KONSTANTIN DER GROẞE - Lionello de Felice

Von Herkules bis zu den drei Musketieren: Italienische Geschichtsstunden der abenteuerlichen Art
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Prisma
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KONSTANTIN DER GROẞE - Lionello de Felice

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Cornel Wilde   Belinda Lee

KONSTANTIN DER GROE


● CONSTANTINO IL GRANDE / KONSTANTIN DER GROẞE (I|JUG|1961)
mit Massimo Serato, Christine Kaufmann, Fausto Tozzi, Tino Carraro, Carlo Ninchi, Vittorio Sanipoli und Elisa Cegani
eine Produktion der Jonia Film | Beaver-Champion Attractions | Jardan Film | im Verleih der Columbia-Bavaria
ein Film von Lionello de Felice

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»Habt ihr Christen im Kerker?«


Das vierte Jahrhundert nach Christi Geburt. Konstantin (Cornel Wilde), der Sohn des Imperators, gerät auf seinem beschwerlichen Weg nach Rom in einen Hinterhalt in dem sein Wegbegleiter Hadrian (Fausto Tozzi) schwer verwundet wird. Diese Attacke hätte er nicht überlebt, wenn er nicht von einer Gruppe rechtloser Christen aufgenommen und gesund gepflegt worden wäre. Doch die Anhänger der verbotenen Religion werden verfolgt und hart bestraft. Als Konstantin eines Tages mit ansehen muss, wie einige von ihnen den Löwen zum Fraß vorgeworfen werden, kommt dieser zur Besinnung und setzt sich fortan für deren Rechte und die Religionsfreiheit ein. Dieses Vorgehen wird jedoch vom Senat mit Entsetzen aufgenommen und Konstantins Widersacher Maxentius (Massimo Serato) nutzt die Gunst der Stunde, um in der Zeit der Unruhe eine blutige Revolte anzuzetteln...

Kurze einführende Szenen und der Satz: »Es wird Zeit, dass du dieses Nest von Korruption und Intrigen kennen lernst!«, ebnen auf schnelle und ebenso verständliche Art und Weise, wohin die Reise in Lionello de Felices Ausstattungsfilm gehen wird. Große Worte, edle Roben, angriffslustige Männer und schöne Frauen lassen den Zuschauer sofort aufmerksam werden und das straffe Tempo begünstigt diesen Einstieg doch sehr. Die Geschichte um Macht, Intrigen und Glaubenskrieg erfährt eine weitgehend sachliche Schilderung, und in der Nebenhandlung dürfen selbstverständlich auch amouröse Aktivitäten nicht fehlen. Doch ruhige und entspannte Momente kommen eher selten zum Vorschein, da unmittelbar darauf wieder Szenen des Angriffs folgen. Sehr gut wird der immense Druck vermittelt, mit dem sich Konstantin permanent konfrontiert sieht, aber auch vielen anderen Beteiligten sieht man die Bürde dieser schweren Zeiten deutlich an. Nicht nur durch die Schauplätze, Kulissen, Musik oder Kostüme fühlt man sich wie der Zuschauer einer gelungenen Zeitreise, sondern insbesondere durch das Aufzeigen der römischen Dekadenz und Selbstgefälligkeit entstehen ganz bemerkenswerte Sequenzen, die von Brutalität und Luxus gekennzeichnet sind. Als Gegengewicht setzt die Regie auf die menschliche Zuneigung und das Gerechtigkeitsempfinden des Publikums, was einen hauptsächlich spannenden Verlauf garantiert, in dem es immer wieder kleine Atempausen zu finden gibt. Für die fotografische Leitung zeigt sich hier Massimo Dallamano verantwortlich und der immense Zeitsprung wurde mit kraftvollen Bildern und aussagekräftigen Sets sehr gut simuliert. Beeindruckend ist in solchen Filmen immer wieder das große Aufgebot an Statisten, die man beispielsweise in den Kampfszenen zu sehen bekommt. Dass Lionello de Felices Beitrag so gut funktioniert liegt schließlich auch an der hohen Präzision beim Zeichnen der Charaktere, denn sowohl die Hauptfiguren, als auch die Nebencharaktere hinterlassen überzeugende Eindrücke. Wie in solchen Monumentalfilmen üblich, stand auch hier eine hervorragende Besetzung bereit.

Der aus Ungarn stammende Schauspieler Cornel Wilde zeichnet die Titelrolle ganz bemerkenswert und überzeugend, arbeitet die überlieferten Attribute des Konstantin dabei deutlich heraus. Geprägt von einer Art oppositionellem Verhalten, trifft er Entscheidungen, die bei seinen Widersachern Zorn und Skepsis hervorrufen. Er agiert mit Weitsicht und er reagiert mit Nachsicht. Auch Cornel Wildes körperliche Erscheinung gibt ein recht klassisches Bild ab. Belinda Lee, bekannt und gerne gebucht für die Verkörperung großer Frauen der Weltgeschichte, zeigt erneut eine bemerkenswerte Performance. Als Fausta besticht sie nicht nur durch ihre strahlende Schönheit, sondern ebenfalls bei der glaubhaften Zeichnung einer Frau, die hin- und hergerissen ist zwischen bestehenden Gesetzen und Regeln und ihrem eigenen klaren Verstand. Die vielleicht beste Leistung sieht man von Massimo Serato als durchtriebenen Maxentius, der Intrigen schmiedet und genüsslich Köpfe rollen lässt. Auch Christine Kaufmann rundet das Geschehen mit einer emotional aufgeladenen Rolle ab und es bleibt im Endeffekt zu sagen, dass man einer hervorragenden Starbesetzung folgen darf, die des Weiteren mit Fausto Tozzi, Tino Carraro und Elisa Cegani glaubhafte Momente transportiert. "Konstantin der Große" ist im Endeffekt sehr zuschauerfreundlich ausgefallen und der geradlinige Verlauf kann mit seinen weit über 100 Minuten durchgehend bei der Stange halten. Die Regie erlaubt sich dabei keinerlei signifikante Aussetzer, sodass die Geschichte sehr ausgewogen und flüssig erzählt wirkt. Selbst die manchmal etwas zu dick aufgetragene Melodramatik und einige Dialoge, die zeitweise einen recht sentimentalen Tenor übermitteln, tun dem überzeugenden Gesamtbild keinerlei Abbruch. Insgesamt gesehen ist allerdings keiner der ganz großen Klassiker des Genres entstanden, aber die hier in vielen Bereichen dargebotene Präzision, der sichtbare Aufwand, eine gewisse Brisanz der Bilder und die ambitioniert-klassische Ausarbeitung geben einen durchgehend hohen Unterhaltungswert her. Wer sich für derartige Beiträge also ohnehin interessiert und sie sich gerne anschaut, wird auch an Lionello de Felices "Konstantin der Große" sicherlich Gefallen finden. Sehenswert.

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Prisma
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Re: KONSTANTIN DER GROẞE - Lionello de Felice

Beitrag von Prisma »



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● BELINDA LEE als FAUSTA in
KONSTANTIN DER GROẞE (I|JUG|1961)



In Lionello de Felices "Konstantin der Große" ist Belinda Lee leider schon in einer ihrer letzten Rollen zu sehen, da sie im gleichen Jahr tödlich mit ihrem Wagen zwischen Las Vegas und Hollywood verunglückte. Bereits hinlänglich bekannt aus derartigen Filmen und darüber hinaus sehr häufig betraut mit großen Frauenrollen, war die Ausnahmeerscheinung aus England aus zahlreichen Gründen wie geschaffen für solche prestigeträchtigen Auftritte, die international für Aufsehen sorgen konnten, was allerdings auch an ihrer Person liegt, die immer wieder in einschlägigen Schlagzeilen zu finden war. Ausgestattet mit der richtigen Ausstrahlung, aber vor allem der Gabe, sich flexibel und überzeugend in jede noch so unterschiedliche Rolle hinein versetzen zu können, kann von einer Art Aushängeschild gesprochen werden, was auch für ihr atemberaubendes Erscheinungsbild gilt, welches dem Zuschauer letztlich ein Stück weit ermöglichen konnte, sich in Epochen und Strukturen hineinzudenken, in denen sich starke und für ihre Attraktivität bekannte Frauen Männer zu bedingungslosen Untertanen machen konnten. Aus persönlicher Sicht, und nach mehreren ähnlich gelagerten Filmen mit ihr in der Hauptrolle, wirkt Belinda Lee beinahe wie ein Prototyp für die Verkörperung von großen Frauen der Weltgeschichte, der nur Gestalt annehmen konnte, weil Belinda Lee die perfekten Grundvoraussetzungen mitgebracht hatte. Erneut kommt es hier zu einer sehr eigenständig gefärbten und intensiven Interpretation der attraktiven Interpretin, obwohl sie im Filmgeschehen unterm Strich recht untergeordnet wirkt. Selbstverständlich sieht man aufgrund der überlieferten Anlegung der Rolle keine brutalen und eiskalt kalkulierten Machenschaften einer "Messalina".

Vielmehr ist das Temperament einer im Sinne des Films mild gestimmten, weitsichtigen und gefühlsbetonten Frau zu erkennen, deren Attribute nicht rücksichtslos zu ihrem Vorteil eingesetzt werden, um insbesondere Männer ihres Umfeldes gefügig zu machen. Darstellerisch gesehen sieht man schließlich eine gut strukturierte und ungewöhnlich deutlich dosierte, wenn in gewisser Weise auch obligatorische Interpretation, die der männlichen Haupt- und Titelrolle nicht ins Gehege kommt, was beispielsweise Screentime, Umfang oder Wichtigkeit der Rolle anbelangt. Die aufmerksame und offensichtlich verliebte Kamera interessiert sich naturgemäß über die Maßen für Belinda Lee im Ganzen, aber wartet noch nicht einmal mit Strecken von Großaufnahmen auf, wenngleich im Sinne der Optik sehr deutliche Akzente gesetzt werden, sodass die Britin auch nach über sechzig Jahren noch erhaben und hoheitsvoll wirkt, außerdem begehrenswert durch die aufwändigen Kulissen schweben kann. In ihrer eigenen Filmografie finden sich bei der Betrachtung ihres Gesamtwerkes vielleicht weitaus bedeutsamere Arbeiten, die aufgrund anderer Schwerpunkte und Geschütze deutlicher im Gedächtnis bleiben sollten, und auch wenn es sich bei "Konstantin der Große" um einen sehr passablen und unterhaltsamen Film handelt, konnte sie doch wichtigere Rollen in ihrer so kurzen Karriere ausbuchstabieren und bei den richtigen Antennen zum Erlebnis werden lassen. Was allerdings stets in Erinnerung bleiben wird, ist das überaus interessante Wechselspiel von markanten und sanften Zügen, dem lodernden Feuer in ihren Augen und einem Temperament, das ihren zu interpretierenden Frauenrollen den richtigen Schliff im Rahmen von Leidenschaft, Dramatik, und Kalkül geben konnte.



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Sid Vicious
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Re: KONSTANTIN DER GROẞE - Lionello de Felice

Beitrag von Sid Vicious »

Ich habe einige Titel aus der Cinema Colossal-Reihe. Manche dieser Filme sind wirklich gut (Messalina, Der Sohn von Caesar und Cleopatra, Die siegreichen Zehn) oder auch schön schräg ( Kampf um Atlantis). Dieser hier ist mir zu stark geschnitten, sodass ich bisher keine Lust und Laune bekam mehr als 5 Euro für die deutsche DVD auszugeben.

Ich mag das Genre übrigens sehr gern, würde mich ohne mit der Wimper zu zucken als kleiner Fan bezeichnen. Peplum und seine Ausläufer wie Italo-Piratenfilme haben in der heimischen Filmsammlung gar ein separates Fach.
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Prisma
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Re: KONSTANTIN DER GROẞE - Lionello de Felice

Beitrag von Prisma »

Sid Vicious hat geschrieben:
Di., 01.03.2022 21:55
Manche dieser Filme sind wirklich gut

Das kann man auch über "Alexander der Große" sagen, der sehr aufwändig inszeniert und hervorragend besetzt ist. Dass die DVD gekürzt ist, wusste ich gar nicht, aber es ist mir beim Anschauen auch nicht aufgefallen. Vielleicht bei den Gewaltszenen? Den Film habe ich mir damals im Zuge meines Belinda-Lee-Runs zugelegt, die hier die weibliche Hauptrolle spielt und die ich überaus gerne sehe. Leider ist die Auswahl aufgrund ihres frühen Ablebens stark begrenzt. Im Peplum-Genre habe ich noch sehr viel Nachholbedarf, schaue mir die in der Regel sehr unterhaltsamen Filme aber auch gerne an.

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Sid Vicious
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Re: KONSTANTIN DER GROẞE - Lionello de Felice

Beitrag von Sid Vicious »

Belinda Lee´s Ableben ist ein einer traurige Geschichte und zog eine Welle von Dummschwätzerei nach sich. Man hatte sich halt auf Jacopetti eingeschossen und zog Belinda Lee mit hinein.

Was die Kürzungen anbelangt, so schreibt man bei der ofdb:

Satte 21 Minuten kürzer als die NL-DVD. Es fehlen Handlungs- und Gewaltszenen, vor allem die hervorragende Bildqualität und Farbgebung sowie das fette Widescreenformat lassen die Holland-Fassung als klaren Sieger hervorgehen.

Ansonsten ist Peplum immer eine kleine Wundertüte. Mal billig, mal aufwendig inszeniert, aber zumeist sehr unterhaltsam. Leider wurden viele Titel dereinst nur von Billiglabels veröffentlicht, sodass die Bildqualität richtig mies ist.
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Prisma
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Re: KONSTANTIN DER GROẞE - Lionello de Felice

Beitrag von Prisma »

Sid Vicious hat geschrieben:
Do., 03.03.2022 21:56
Belinda Lee´s Ableben ist ein einer traurige Geschichte und zog eine Welle von Dummschwätzerei nach sich.

Bei solchen tragischen Geschichten ist das wohl immer so und zieht sich wie ein roter Faden durch alle Dekaden der Berichterstattung. Manchmal ist einem so, dass Gazetten und Ramschblätter nur auf solche Gelegenheiten warten. Ob diejenige Person lebt oder nicht ist dabei unerheblich. Ein so früher Tod regt dann natürlich zur Mythenbildung und Märchenstunde an. Oft kommt man aber fast nicht daran vorbei, wenn man nach Informationen sucht. Es bietet sich daher unbedingt an, Belinda Lee über den cineastischen Weg kennenzulernen. Es lohnt sich! :)

Sid Vicious hat geschrieben:
Do., 03.03.2022 21:56
Was die Kürzungen anbelangt

Es liegt vielleicht an den übrig gebliebenen 107 Minuten, dass es dem Empfinden nach nicht so schwer ins Gewicht fällt. Da es aber nur so wenige Filme mit Belinda Lee gibt, dann noch eine schwache Verfügbarkeit hinzukommt, spielt das für mich am Ende des Films aber kaum mehr eine Rolle.

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