ZORRO UND DIE DREI MUSKETIERE - Luigi Capuano

Von Herkules bis zu den drei Musketieren: Italienische Geschichtsstunden der abenteuerlichen Art
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Sid Vicious
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ZORRO UND DIE DREI MUSKETIERE - Luigi Capuano

Beitrag von Sid Vicious »

Originaltitel: Zorro e i tre moschettieri
Regisseur: Luigi Capuano
Kamera: Carlo Bellero
Musik: Carlo Savina
Drehbuch: Roberto Gianviti, Italo De Tuddo, Fernando Felicioni
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Spanien und Frankreich führen seit 1635 einen erbarmungslosen Krieg. Mit List und Tücke gelingt es den Franzosen Manuela, die Cousine des spanischen Königs, und Donna Isabella zu entführen, um die spanischen Schönheiten fortan als Druckmittel zu nutzen. Der Graf von Sevilla leistet dem Folge und will mit geheimen spanischen Schlachtplänen die Freiheit der werten Damen erkaufen, fällt allerdings zuvor dem Rebellen, Zorro, in die Hände, der postwendend in die Rolle des Grafen schlüpft und fortan für so manches Durcheinander sorgt, welches nicht unbedeutend für den weiteren Kriegshergang ist.

Im Gegensatz zu den Peplum-Filmen, welche gleich mehrere populäre Muskelmänner wie Herkules, Samson, Maciste und Ursus gemeinsam in einem Film auftreten ließen, machte der italienische Mantel-und-Degen-Film eher selten von dieser Formel Gebrauch. Eine der wenigen Ausnahmen, die das Zusammenführen individueller Heldeninstitutionen innert des Distrikts von holden Weiblichkeiten, adligen Spitzbuben und humorvollen swaskbucklers praktiziert, ist Luigi Capuanos „Zorro und die drei Musketiere“. Dieses 1963 in den italienischen und deutschen Lichtspielhäusern debütierende Vehikel berichtet (lt. des Off-Sprechers) von einem kleinen Krieg (inmitten der großen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Spanien), der keinen Platz in den Geschichtsbüchern findet und somit mit dem eingangs umrissenen Treffen zwischen Zorro und den Musketieren, welches ebenfalls kein (lauschiges) Plätzchen in der klassischen Abenteuerliteratur einnimmt, konform geht.

Die berühmten drei Musketiere, deren literarische Existenz mir bereits in der frühen Kindheit nahe gebracht wurde, können für sich beanspruchen, dass sie häufiger die Leinwand enterten als jeder andere Roman respektive jede andere Romanfigur, die Alexandre Dumas kreierte. Diese feschen und bodenständigen Gesellen, von denen einer für alle und alle für einen stehen, fungier(t)en als eine Art Bindeglied zwischen Adel, Bürger- und Bauerntum, welches deren gute Seiten vereinnahmt und daraus (s)einen speziellen Heldentypus gebärt.

Die Abenteuer dieser drei bodenständigen Gesellen wurden bereits in den 1900er- und 1910er Jahren einige Male verfilmt. Da ich diese Filme allerdings niemals zu Gesicht bekommen werde und ich nicht einmal die leiseste Ahnung habe, ob diese fortwährend mit feststehender Kamera im Stile einer Theateraufführung fotografiert oder gegebenenfalls doch montiert wurden, verweise ich lieber gleich auf den Regisseur, Fred Niblo, der in den frühen 1920ern „Die drei Musketiere“ sowie „Das Zeichen des Zorro“ auf Zelluloid „hauchte“. Die Rollen des D'Artagnan und des Zorro (dessen Existenz in der Schundliteratur als Spross des Boulevardjournalisten Johnston McCulley wurzelt) gingen seinerzeit an Douglas Fairbanks, der für den Ur- sowie Prototyp des swaskbucklers steht. Eine Eigenschaft, der sich auch Luigi Capuanos Musketiere (Zorro nur bedingt, dazu später mehr) bemächtigen. So greift der eifrige Musketier schon mal während des Degenkampfs zur Weinflasche, um sich einen kräftigen Schluck zu genehmigen und die ohnehin gute Laune, welche die Auseinandersetzung zur Nebensache degradiert, zu festigen. Doch wehe Athos, Porthos, Aramis und D’Artagnan, die fidelen swashbuckler, wittern den Verrat, dann ist postwendend Schluss mit Lustig. Das Quartett hegt nämlich eine ausgesprochen starke Aversion gegen Verräter (ungeachtet ob diese den eigenen oder den gegnerischen Reihen entstammen). Der ehrlose Denunziant, der Zuträger von Staatsgeheimnissen, der sich selbst bereichernde Wendehals, ist ihr größter Feind, den sie mit Verachtung strafen und nach dessen Enttarnung keines Blickes würdigen. Ihnen gegenüber und meist gar an ihrer Seite seht der angebliche Graf von Sevilla und eigentliche Zorro, dessen auf den ersten Blick eher kompliziert wirkende Umsetzungen seiner Tüfteleien das unvermeidliche Missverständnis heraufbeschwört, welches die Musketiere zu einer zwischen Sympathie und Antipathie schwingenden Berg- und Talfahrt beordert, die schlussendlich nur durch ein eindeutiges Bekenntnis respektive Geständnis seitens des schlauen Fuchses, Zorro, beendet werden kann.

Die Fragen nach der Identität und den Ambitionen des Zorros werden uns Zuschauer bereits während der Expositionsphase beantwortet, sodass wir den Protagonisten um einiges voraus sind. Was wir zu diesem frühen Zeitpunkt jedoch nicht wissen, ja, nicht einmal leise erahnen können, ist die Tatsache, dass Capuano seiner Hauptfigur, Zorro, nicht alle Freiheiten zugesteht, da neben den swashbuckler der Taktiker tritt, welcher als eine Art Über-Ich waltet, erfolgsversprechende Strategien entwickelt und einhergehend ein Gleichgewicht hergestellt, welches das Risiko dämpft und verhindert, dass sich Zorro Hals über Kopf von einem Kampf in den nächsten stürzt, sodass seine Erfolgsaussichten deutlich maximiert werden. Sollten Zorro und die Musketiere trotzdem Gefahr laufen sich im Netz ihrer Gegenspieler zu verfangen, bleibt immer noch Zorros Diener, Sancho, die komische Figur, die mit absonderlichen Reaktionen auf gefährliche Situationen aufmerksam macht und diese einhergehend demaskiert, sodass aus einem Nachteil ein Vorteil reift, welcher einerseits der Heldentruppe einen Vorsprung gewährt und andererseits die Getriebe ihrer Gegenspieler hemmt.

Fazit: Wie die späteren „Son of...“ Filme haut auch dieses Vehikel mit Wonne auf die mit großen literarischen sowie schundliterarischen Namen lackierte Werbepauke. Zum (Lack)Affen macht sich allerdings niemand, denn: egal ob Piraten-, Mantel-und-Degen- oder neomythologisches Vehikel, ein wirklich schlechter Film unter der künstlerischen Leitung von Luigi Capuano ist mir bisher noch nicht untergekommen. Demzufolge bleibt mir auch „Zorro und die drei Musketiere“ als ein angenehmer Mantel-und-Degen-Vertreter, der die Story um Entführung, Befreiung und Verrat anhand der fortwährenden Gerissenheiten seines Hauptcharakters überwiegend in Bewegung hält und somit nicht allein auf Schauwerte setzt, in Erinnerung. Womit ich das fertige Produkt allerdings nicht von einem gelegentlich auftauchenden Leerlauf freispreche.
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