti & Co. kurven mit auffallend angezogener Handbremse durch die Klostermauern. Zwar kommt es im Laufe der Handlung auch zu Folterungen, doch diese werden kurz, knapp und kaum selbstzweckhaft abgehandelt und machen den verwöhnten Exploitation-Jünger daher garantiert nicht glücklich. Am grausamsten geriet daher tatsächlich die anfängliche Vergewaltigung. Zwar sieht man auch hier keine Details, doch dafür geriet Anne Heywoods Schauspiel in der Szene sehr intensiv. Auf Nacktheit - egal in welchem Zusammenhang - hofft man hier dennoch ebenfalls vergebens: Die Kutte bleibt an!

DIE NONNE VON MONZA macht es daher am Ende keiner Partei so wirklich recht: Für sabbernde Gorebauern gerieten die Ereignisse deutlich zu harmlos, während ein anspruchsvolleres Publikum sich vor allem über die gebotene Oberflächlichkeit echauffieren dürfte. Neben den gelungenen darstellerischen Darbietungen kann ansonsten eigentlich nur noch die überwiegend gekonnt eingefangene Mittelalter-Atmosphäre überzeugen. So bleibt dieser frühe Ausflug in die grausame Welt gepeinigter Pinguine final ein fein ausgestattetes und (besonders in der Hauptrolle) ansprechend gespieltes Liebesdrama, das sich – gehüllt in die ebenso effektvolle wie unaufdringlich-schöne Musik Ennio Morricones [→ AN SEINEN STIEFELN KLEBTE BLUT] - nicht so recht traut, zu seinen spekulativen Tendenzen zu stehen.

s. auch: DIE NONNE VON MONZA

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Retro
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Re: DIE NONNE VON MONZA - Eriprando Visconti

Beitrag von Retro »

Gut gespielt und auch schön ausgestattet- aber zieht sich doch ganz schön hin.

Da reicht mir meine Super 8-Fassung, ist etwa halb so lang und damit sehr gut anschaubar. :mrgreen:

DIE NONNE VON MONZA

Bild Bild Bild

Im Kloster Santa Margherita wird eine Nonne von einem Mann vergewaltigt, den der Priester dort vor dem Gesetz versteckt hat.
Sie zeigt die Vergewaltigung nicht an, verliebt sich in ihren Vergewaltiger- und gebiert das Kind dieser Tat.
Die Kirche sieht so etwas aber natürlich nicht gerne, und leitet ein Verfahren gegen die Nonne ein, welches grausam endet...

Länge: Drei Spulen mit jeweils ca. 120m. Laufzeit Spule 1: 15:55 Min, Spule 2: 15:47 Min, Spule 3: 16:00 Min. Gesamtlaufzeit: 47:42 Min.
Bildformat: Original 1,78:1
Vorspann, Titel, Abspann: Gekürzter Originalvorspann, kein Abspann.
Schnittfassung: Sehr gute Schnittfassung, Empfehlenswert!
Sonstiges: Existiert auch als 120m Einteiler in Schwarz/Weiss. Da die Kurzfassung erfolgreich war, hat man noch einen Dreiteiler veröffentlicht.

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Prisma
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Re: DIE NONNE VON MONZA - Eriprando Visconti

Beitrag von Prisma »




Anne Heywood

DIE NONNE VON MONZA


● LA MONACA DI MONZA / LA MONACA DI MONZA: UNA STORIA LOMBARDA (I|1969)
mit Antonio Sabato, Hardy Krüger, Tino Carraro, Luigi Pistilli, Caterina Boratto, Laura Belli und Pier Paolo Capponi
eine Produktion der Clesi Cinematografica | San Marco | im Alpha Verleih
ein Film von Eriprando Visconti

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»Ihr Platz ist in diesem Hornissennest!«


Virginia de Leyva (Anne Heywood) stammt aus einer angesehenen Familie und ist Äbtissin des Klosters von Monza. Eines Tages wird die vermeintliche Ruhe im Konvent durch Giampaolo Ossio (Antonio Sabato) gestört, denn der junge Adlige aus der Nachbarschaft erschoss den Steuereinnehmer des Konvents und findet Unterschlupf bei den Schwestern. Dieser Regelverstoß hat allerdings weitreichende Folgen und zieht konspirative Machenschaften gegen Virginia nach sich, außerdem werden einige Keuschheitsgelübde auf die Probe gestellt. Pater Paolo Arrigone (Hardy Krüger) ist als Beichtvater der Nonnen wenig erfreut über die weltlichen Sitten hinter den Klostermauern, da er keinen Einfluss über die Vorgänge besitzt. Als Virginia schließlich des höchsten Amtes im Kloster enthoben wird, fasst sie den Entschluss, aus der Ordensgemeinschaft auszutreten. Doch der empörte Klerus schiebt einen eisernen Riegel vor und droht, es gegebenenfalls auf einen Schauprozess ankommen zu lassen...

Der italienische Regisseur Eriprando Visconti lieferte mit "Die Nonne von Monza" einen der vielleicht seriöseren Vertreter einer Gattung, die sich mit Vorliebe in alle Richtungen mit den Machenschaften hinter Klostermauern beschäftigte. Der Neffe von Luchino Visconti brachte es in einem Zeitraum von 20 Jahren auf kein Dutzend Filme, doch unter ihnen finden sich bekannte Genre-Vertreter, die es sogar zu einem gewissen Klassiker-Status bringen konnten. Dieser Film erhebt gleich zu Beginn den Anspruch, auf geschichtlichen Tatsachenberichten zu beruhen, auch wenn sich sicherlich Plot-Fragmente und mechanische Veranschaulichungen eingeschlichen haben, die streng der Publikumswirksamkeit unterliegen. Es steht wohl außer Frage, dass sich seinerzeit mehr zwischen Himmel und Hölle abgespielt haben dürfte, als man sich vorstellen möchte, doch das Beimischen von zeitgemäßeren Elementen macht diesen Beitrag nicht nur interessant, sondern platziert ihn geschickt zwischen geschichtlichen Gegebenheiten und Kolportage, die nur unter hervor gehaltener Hand publik werden konnte. Nach einem mehr als interessanten Einstieg entwickelt sich der Verlauf zu einer Art Liebes-Drama, in dem die Protagonisten von vorne herein zum Scheitern verurteilt zu sein scheinen. Durch eine gut traktierte Bearbeitung entsteht allerdings nicht der Eindruck, dass die Geschichte zu kopflastig inszeniert wirkt und es bleibt genügend Raum für die zahlreichen Finessen und visuellen Eindrücke, die das Genre in Hülle und Fülle zu bieten hat. Hier bekommt der Zuschauer allerdings keine Expertisen in Form zu vieler reißerischer Elemente geboten, sodass die Dosierung für einen nachhaltigen Eindruck sorgt.

Der ein oder andere könnte bei der vergleichsweise ruhigen Verlaufsform möglicherweise enttäuscht sein, da die Folter nur sparsam eingesetzt wird, die Libido sich wahlweise in Andeutungen oder kurz angebundenen, wenn auch prekären Bildern verliert, eine recht hohe Dialoglastigkeit besteht, und es im Endeffekt zu vielen ruhigen, ausladenden Sequenzen kommt. Aber auch die Hintergründe religiöser Seilschaften und konspirativer Machenschaften innerhalb der Klostermauern werden in ausreichendem Maß skizziert. Die titelgebende Äbtissin des Klosters wird exzellent von der Britin Anne Heywood dargestellt, die einige Jahre später in "Die Nonne von Verona" zu sehen war, ebenfalls in einer ähnlichen Rolle. Trotz des obligatorischen Armutsgelübdes der ansässigen Schwestern befindet sich der Orden in einem gut situierten Zustand, da die Familie der Oberin mit beträchtlichen finanziellen Mitteln im Hintergrund aushilft. Diese künstlich geschaffene Vormachtstellung findet naturgemäß die Missbilligung einiger Ordensschwestern, sodass es zu Neid und Missgunst kommt. Überhaupt lassen sich doch einige der sieben Todsünden in den ehrwürdigen Gemäuern aufspüren, was sich als günstiger Treibstoff für den insgesamt rund laufenden Motor erweist. Ein Eindringling und gesuchter Verbrecher stört den vermeintlichen Frieden des Hauses, sorgt außerdem bei jeder sich bietenden Gelegenheit für Unruhen, da er die Schwestern mit unzüchtigem Verhalten irritiert, oder auch mehr. Das Schauspiel von Antonio Sabato wirkt in diesem Szenario sehr gut platziert, da seine italienische Masche für Momente der Glaubwürdigkeit sorgen kann. Das Zusammenspiel mit Partnerin Anne Heywood bietet Phasen des gewaltsamen Sicherheitsabstandes und der verbotenen, aber prickelnden Intimität.

Neben ansprechenden Leistungen von beispielsweise Tino Carraro, Luigi Pistilli oder Pier Paolo Capponi, sowie der punktgenauen Leistungen von zahlreichen bekannten Gesichtern innerhalb des Kreises der durchtriebenen, von egoistischen Motiven getriebenen, aber auch temporär loyalen Schwestern, sieht man Hardy Krüger in der Rolle des Wolfs im Schafspelz. Als Beichtvater ist er über die unzüchtigen Vorgänge im Konvent informiert und scheint sich mehr daran zu ergötzen, als sich zu sorgen. Seine Absolution der speziellen Art zieht dabei allzu weltliche Register, und der Deutsche erweist sich als stiller Glücksgriff für diese Produktion, die jedoch vor allem eindrucksvoll von Anne Heywood beherrscht wird. Der Verlauf lässt zu keiner Zeit einen Zweifel darüber entstehen, dass man zielsicher in eine Katastrophe zusteuert, da die Maschinerie Kirche unerbittlich wie ein Uhrwerk funktioniert. Am Ende wird schließlich kein Geringerer als der Teufel selbst bemüht, da er nicht nur für die grassierende Unkeuschheit und Unzucht verantwortlich sein soll, sondern praktischerweise für allerlei Rechtfertigungen der Männerdomäne dienstbar gemacht wird. Die veranschaulichte Willkür wirkt auch unter nur vager Bebilderung sehr beklemmend und das Finale, welches im Abspann nochmals nicht müde müde wird darauf hinzuweisen, dass es sich um eine wahre Begebenheit handele, hinterlässt einen überaus trostlosen Eindruck, verhilft dem Film dadurch zu einem eloquenten Gesamteindruck. Wer schonungslose Nunploitation sucht, wird mit "Die Nonne von Monza" nicht vollends auf seine Kosten kommen, da Visconti sich quasi in jeder Szene dagegen wehrt, diesen Begriff zu bedienen. Vielmehr handelt es sich um eine ausgewogene und geradlinige Inszenierung, deren Balanceakt von Anfang bis Ende geglückt ist.

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