William Holden Marthe Keller Hildegard Knef
FEDORA
● FEDORA (D|F|1978)
mit Frances Sternhagen, José Ferrer, Mario Adorf, Stephen Collins, Hans Jaray, Gottfried John, Ellen Schwiers,
Arlene Francis, Ferdy Mayne, Elma Karlowa, Panos Papadopulos und als Gäste Henry Fonda sowie Michael York
eine Produktion der Bavaria Atelier GmbH für NF-Geria II | SFP | im Verleih der CS-Film
ein Film von Billy Wilder
»Doch immer wieder taucht einmal ein Gesicht auf, in das sich die Kamera verliebt!«
Der unabhängige Filmproduzent Barry Detweiler (William Holden) hofft, die zurückgezogen lebende Film-Legende Fedora (Marthe Keller) für die Verwirklichung seines geplanten Films zu gewinnen. Mit ihr würde das Projekt ohnehin stehen oder fallen, da eine Abschreibungsgesellschaft den Film ausschließlich mit Fedora als Zugpferd finanzieren würde. So reist Detweiler nach Korfu, wo der ehemalige Filmstar auf einer abgeschirmten Insel lebt. Doch die Kontaktaufnahme erweist sich als beinahe unmöglich, da Fedora von ihrer seltsamen Entourage, der rätselhaften alten Dame im Rollstuhl namens Gräfin Sobriansky (Hildegard Knef), der Krankenschwester Miss Balfour (Frances Sternahagen), und dem dubiosen Arzt Dr. Vando (José Ferrer), komplett abgeschirmt wird. Nach Tagen trifft er die Schauspielerin durch Zufall in der Stadt, und nach einem Smalltalk kann er der seltsam abwesend wirkenden Frau das fertige Drehbuch zustecken. Wenig später erhält er eine offizielle Einladung zur Insel, wo er Fedora sein Anliegen ausführlich vorbringen möchte. Aber er hat die Rechnung ohne die verbitterte Gräfin gemacht. Barry, der Fedora vor mehreren Jahrzehnten als Produktions-Assistent kennen lernte, ist erstaunt über die nach wie vor jung aussehende Schauspielerin, deren Schönheit unvergänglich zu sein scheint. Doch hinter der Fassade offenbart sich langsam eine Geschichte, die tatsächlich nur aus der Traumfabrik stammen kann...
Billy Wilders "Fedora" wird so gut wie nie in einem Atemzug mit ganz großen Klassikern erwähnt, da ihm qualitative Mängel in zahlreichen Bereichen angelastet werden. Der weniger gute Ruf fußt sicherlich auch nicht zuletzt auf der Tatsache, dass der Film sich empfindlichen Vergleichen unterziehen muss, und das angesichts einer starken Konkurrenz innerhalb und außerhalb von Billy Wilders eigener Filmografie. Es mag sein, dass diese Produktion diverse Vergleiche in manchen Bereichen nicht besonders locker wegsteckt, allerdings ist anzumerken, dass man es mit einem nahezu epischen Filmvergnügen zu tun hat, wie es sie bereits zu dieser Zeit schon kaum mehr gegeben hat. Die Geschichte aus der Traumfabrik ist überaus interessant inszeniert und packend erzählt, dabei tut der Film das einzig Richtige und bedient sich allerlei gängiger Klischees, die schließlich das Fundament jener Story darstellen, die das Epizentrum von Oberflächlichkeit, Schnelllebigkeit und künstlichem Hochglanz darzustellen versuchen. Eine zu vermutende Abrechnung mit den unsichtbaren Vorgängen hinter den Kulissen dieser Maschinerie ist allerdings nicht dabei herausgekommen. Dies erscheint auch nicht weiter tragisch, denn entstanden ist ein beachtlicher Unterhaltungsfilm, dem selbst Melodramatik und aufgesetzte Märchen-Fragmente hervorragend stehen. Dabei erscheint die Inszenierung durch und durch aufwendig zu sein, wenngleich dieser Prunk alleine schon thematisch gesehen dazu verurteilt ist, langsam aber sicher zu bröckeln. Das große Plus bei dieser quasi umgekehrten Herangehensweise ist die interessante Erzählstruktur, denn die Geschichte wird quasi über die gesamte Spieldauer langsam aber Aufsehen erregend von hinten aufgerollt.
Der Vorhang fällt gleich zu Beginn, denn man sieht bereits den Selbstmord der weltberühmten Film-Diva, indem sie sich verzweifelt vor einen ankommenden Zug wirft. Unmittelbar darauf folgen die Erklärungen zu ihrer Person durch eine Nachrichtensprecherin, die das Leben und ihre Karriere kurz durchleuchtet. Das Star-Kino als Film-im-Film-Variante gibt der Angelegenheit einen besonderen Reiz und der weitere Verlauf offenbart sich als große, weitläufig angelegte Rückblende, in der es zusätzlich immer wieder zu erneuten Rückblenden kommt. Dabei verzichten Regie und Drehbuch komplett auf eine gerne verwendete Komplexität jener Blicke zurück nach vorn, was in diesem Fall besonders gut zur Geltung kommt, da die entsprechenden Zeitsprünge ganz deutlich voneinander abgegrenzt sind, aber dennoch einen runden Erzählfluss offerieren und schließlich eine solide Grundspannung, sogar leichtes Tempo zu vermitteln wissen. Da ein derartiger Film, der sich mit dem Thema Glanz und Gloria der Filmbranche beschäftigt, eine mehr als aussagekräftige sowie spektakuläre Besetzungsliste zur Verfügung haben muss, um glaubhaft zu wirken, wurde hier bis zu den kleinsten Nebenrollen kein Risiko eingegangen. William Holden fungiert gleich zu Beginn als Erzähler. Er nimmt den Zuschauer unmittelbar beim Betrachten der aufgebahrten Fedora mit auf diese turbulente, aber zunächst völlig undurchsichtige Reise. Im weiteren Verlauf wird Hildegard Knef diese Erzähl-Funktion an sich bringen und quasi zur beeindruckenden Chefsache machen. Protagonist Detweiler spart nicht mit Vorwürfen, genau wie es etwa der Film selbst tut, doch am bitteren Ende werden alle Seiten ihre Lektionen zu gleichen Teilen erhalten.
William Holden passt sich der Anforderung exzellent an, verkörpert dabei einen Mann aus der guten alten Zeit, als der Film noch keine Handkameras mit Zooms kannte, es noch klassische Drehbücher gab und als die jungen Wilden mit den Bärten noch nicht das Sagen hatten. "Fedora" versteht sich nicht vordergründig als Hommage für vergangene Zeiten, sondern gefällt sich eher in einer gut aufgebauten, wenn auch zu zaghaften Abrechnung mit einer Branche, die gleichermaßen Fluch und Segen darstellt. William Holden prägt seine Rolle sehr angenehm als sympathischer "Ermittler" und durch ihn wird der Stein erst ins Rollen gebracht. Da die Geschichte in einer frühen Katastrophe gipfelt, werden in diesem Zusammenhang gleich viele potentielle Schuldige präsentiert, die gierigen Konsumenten des Fließbandes Film nicht ausgeschlossen. Die Schweizerin Marthe Keller stattet die hoheitsvoll wirkende Diva mit einen doppelten Boden aus, geht dabei in ihrer Darstellung der Titelfigur vollkommen aus sich heraus - und das gleich in mehreren Dekaden. Sie zeichnet Fedora auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, nach ihrem Comeback, als psychisch labile, einsame und von Wahnvorstellungen heimgesuchte Frau, und zuerst als Leiche mit hoher Präzision. Hervorragend dabei wirken vor allem Gestik und Mimik, die den bekannten Choreografien von Altstars en detail gleichen. Theatralische Ausbrüche, gönnerhafte Handbewegungen, eine unnahbare Aura, die sich beispielsweise vor der Kamera oder im Umgang mit der Presse in eine alles umarmende Show verwandelt, aber auch manische Züge, offensichtliche Komplexe, hysterische Anwandlungen und laute Verzweiflung darlegt. Erinnert man sie daran, dass sie der Star Fedora sei, legt sich augenscheinlich ein Schalter um und sie spielt die Rolle ihres Lebens weiter: mondän und in Perfektion. Wenn es um Hildegard Knef geht, darf ebenfalls nach Superlativen gesucht werden.
Hier spielt es ausnahmsweise einmal keine große Rolle, wie man persönlich zur Interpretin steht, deren oft spröde wirkende Leistungen zu einem hohen Distanzaufbau führten. Zunächst ist zu erwähnen, dass die Maske bei der Knef wahre Wunder vollbracht hat, aber nicht etwa im klassischen Sinn, denn sie wurde in frappant echter Manier darauf getrimmt, verlebt, ausgebrannt und steinalt zu wirken, sodass der erste Publikumskontakt zu einem wahren Überraschungsmoment ausarten darf. Die verbitterte alte Gräfin gefällt sich im Kommandoton und cholerischen Anwandlungen, denn eine Frau ihres Alters braucht sich nicht mehr an überflüssige gesellschaftliche Konventionen gebunden zu fühlen, was sie auch offen zur Schau trägt. Ihre temperamentvollen beziehungsweise impulsiven Ausbrüche sorgen für äußerst starke Momente im Geschehen, was durch ihre Originalstimme noch mehr untermauert wird und oft wie eine Lektion nach der anderen wirkt. Ihre gesamte Entourage wirkt wie ein Sammelsurium von Untergebenen und es scheint, dass selbst Fedora in Sachen Star-Allüren noch etwas von der Gräfin Sobriansky lernen könnte. Besondere Leistungen sieht man des Weiteren von Frances Sternhagen, als fleißigstes und gehorsamstes Zahnrad in dieser Maschinerie, auch José Ferrer als zweifelhafter Arzt mit dem Hang zu Hochprozentigem ist eine Nummer für sich. Mit Mario Adorf, Gottfried John oder Ellen Schwiers sieht man noch einige von vielen guten Bekannten im Szenario, und der besondere Clou der Produktion stellen die Schauspieler dar, die sich selbst spielen. Michael York fungiert in einem gemeinsamen Film als Drehpartner von Fedora und Henry Fonda überreicht der abgeschirmten Diva den Ehrenpreis der Akademie in Form eines Oscars. Die internationale Besetzungsliste macht den Film schließlich zu einem ganz besonderen Vergnügen.
Billy Wilders Spätwerk gilt zwar nicht als Meilenstein und wird auch keineswegs als Referenz gehandelt, und letztlich wird der Film eigentlich mehr kritisiert als gelobt, was wie erwähnt wohl auf Vergleiche innerhalb seiner eigenen Filmografie zurückzuführen ist. So wurde dem Regisseur beispielsweise oft vorgeworfen, er habe bei "Fedora" zu viele Inhalte seines eigenen Films "Sunset Boulevard" kopiert. Wie dem auch sei, hier kann man sich einmal ungeniert auf Melodramatik und Theatralik einstellen, ohne dass es zu überfrachtet oder deplatziert wirkt, die Geschichte aus der Traumfabrik wirkt packend und man bekommt schließlich den Eindruck, dass es sich genau so abgespielt haben könnte. Trotz des imaginären Charakters wird ein guter und glaubwürdiger Transfer zur Realität angebahnt und die Geschichte wirkt auch nach Jahrzehnten noch aktuell genug, um überzeugen zu können. Dieser Ausstattungsfilm liefert beispielsweise herrliche Landschaftsaufnahmen und teils imposante Kulissen, besonders hervorzuheben ist die Maske, die sowohl bei Marthe Keller als auch bei Hildegard Knef bizarre Kunstwerke geschaffen hat. Musikalisch steht der Ungar Miklós Rózsa in der Verantwortung und es kommt zu mitreißenden und und stets passenden Arrangements, die auch nach Beendigung des Films diskret nachhallen, da sie meistens konträr zur eigentlichen Aura des Films stehen. Am meisten überzeugt allerdings immer wieder der klare Aufbau der Geschichte, der trotz vorhersehbarer Momente mit viel Intensität und Fingerspitzengefühl ausgestattet ist. "Fedora" ist tragisch, aber nur selten kitschig, erscheint wie ein Märchen aus dem verbotenen Bilderbuch, aber wirkt doch authentisch. Ein sehr empfehlenswerter Beitrag.
Billy Wilders "Fedora" wird so gut wie nie in einem Atemzug mit ganz großen Klassikern erwähnt, da ihm qualitative Mängel in zahlreichen Bereichen angelastet werden. Der weniger gute Ruf fußt sicherlich auch nicht zuletzt auf der Tatsache, dass der Film sich empfindlichen Vergleichen unterziehen muss, und das angesichts einer starken Konkurrenz innerhalb und außerhalb von Billy Wilders eigener Filmografie. Es mag sein, dass diese Produktion diverse Vergleiche in manchen Bereichen nicht besonders locker wegsteckt, allerdings ist anzumerken, dass man es mit einem nahezu epischen Filmvergnügen zu tun hat, wie es sie bereits zu dieser Zeit schon kaum mehr gegeben hat. Die Geschichte aus der Traumfabrik ist überaus interessant inszeniert und packend erzählt, dabei tut der Film das einzig Richtige und bedient sich allerlei gängiger Klischees, die schließlich das Fundament jener Story darstellen, die das Epizentrum von Oberflächlichkeit, Schnelllebigkeit und künstlichem Hochglanz darzustellen versuchen. Eine zu vermutende Abrechnung mit den unsichtbaren Vorgängen hinter den Kulissen dieser Maschinerie ist allerdings nicht dabei herausgekommen. Dies erscheint auch nicht weiter tragisch, denn entstanden ist ein beachtlicher Unterhaltungsfilm, dem selbst Melodramatik und aufgesetzte Märchen-Fragmente hervorragend stehen. Dabei erscheint die Inszenierung durch und durch aufwendig zu sein, wenngleich dieser Prunk alleine schon thematisch gesehen dazu verurteilt ist, langsam aber sicher zu bröckeln. Das große Plus bei dieser quasi umgekehrten Herangehensweise ist die interessante Erzählstruktur, denn die Geschichte wird quasi über die gesamte Spieldauer langsam aber Aufsehen erregend von hinten aufgerollt.
Der Vorhang fällt gleich zu Beginn, denn man sieht bereits den Selbstmord der weltberühmten Film-Diva, indem sie sich verzweifelt vor einen ankommenden Zug wirft. Unmittelbar darauf folgen die Erklärungen zu ihrer Person durch eine Nachrichtensprecherin, die das Leben und ihre Karriere kurz durchleuchtet. Das Star-Kino als Film-im-Film-Variante gibt der Angelegenheit einen besonderen Reiz und der weitere Verlauf offenbart sich als große, weitläufig angelegte Rückblende, in der es zusätzlich immer wieder zu erneuten Rückblenden kommt. Dabei verzichten Regie und Drehbuch komplett auf eine gerne verwendete Komplexität jener Blicke zurück nach vorn, was in diesem Fall besonders gut zur Geltung kommt, da die entsprechenden Zeitsprünge ganz deutlich voneinander abgegrenzt sind, aber dennoch einen runden Erzählfluss offerieren und schließlich eine solide Grundspannung, sogar leichtes Tempo zu vermitteln wissen. Da ein derartiger Film, der sich mit dem Thema Glanz und Gloria der Filmbranche beschäftigt, eine mehr als aussagekräftige sowie spektakuläre Besetzungsliste zur Verfügung haben muss, um glaubhaft zu wirken, wurde hier bis zu den kleinsten Nebenrollen kein Risiko eingegangen. William Holden fungiert gleich zu Beginn als Erzähler. Er nimmt den Zuschauer unmittelbar beim Betrachten der aufgebahrten Fedora mit auf diese turbulente, aber zunächst völlig undurchsichtige Reise. Im weiteren Verlauf wird Hildegard Knef diese Erzähl-Funktion an sich bringen und quasi zur beeindruckenden Chefsache machen. Protagonist Detweiler spart nicht mit Vorwürfen, genau wie es etwa der Film selbst tut, doch am bitteren Ende werden alle Seiten ihre Lektionen zu gleichen Teilen erhalten.
William Holden passt sich der Anforderung exzellent an, verkörpert dabei einen Mann aus der guten alten Zeit, als der Film noch keine Handkameras mit Zooms kannte, es noch klassische Drehbücher gab und als die jungen Wilden mit den Bärten noch nicht das Sagen hatten. "Fedora" versteht sich nicht vordergründig als Hommage für vergangene Zeiten, sondern gefällt sich eher in einer gut aufgebauten, wenn auch zu zaghaften Abrechnung mit einer Branche, die gleichermaßen Fluch und Segen darstellt. William Holden prägt seine Rolle sehr angenehm als sympathischer "Ermittler" und durch ihn wird der Stein erst ins Rollen gebracht. Da die Geschichte in einer frühen Katastrophe gipfelt, werden in diesem Zusammenhang gleich viele potentielle Schuldige präsentiert, die gierigen Konsumenten des Fließbandes Film nicht ausgeschlossen. Die Schweizerin Marthe Keller stattet die hoheitsvoll wirkende Diva mit einen doppelten Boden aus, geht dabei in ihrer Darstellung der Titelfigur vollkommen aus sich heraus - und das gleich in mehreren Dekaden. Sie zeichnet Fedora auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, nach ihrem Comeback, als psychisch labile, einsame und von Wahnvorstellungen heimgesuchte Frau, und zuerst als Leiche mit hoher Präzision. Hervorragend dabei wirken vor allem Gestik und Mimik, die den bekannten Choreografien von Altstars en detail gleichen. Theatralische Ausbrüche, gönnerhafte Handbewegungen, eine unnahbare Aura, die sich beispielsweise vor der Kamera oder im Umgang mit der Presse in eine alles umarmende Show verwandelt, aber auch manische Züge, offensichtliche Komplexe, hysterische Anwandlungen und laute Verzweiflung darlegt. Erinnert man sie daran, dass sie der Star Fedora sei, legt sich augenscheinlich ein Schalter um und sie spielt die Rolle ihres Lebens weiter: mondän und in Perfektion. Wenn es um Hildegard Knef geht, darf ebenfalls nach Superlativen gesucht werden.
Hier spielt es ausnahmsweise einmal keine große Rolle, wie man persönlich zur Interpretin steht, deren oft spröde wirkende Leistungen zu einem hohen Distanzaufbau führten. Zunächst ist zu erwähnen, dass die Maske bei der Knef wahre Wunder vollbracht hat, aber nicht etwa im klassischen Sinn, denn sie wurde in frappant echter Manier darauf getrimmt, verlebt, ausgebrannt und steinalt zu wirken, sodass der erste Publikumskontakt zu einem wahren Überraschungsmoment ausarten darf. Die verbitterte alte Gräfin gefällt sich im Kommandoton und cholerischen Anwandlungen, denn eine Frau ihres Alters braucht sich nicht mehr an überflüssige gesellschaftliche Konventionen gebunden zu fühlen, was sie auch offen zur Schau trägt. Ihre temperamentvollen beziehungsweise impulsiven Ausbrüche sorgen für äußerst starke Momente im Geschehen, was durch ihre Originalstimme noch mehr untermauert wird und oft wie eine Lektion nach der anderen wirkt. Ihre gesamte Entourage wirkt wie ein Sammelsurium von Untergebenen und es scheint, dass selbst Fedora in Sachen Star-Allüren noch etwas von der Gräfin Sobriansky lernen könnte. Besondere Leistungen sieht man des Weiteren von Frances Sternhagen, als fleißigstes und gehorsamstes Zahnrad in dieser Maschinerie, auch José Ferrer als zweifelhafter Arzt mit dem Hang zu Hochprozentigem ist eine Nummer für sich. Mit Mario Adorf, Gottfried John oder Ellen Schwiers sieht man noch einige von vielen guten Bekannten im Szenario, und der besondere Clou der Produktion stellen die Schauspieler dar, die sich selbst spielen. Michael York fungiert in einem gemeinsamen Film als Drehpartner von Fedora und Henry Fonda überreicht der abgeschirmten Diva den Ehrenpreis der Akademie in Form eines Oscars. Die internationale Besetzungsliste macht den Film schließlich zu einem ganz besonderen Vergnügen.
Billy Wilders Spätwerk gilt zwar nicht als Meilenstein und wird auch keineswegs als Referenz gehandelt, und letztlich wird der Film eigentlich mehr kritisiert als gelobt, was wie erwähnt wohl auf Vergleiche innerhalb seiner eigenen Filmografie zurückzuführen ist. So wurde dem Regisseur beispielsweise oft vorgeworfen, er habe bei "Fedora" zu viele Inhalte seines eigenen Films "Sunset Boulevard" kopiert. Wie dem auch sei, hier kann man sich einmal ungeniert auf Melodramatik und Theatralik einstellen, ohne dass es zu überfrachtet oder deplatziert wirkt, die Geschichte aus der Traumfabrik wirkt packend und man bekommt schließlich den Eindruck, dass es sich genau so abgespielt haben könnte. Trotz des imaginären Charakters wird ein guter und glaubwürdiger Transfer zur Realität angebahnt und die Geschichte wirkt auch nach Jahrzehnten noch aktuell genug, um überzeugen zu können. Dieser Ausstattungsfilm liefert beispielsweise herrliche Landschaftsaufnahmen und teils imposante Kulissen, besonders hervorzuheben ist die Maske, die sowohl bei Marthe Keller als auch bei Hildegard Knef bizarre Kunstwerke geschaffen hat. Musikalisch steht der Ungar Miklós Rózsa in der Verantwortung und es kommt zu mitreißenden und und stets passenden Arrangements, die auch nach Beendigung des Films diskret nachhallen, da sie meistens konträr zur eigentlichen Aura des Films stehen. Am meisten überzeugt allerdings immer wieder der klare Aufbau der Geschichte, der trotz vorhersehbarer Momente mit viel Intensität und Fingerspitzengefühl ausgestattet ist. "Fedora" ist tragisch, aber nur selten kitschig, erscheint wie ein Märchen aus dem verbotenen Bilderbuch, aber wirkt doch authentisch. Ein sehr empfehlenswerter Beitrag.